Fußball-Hit im Test

“Fifa 17”: Freud und Leid auf dem virtuellen Rasen

Spiele
04.10.2016 06:15

Ist die Erwartungshaltung besonders groß, steigt die Gefahr enttäuscht zu werden. Das österreichische Nationalteam musste diese Erfahrung kürzlich durchmachen: Nach einer überragenden Qualifikation zum EM-Finalisten hochgejubelt, setzte es ein enttäuschendes Aus in der Vorrunde. "Fifa 17" steckt in einem ähnlichen Dilemma: Der Wechsel auf die Frostbite-Engine verspricht einen grafischen Qualitätssprung, zudem gibt es erstmals einen Storymodus. Und spielerisch darf es natürlich ebenfalls nicht abfallen. Kann EAs Fußball-Simulation diese Erwartungen erfüllen?

Betreten die Spieler in "Fifa 17" erstmals den Rasen, sind die Änderungen sofort augenfällig: Detaillierter sahen Stars wie Ronaldo oder Messi nie aus. Weiterhin profitieren aber nur die Topspieler von der neuen Grafik-Power, die restlichen müssen mit einem nicht ganz so exakten digitalen Ebenbild das Auslangen finden. Das gleiche gilt übrigens für die Trainer.

Es sind aber vor allem viele kleine Details, die für ein rundes Ganzes sorgen - insofern dürfen sich die Entwickler rühmen, ganze Arbeit geleistet zu haben. Dies fängt schon mit der Bekanntgabe der Aufstellungen durch den Stadionsprecher an. Die Fotografen jagen dem besten Schnappschuss nach. Die Trainer fiebern wild gestikulierend mit. Der Schiedsrichter malt sorgsam seine Linien mit dem Freistoßspray und die Fans feiern und toben. Fehlt eigentlich nur mehr Herbert Prohaska, der nach dem Spielende die besten Szenen analysiert und allen eine "Gute Nacht!" wünscht.

Erstmals mit Story-Modus
Unter diesem Aspekt hat sich der Engine-Wechsel voll bezahlt gemacht. Man erinnere sich aber noch mit leichtem Schaudern an die erste Version mit dem Vorgänger Ignite. Da fehlten bei ein paar Sporttiteln sogar einzelne Spielmodi. Das ist diesmal glücklicherweise anders: Mit "The Journey" kommt ein von EA Sports im Vorfeld bereits heftig beworbener, neuer Story-Modus hinzu. Die Zwischensequenzen sind gelungen. Die Story an sich gibt sich mitunter vielleicht etwas zu pathetisch und kitschig, aber - und das ist das Entscheidende - es macht Spaß, Alex Hunter auf seinem Weg zu begleiten.

Für den Spieler heißt das, Alex bei den Trainings voranzubringen und am Spielfeld die Vorgaben des Trainers zu erfüllen. Dankenswerterweise darf ausgewählt werden, ob man in den Spielen die ganze Mannschaft oder nur Alex Hunter steuern mag.

Kosmetische Änderungen
Bei den restlichen Spielmodi hat es höchstens kosmetische Änderungen gegeben. Die wichtigste Antwort für alle Ultimate-Team-Fans zuerst: bester Spieler ist diesmal Christiano Ronaldo. Der Manager-Part ist in Ordnung, wer allerdings den Franchise-Modus von "NHL 17" bereits gespielt hat, wird eher enttäuscht sein. Die Konkurrenz im eigenen Haus zeigt hier vor, wie es geht.

Doch wie spielt sich eigentlich das neue "Fifa 17"? Nun: anders. Enttäuschend anders, um genau zu sein. Da EA Sports laufend Patches nachschießt, wird es aber an der einen oder anderen Stelle hoffentlich bereits schon Verbesserungen geben. Teilweise wirken die Spieler bei Ballannahme jedenfalls behäbiger. Das gilt genauso für die KI-Kollegen, die etwas sprintfaul sind, womit sie bei Umschaltsituationen einen erfolgsversprechenden Gegenstoß oft vereiteln. Sprintraketen sind mit Ball am Fuß teilweise von den Verteidigern nicht mehr zu erreichen, wobei das ebenso an der vorhin beschriebenen Behäbigkeit liegen dürfte.

Rein subjektiv gesehen scheint es aufgrund einiger Animationen zu diesen kurzen Verzögerungen zu kommen, die das Spielgeschehen dann entscheidend beeinflussen. Sehr gewöhnungsbedürftig ist zudem, dass für einen strammen Schuss die Taste ein bisschen länger gedrückt werden muss. Allzu oft wurde es in den ersten Partien dadurch ein Roller, der den Torhüter nicht einmal ein müdes Lächeln kostete. Hinzu kommt, dass so der Verteidiger leichter die entscheidende Zeit erhält, noch eingreifen zu können.

Neue Standards
Gänzlich neu ist die Ausführung von Standardsituationen wie von Eckbällen. Jetzt wird mittels eines kleinen Fadenkreuzes die Position ausgewählt, wo der Ball hinkommen soll. Zudem gibt es, wie auch bei Freistößen, mehr taktische Möglichkeiten. Die Elfmeter-Steuerung wurde ebenfalls komplett umgekrempelt: Als erstes kann die Position des Schützen zum Ball gewählt werden, dann läuft man mittels linkem Stick an und bestimmt dabei die Schussrichtung. Mittels Druck auf den Button wird noch die Stärke des Schusses festgelegt. Diese Änderungen sind zwar anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, stellen jedoch eine gelungene Verbesserung dar.

Die Torhüter, seit jeher, ein spezielles Thema bei den "Fifa"-Titeln, dürften auch wieder mehr zu Patzern neigen. Wohlmeinend könnte man anführen, dass dies eigentlich nur einen Teil der Realität abbildet. Selbst ein Manuel Neuer ist vor Fehlern nicht gefeit.

Fazit: Fußball ist ein Hochglanzprodukt. Was für die Realität gilt, hat auch bei "Fifa 17" seine Entsprechung. Grafisch auf einem neuen Level und mit "The Journey" um eine fast filmreife Spielvariante reicher, sorgt "Fifa 17" für beeindruckende Momente. Ein Blick hinter die glänzende Fassade offenbart dann aber doch einige Mängel. Da ist sie wieder die hohe Erwartungshaltung und die daraus folgende Enttäuschung. "Fifa 17" spielt sich keineswegs schlecht, allerdings wirkte der Vorgänger spielerisch weiter und ausgereifter. Bei "Fifa 17" ergibt sich daher ein durchwachsener Eindruck. Wären nur Spielumfang und Präsentation zu beurteilen, würde es knapp an die Höchstwertung herankommen. Die Schwächen der Spielmechanik stehen dem allerdings entgegen.

Plattform: PS4 (getestet), Xbox One, PC, PS3, Xbox 360
Publisher: EA Sports
krone.at-Wertung: 8/10

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