"Digitaler Burn-out"

Beherrschen wir das Handy oder beherrscht es uns?

Web
02.05.2016 09:37

Durchschnittlich 63 Mal greifen wir einer Studie der Berliner Humboldt-Universität zufolge täglich zum Smartphone, insgesamt kommen so pro Tag fast drei Stunden Handynutzung zustande. Doch die ständige Erreichbarkeit verträgt nicht jeder: Unter Smartphone-Nutzern kommt es immer häufiger zum "digitalem Burn-out". Warum das so ist und was Sie dagegen tun können, lesen Sie hier.

Sie ist der Prototyp der dauerhaft erreichbaren Internet-Unternehmerin: Arianna Huffington, 65-jährige Gründerin der Nachrichtenseite "Huffington Post" und Self-Made-Millionärin. Sie kollabierte einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" zufolge just in dem Moment, in dem ihr Gesicht nach dem millionenschweren Verkauf ihrer Website auf zahlreichen Titelblättern prangte.

Grund: eine Art digitaler "Burn-out". Die ständige Erreichbarkeit durch Smartphone oder Tablet war zu viel für Huffington. Später kam ihre Einsicht: Wir behandeln unser Smartphone besser als uns selbst."

Sucht nach "Likes" kann problematisch werden
Das Phänomen "digitaler Burn-out" ist freilich keine Domäne superreicher Internet-Pioniere, sondern betrifft auch ganz normale Bürger - in den USA wie hierzulande. Der Drang nach möglichst vielen Likes, der Wunsch zur Selbstdarstellung in sozialen Medien hat viele Menschen mittlerweile fest im Griff.

Kein Wunder, schließlich sprechen diese Dinge die gleichen Belohnungsmechanismen im Hirn an, die auch beim Essen, Gewinnen oder beim Sex zum Einsatz kommen.

Erschöpfung und Angstattacken durch das Handy
In schweren Fällen kann übermäßige Smartphone- und Internet-Nutzung Erschöpfungszustände und Angstattacken auslösen, manch einer wird von der dauerhaften Erreichbarkeit so belastet, dass nur ein Berufswechsel hilft.

Alexander Markowetz, Informatik-Professor an der Uni, beschreibt den digitalen "Burn-out" als "Zustand, in dem unsere massive Smartphone-Nutzung zu einer unmittelbaren Störung unserer Produktivität und einem Verlust an Lebensglück führt."

Vor allem Jugendliche zunehmend internetsüchtig
Das Phänomen trifft viele. Eine Studie des deutschen Gesundheitsministeriums besagt, dass ein Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 64 Jahren internetabhängig sei, fast fünf Prozent neigen zu problematischem Internetkonsum.

Bei jungen Menschen sind die Werte deutlich erhöht. 2,4 Prozent der 14- bis 24-jährigen Jugendlichen sind internetsüchtig, bei ganz jungen Personen zwischen 14 und 16 liegt die Quote bei vier Prozent. Problematisches Verhalten in Bezug auf die Internetnutzung zeigen 13,6 Prozent der 14- bis 24-Jährigen und 15,4 Prozent der 14- bis 16-Jährigen.

Der Weg aus der Sucht ist nicht einfach
Doch wie können diese Menschen wieder von ihrer Sucht loskommen? Bei manchen reicht Selbsterkenntnis in Kombination mit der Disziplin, nicht so oft zum Smartphone zu greifen. Manch ein besonders schwerer Fall braucht allerdings fremde Hilfe - etwa in Kliniken für "stationäre Rehabilitation bei pathologischem PC-/Internet-Gebrauch", wie es sie im deutschen Mannheim bereits gibt.

Andere wählen den Rückzug aus der digitalen Welt, den sogenannten "digitalen Detox". Hier findet ein Rückzug ins "Analoge" statt, Smartphones und Tablets werden weitgehend aus dem persönlichen Tagesablauf ausgeklammert.

Radikaler Entzug im "digitalen Detox"
Ein Pionierangebot in diesem Bereich gibt es ausgerechnet in Kalifornien, der Heimat des Silicon Valley mit seinen riesigen Internetunternehmen. Im "Camp Grounded" unterziehen sich seit zwei Jahren immer mehr Teilnehmer einer radikalen digitalen Abstinenz-Kur. Das Camp gleicht einem Zeltlager, digitale Geräte werden abgegeben und statt mit WhatsApp und Facebook beschäftigen sich die Teilnehmer mit Aktivitäten in der freien Natur - Floße bauen oder Fische fangen.

In Europa gibt es ähnliche Angebote. So kann man in einem Kloster im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz beispielsweise ebenfalls lernen, bewusst auf Smartphone und Internet zu verzichten und sich stärker auf sich selbst zu konzentrieren.

Damit Sie wegen übermäßiger Smartphone-Nutzung keine so radikalen Maßnahmen ergreifen müssen, empfiehlt sich der Selbsttest: Hier erfahren Sie, ob Sie bereits ein Smartphone-Zombie geworden sind.

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