Mount Everest

“9000 Meter wären möglich gewesen!”

Bergkrone
25.06.2017 00:00

Das Wort "Aufgeben" gibt es für Hans Wenzl nicht: Bei Sturm und Schnee erreichte er ohne Sauerstoff den höchsten Berg der Welt. Trotzdem ist der Metnitztaler gegenüber der "Berg Krone" überzeugt, dass noch mehr gegangen wäre.

Der Mensch ist eigentlich nicht dafür geschaffen, sich auf der Reiseflughöhe einer Boeing 747 zu verausgaben. "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es mir trotz Kälte und Sturm so gut gehen würde", schildert Hans Wenzl, der am 27. Mai ganz alleine auf dem Gipfel des 8848 Meter hohen Mount Everest gestanden ist. Denn anders als vielen anderen Bergsteigern machte die "dünne Luft" Wenzl weniger aus: "Ich war einfach gut akklimatisiert und meine Gedanken waren immer klar. So wusste ich, dass ich Fotos von mir mit dem Gipfel im Hintergrund brauche. Außerdem wäre noch mehr gegangen. Bis auf 9000 Meter Seehöhe wäre ich sicher gekommen."

Doch alles der Reihe nach: "Nach dem ich vor etwas mehr als einem Jahr vom 8485 Meter hohen Makalu zurück gekehrt bin, war für mich klar, jetzt trainierst du für den Everest." Der 45-Jährige arbeitete hart. "Ich habe scheinbar alles richtig gemacht, ich war nie krank."

Anfang April ging es gemeinsam mit dem Spanier Ferran Latorre nach Kathmandu in Nepal. "Der Treck ins 5380 Meter hoch gelegene Everest Basecamp war wunderschön", schwärmt Wenzl: "Anders als bei allen anderen Achttausendern habe ich mich aber über die vielen Leute gewundert, aber auch über die richtig langen Anstiege. Alleine durch das Auf und Ab durch den Khumbu Eisbruch legt man 1900 Höhenmeter nur bis hinauf ins Lager 2 zurück. Und auch die Lhotse-Flanke ist sehr steil und eisig. Ich habe zuvor für keinen Berg so viele Höhenmeter gemacht wie für den Everest." Und anders als Bergsteiger, die mit Flaschensauerstoff unterwegs sind und davor maximal einmal im Lager 2 oder 3 zur Akklimatisation übernachten, verbrachte Wenzl drei Nächte auf dem Südsattel auf 8000 Meter Seehöhe. "An Schlafen ist in dieser Höhe nicht mehr zu denken, man döst nur so vor sich hin. Außerdem wollten wir bereits am 20. Mai einen Versuch wagen, denn es war ein gutes Wetterfenster angekündigt. Aber dann blies noch der Wind sehr stark. Viele haben abgebrochen, ich auch, weil ich im Kopf einfach noch nicht so weit war. Ich wollte sogar schon aufgeben, doch beim Abstieg ins Basislager kam die Motivation zurück."

Nach ein paar Rasttagen war Wenzl am 26. Mai wieder zurück in Lager 4. "Da stehst du auf einem niedrigen Achttausender und vor dir steht nochmals ein Berg mit den Maßen meines Hausberges, dem Winterthaler."

In dieser Höhe kommt der Körper nicht mehr zur Ruhe: "Mein Plusschlag war hoch und gemeinsam mit Ferran und einem Sherpa haben wir unter zwei Schlafsäcken die Zeit abgewartet." Um 22 Uhr war es dann soweit. "Es war nicht wie angekündigt windstill, trotzdem sind wir los gegangen." Langsamen Schrittes stieg Wenzl hinauf zum "Balkon" auf 8500 Meter Seehöhe. "Ich war bereits völlig alleine unterwegs, weil alle anderen, die mit Sauerstoff unterwegs waren, mich bereits überholt hatten, als ein Schneesturm aufzog. Ich kauerte mich in einer Mulde zusammen." Die Minuten vergingen. "Mir war klar, wenn ich umdrehe und zurück gehe, dann ist es aus, aber ich wusste, dass das Wetter besser werden soll." Nach gut einer Stunde hörte es auf zu schneien. "Es wurde auch ein wenig heller und ich raffte mich auf und ging weiter", schildert der Metnitztaler.

Doch bis zum Gipfel ist es immer noch ein weiter Weg. "Der Südgipfel war für mich zum Greifen nahe, aber das täuscht alles so. Ich dachte, in zwei Stunden bin ich dort oben, 100 Höhenmeter unter dem eigentlichen Gipfel, aber nach fünf Stunden war ich immer noch unterwegs."

Gegen 12 Uhr am 27. Mai stand Hans Wenzl als zweiter Kärntner auf dem Gipfel des höchsten Berges der Welt: "Es war nebelig und ich war komplett alleine dort oben." Nach 30 Minuten und einigen Fotos - inklusive Aufnahme der PORR-Fahne, dem Markenzeichen seines Arbeitgebers - stieg Wenzl wieder ab. Doch dann passierte es: Beim Hillary Step, einer zwölf Meter hohen senkrechten Granitplatte rutschte er aus. "Geistesgegenwärtig und mit aller Kraft warf ich mich auf die andere Seite des Grates, um einen Absturz zu verhindern. Durch diese Aktion bekam ich keine Luft mehr und dachte, ersticken zu müssen. Zehn Minuten lag ich im Schnee, bevor ich mich wieder aufraffen konnte und ich hörte eine innere Stimme, die mir immer wieder sagte: ,Du musst runter". Nach 19 Stunden war Wenzl wieder zurück am Südsattel und stieg tags darauf 3000 Höhenmeter hinunter ins Basislager. "Da willst du einfach nur noch hinunter und was G’scheites essen und trinken. Von der Höhe war der Everest sicher der schwerste Gipfel für mich."

Mit dem Everest hat sich Hans in die Liga der weltbesten Bergsteiger katapultiert und einmal mehr seine mentale Stärke unter Beweis gestellt. Denn es gibt weltweit nur wenige Bergsteiger, die wie er nunmehr neun Achttausender, jeweils im ersten Versuch und ohne Sauerstoff bewältigt haben. Bergheil.

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