Coupé mit Aha-Effekt

Hyundai Veloster: Was das Korea-Coupé wirklich kann

Motor
09.01.2012 14:31
Aus Korea kommt brave automobile Massenware? Von wegen! Der Hyundai Veloster ist so ziemlich das unlangweiligste Auto, das von einem koreanischen Hersteller gebaut wird, und auch anderswo stapeln sich nicht gerade spannendere Entwürfe. Ein spaßiges kleines Coupé, das einzigartigerweise links eine einzelne Tür und rechts (aber auch erst bei genauerem Hinsehen) deren zwei hat. Optik, Haptik und Qualität sind überzeugend, nur der Name weckt derzeit noch etwas zu hohe Erwartungen.
(Bild: kmm)

"Veloster" trägt den lateinischen Wortstamm "Velo" in sich, der "schnell" bedeutet, und das "-ster", das immer auf ein offenes Dach hinweist. Vielleicht soll es auch einfach nur "Schnellster" heißen. Nun, das Dach ist jedenfalls geschlossen und mit dem einzig verfügbaren Motor, der aus 1,6 Liter Hubraum 140 PS holt, wird man nicht zum Dauersieger bei Privatrennen avancieren.

Willst du Spaß, gib Gas!
Wer dem Direkteinspritzer die Sporen und damit Drehzahl gibt, lernt aber seine munteren Seiten kennen, die man ihm bei niedertourigem Fahren gar nicht zutraut. Denn wo der Vierzylinder-Sauger untenrum nicht die Butter vom Brot zieht, jubelt er obenrum, dass es eine Freude ist. Das maximale Drehmoment von 167 Nm liegt bei 4.850 Touren an, und erst 2.000/min. später landet man im Begrenzer. Das tadellose Sechsganggetriebe unterstützt häufiges und schnelles Schalten. Ja, man kann auch sportlich fahren, wenn keine 200 PS an den Vorderrädern zerren. 9,7 Sekunden braucht man in dem mit 1.236 kg recht leichten Wagen für den Standardsprint, maximal sind 201 km/h drin. Hohe Drehzahlen haben aber auch ihren Preis: Der Testverbrauch liegt bei 8,5 l/100 km. Mit der optionalen Start-Stopp-Automatik um 350 Euro extra wäre es ein bisschen weniger (Normverbrauch 5,9 statt 6,5 l/100 km).

Wem 140 PS nicht reichen: Eine Turboversion mit 201 ist auf der Automesse in Detroit vorgestellt worden.

Propheten in der Motorhaube
Auf das Kommende verweisen schon die Lüftungsöffnungen in der Motorhaube, und auch sonst kann man die Front mit Fug und Recht als böse bezeichnen. Im Rückspiegel des Vordermanns erscheint eine klare Botschaft. Wenn man dann mit Vollgas Richtung Höchstdrehzahl eilend vorbeizieht, kann der solcherart Vertriebene sich an der Optik des kleinen Koreaners weiden – oder aber den Kopf schütteln. Denn der Veloster ist nicht everybody's Darling, doch wer ein Auto so mutig designt, wird damit rechnen. Die Dachlinie fällt nach hinten ab und endet in einem relativ hohen, steilen Heck, die Seitenscheiben verjüngen sich nach hinten und laufen praktisch spitz zu.

Das optionale Glas-Panorama-Schiebedach mündet – nur durch einen Dachspoiler unterbrochen – in der Heckscheibe. Das Heck an sich mit Leuchten-Ausschnitten wie mit dem Kaffeelöffel aus der Butter geschnitten und ausgestellten Kotflügeln empfinde ich nicht als die Schokoladenseite des Veloster (abgesehen von dem coolen mittig platzierten Doppelauspuff). Die sehe ich eher von vorn seitlich. Da wirkt der Veloster beinahe wie ein stilisierter Sturzhelm. Die rechte hintere Türe (links gibt es ja keine) ist so gut versteckt (mit dem Alfa-Trick des im Fensterausschnitt versteckten Türgriffs), dass angeblich ein Journalistenkollege kürzlich erst bei der Testwagenrückgabe gemerkt hat, dass es da eine gibt. Und auch das erst auf Hinweis.

Wer Köpfchen hat, zieht es ein
Besagte Tür trägt viel zur Alltagstauglichleit bei, auch wenn man beim Entern der zweiten Reihe gut auf seinen Kopf aufpassen muss. Einsteigen auf der eintürigen Fahrerseite ist praktisch gar nicht zumutbar, insbesondere da die Sitzlehne nach ihrem Vorklappen neu justiert werden muss und der Sitz an sich nicht freiwillig nach vorne ausweicht. Auf den beiden Rücksitzen ist eigentlich nur für Kleingewachsene Platz, andere nervt der tief liegende Dachholm. Zur Not kann man den Kopf aber auch dahinter unter das Heckfenster fädeln. Kurzzeitig habe ich dort hinten sogar zwei Erwachsene plus Kind samt Kindersitz auf den beiden Einzelsitzen untergebracht. In Indien fahren sie zu sechst auf Mopeds, da geht das schon mal (für eine 10-Minuten-Fahrt).

Im Kofferraum geht es luftiger zu, da passen 320 Liter rein, bzw. über 1.000 bei umgeklappten (60:40) Rücksitzlehnen. Zum Befüllen muss allerdings eine hohe Ladekante überwunden werden.

Erstaunlich hochwertiger Qualitätseindruck
Keine Platzprobleme und auch sonst nichts zu bemängeln gibt es auf den Vordersitzen. Man sitzt gut und uneingeengt, der Gurt wird auf der Fahrerseite von einem Gurtbringer gereicht (das ist nötig, weil da ja die B-Säule weiter hinten und die Tür länger als rechts ist), die Sitzposition ist gut. Auffallend ist, wie hochwertig sich hier alles anfühlt (bis auf das Hartplastik-Ablagefach hinter dem Schalthebel, in dem alles laut klappernd hin und her rutscht). Die Optik ist sportlich stimmig, die Mittelkonsole läuft nach unten in einem zentralen Startknopf zusammen. Vor allem das in der Sportplus-Ausstattung serienmäßige Touchscreen-Navi ist ein Quell der Freude. Das Multifunktionslenkrad ist blind zu bedienen (anders als im Hyundai i40).

Der einzige echte Kritikpunkt ist die nicht vorhandene Übersichtlichkeit nach schräg hinten. Hinter die dicke C-Säule passt ein Lastwagen. Dafür ist aber schon in der Basisausstattung der hintere Parksensor serienmäßig an Bord. Der Testwagen hat sogar eine Rückfahrkamera, deren Bild allerdings seitlich viel Interpretationsspielraum lässt.

Sehr viel direkter gehen Lenkung und Fahrwerk zu Werke. Die Federung ist durchaus straff, aber nicht unkomfortabel, die Lenkung ist zwar recht leichtgängig, vermittelt aber Kontakt zur Straße. Nicht ganz ideal ist das harte Abrollen und die leichte Dröhnneigung des Fahrwerks. In diesem Kapitel steckt bei kritischer Betrachtung noch das meiste Potential für die Zukunft.

Einstiegspreis: 22.990 Euro
Für 28.130 Euro ist der Testwagen fast vollausgestattet, schon die Sportplus-Version beinhaltet alles, was gut und sonst teuer ist, etwa acht Airbags, Reifenfülldruckkontrolle, Klimaautomatik, Touchscreen-Navi, Rückfahrkamera, Subwoofer, Keyless Entry, 18-Zoll-Alus und noch einiges mehr. Dazu fünf Jahre Garantie. Extra kosteten nur Metallic-Lackierung (450 Euro) und Glasschiebedach (1.190 Euro). Sitzheizung hat er nicht, die gibt's nur im Paket mit Lederausstattung und elektrisch verstellbarem Fahrersitz um 1.190 Euro. Für 2.000 Euro steht noch ein Doppelkupplungsgetriebe in der Liste (bremst den Standardsprint um 0,6 Zehntel, bringt im Verbrauch 0,1 l/100 km) um 2.000.

Fazit
Der Hyundai Veloster wirkt nicht wie ein koreanischer Kleinwagen, sondern wie ein kleines Coupé europäischer Herkunft. "Klein" ist dabei relativ, immerhin ist er mit 4,22 Meter nur 3 Zentimeter kürzer als ein der VW Scirocco, der sich luftiger anfühlt. Er ist ein mutig gestyltes Auto, das sich wie Hyundais qualitative Speerspitze anfühlt. Feinschliff am Fahrwerk und ein stärkerer Motor würden ihn zur echten Kampfansage machen. Im Moment ist der Veloster jedenfalls Ungewöhnlichster, für Bester und Schnellster braucht's noch ein bissl was, doch schon jetzt ist er für mich Magister.

Warum?

Spannende Optik mit 1+2-Türkonzept.

Günstiger Preis, die Ausstattung eingerechnet.

Warum nicht?

Derzeit nur eine (durchzugsschwache) Motorisierung verfügbar.

Piepsige Hupe.

Oder vielleicht …

… Peugeot RCZ, Honda CR-Z, VW Scirocco, MINI Coupé – oder auf den Turbo warten.

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(Bild: kmm)



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