5S & 5C ausprobiert

Sehr gut, sehr teuer: Neue iPhones im Praxistest

Elektronik
25.10.2013 08:55
Alle Jahre wieder sorgen vor einschlägigen Shops campierende Apple-Fans, die das neueste iPhone-Modell in Händen halten wollen, für staunende Blicke. Fragen drängen sich auf: Wie weit kann Liebe zur Technik gehen? Ist das Gefühl eines iPhone auf der Handfläche tatsächlich die viele Mühe und den stolzen Preis wert? Wir haben es uns angesehen und beide neuen iPhone-Modelle – das Flaggschiff iPhone 5S und das Plastik-iPhone 5C – auf Herz und Nieren getestet.

Erstmals in der Apple-Geschichte gibt es seit 25. Oktober zwei verschiedene iPhones in Österreich. Während das iPhone 5S eine Weiterentwicklung des iPhone 5 darstellt und ein paar neue Features – etwa einen Fingerabdrucksensor, eine 64-Bit-CPU und eine verbesserte Kamera – mit sich bringt, handelt es sich beim iPhone 5C im Grunde um ein iPhone 5 im bunten Plastik-Chassis. Es ist die Ablöse für das von Apple eingestellte iPhone 5, das bei vergleichbarer Hardware noch mit Alu-Gehäuse daherkam.

Erstmals 64-Bit-Chip in einem Smartphone
So kommt es, dass sich die beiden Smartphones bei der Hardwareausstattung in einigen Punkten unterscheiden. Das fängt beim Prozessor an, bei dem das iPhone 5S als erstes Smartphone auf einen 64-Bit-Chip vom Typ A7 setzt, über dessen genaues Innenleben sich Apple ausschweigt.

Einem Bericht von "AnandTech" zufolge soll der A7 jedoch mit zwei Rechenkernen arbeiten und bis zu 1,3 Gigahertz schnell sein. Damit liegen Takt und die Zahl der Kerne auf dem gleichen Niveau wie beim iPhone 5C, dessen A6-Chip ebenfalls mit 1,3 Gigahertz und zwei Kernen das Auslangen findet.

Die 64-Bit-Fähigkeit hat der A7-Chip seinem Vorgänger freilich voraus, zudem verfügt das iPhone 5S über einen M7-Coprozessor, der die Daten aus den Beschleunigungs- und Neigungssensoren des iPhone auswertet, aber ebenso wie der 64-Bit-Leistungsboost von Apps noch kaum genutzt wird. Bei der RAM-Ausstattung bieten sowohl iPhone 5S, als auch iPhone 5C lediglich ein Gigabyte.

Software nutzt Hardware optimal aus
Auf den ersten Blick wirkt die Hardware der neuen iPhones im Vergleich zu günstigeren Android-Smartphones, die mittlerweile mit Quad-Core-Prozessoren mit Taktraten jenseits der 2,2 Gigahertz und zwei Gigabyte RAM aufwarten, somit relativ kärglich. Im Praxistest waren wir dann aber doch erstaunt, wie flüssig die Hardware iOS 7 zum Leben erweckt.

Ruckler oder Hänger gab es im Test keine zu beobachten – und selbst optisch aufwendigere Spiele wie das Rennspiel "Asphalt 8" stellt das Innenleben beider iPhones flüssig dar, wenngleich der A7-Chip im iPhone 5S natürlich leichte Vorteile hat. Die generell hohe Performance dürfte Apples geschlossenem Hardware-Ökosystem geschuldet sein – so lassen sich Apps auch auf vermeintlich schwacher Hardware ausreichend schnell ausführen.

Mehr Speicherplatz kommt ziemlich teuer
So erfreulich die flüssige Bedienung und gute Performance der neuen iPhone ist, so ärgerlich ist Apples Speicherplatz-Politik. Wer etwas mehr Speicherplatz braucht, der wird von Apple seit dem ersten iPhone dazu genötigt, das nächstteurere Modell mit doppeltem Speicher zu kaufen – microSD-Karten scheint man in Cupertino nicht zu kennen.

Die Folge: Nutzer eines Smartphones mit Android oder Windows Phone, das über einen microSD-Slot verfügt, erweitern ihren internen Speicherplatz bei Bedarf einfach mit einer 64 Gigabyte großen microSD-Karte für rund 45 Euro. Apple-Nutzer, die insgesamt 64 Gigabyte Speicher haben möchten, zahlen beim iPhone 5S 200 Euro Aufpreis gegenüber dem 16-Gigabyte-Modell, bei dem in der Praxis nur rund 12 Gigabyte frei sind. Das 32-GB-Modell kostet 100 Euro mehr als die 16-GB-Version. Beim iPhone 5C gibt's maximal 32 Gigabyte Speicher – die 32-Gigabyte-Version kostet 100 Euro mehr als jene mit 16 Gigabyte.

Display: Ausreichend scharf, angenehm hell
Beim Display bieten iPhone 5S und iPhone 5C genau gleich viel: 1.136 mal 640 Pixel Auflösung auf vier Zoll Diagonale, was einer Pixeldichte von 326 dpi entspricht. Treppeneffekte oder Unschärfen sucht man auf dem Multi-Touch-Display der iPhone vergeblich, erheblich billigere Android-Smartphones bieten jedoch seit geraumer Zeit Full-HD-Auflösung mit noch höheren dpi-Zahlen.

Weil das menschliche Auge bei Pixeldichten jenseits der 300 dpi aber ohnedies kaum mehr eine Verbesserung durch noch höhere Auflösungen wahrnimmt, ist auch das iPhone-Display für den Alltagsgebrauch tadellos geeignet. Erfreulich ist, dass das Display sehr hell eingestellt werden kann und so auch im Freien gut ablesbar ist. Bei seitlicher Betrachtung lässt der Kontrast etwas nach, der Bildschirminhalt bleibt aber ablesbar.

Kamera: Gute Bildqualität, 5S überzeugt im Zwielicht
Unterschiede zwischen den beiden iPhones gibt's wieder bei der Kamera. Zwar liefern sowohl die Kamera des iPhone 5S, als auch jene des 5C acht Megapixel Auflösung. Durch einen größeren Bildsensor und einen verbesserten Dual-LED-Blitz verspricht das iPhone 5S mit seiner F/2.2-Blende jedoch etwas bessere Bilder als die F/2.4-Kamera des iPhone 5C – vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen. Videos nehmen beide Geräte in Full-HD-Qualität auf, das iPhone 5S bietet im Gegensatz zur Plastikvariante auch eine Zeitlupenfunktion sowie verbesserte Serienbildaufnahmen. Die Frontkamera ist in beiden Geräten ident und bietet 1,2 Megapixel – das reicht für 720p-Videotelefonate.

Im Test hinterließen beide Geräte in puncto Bildqualität einen guten Eindruck. Das iPhone 5C liefert die gleiche Bildqualität wie das technisch beinahe idente iPhone 5, das sich bereits nicht vor der Android-Konkurrenz verstecken musste. Und das iPhone 5S überzeugt tatsächlich mit sehr ansehnlichen Schnappschüssen.

Vor allem die Performance des iPhone 5S bei schlechtem Licht ist beeindruckend – trotz spärlicher Beleuchtung gelingen Fotos, auf denen kaum Rauschen zu sehen ist. Die generell gute Kameraleistung bei wenig Licht mag auch mit dem neuen LED-Blitz zu tun haben, der seine Farbtemperatur dem Umgebungslicht anpasst. Die Kamera des iPhone 5C ist naturgemäß etwas schlechter als jene im iPhone 5S, liefert jedoch ebenfalls ansehnliche Ergebnisse. Bei gutem Licht sowieso, aber auch bei spärlicher Beleuchtung gelingen brauchbare Ergebnisse, bei denen sich das Rauschen in Grenzen hält.

Gute Funkausstattung, lästiger Lightning-Anschluss
Beim Funk bieten beide iPhones wieder die gleiche Ausstattung. Ins Internet gelangen die Geräte über LTE oder HSPA+, mit anderen Geräten kommunizieren sie wahlweise über stromsparendes Bluetooth 4.0 oder WLAN nach N-Standard. GPS und GLONASS sind ebenfalls an Bord. NFC fehlt. Während sich Apple beim Funk gängigen Standards beugt, nerven beide iPhones an anderer Stelle mit Apple-Eigenheiten.

Dazu zählt etwa der Lightning-Anschluss, über den sich die iPhones mit dem Computer oder einem Ladegerät verbinden. Während so gut wie alle anderen Handyhersteller seit Jahren auf microUSB als Ladestandard setzen und entsprechende Ladegeräte dadurch herstellerübergreifend genutzt werden können, zwingt Apple iPhone-User zur Nutzung seiner proprietären Ladegeräte. Zudem nutzen beide iPhones nanoSIM-Karten, was den Umstieg von einem microSIM-Gerät erschwert.

Fingerabdruckscanner funktioniert zuverlässig
Die größte Besonderheit im iPhone 5S ist wohl der Fingerabdruckscanner, der sich nun im Home-Button verbirgt. Der hinterließ im Test einen zuverlässigen Eindruck und erkannte den eingespeicherten Fingerabdruck im Regelfall in rund einer Sekunde. Die Einrichtung gestaltet sich einfach, der Nutzer muss nur mehrmals seinen Finger auf den Sensor legen. Danach entsperrt der Abdruck nicht nur das Handy, er dient auch als Passwort-Ersatz im App Store.

Viel schneller als durch die Eingabe eines Codes ist das iPhone 5S so zwar nicht entsperrt, wer aber Wert auf dieses Feature legt, findet einen zuverlässigen biometrischen Sicherheitsmechanismus vor. Die Fingerabdrücke sollen laut Apple lokal gespeichert werden und nicht online zugänglich sein. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, ob er dieses Feature in Anspruch nimmt und seinen Fingerabdruck digitalisiert. Funktionieren tut es jedenfalls ordentlich.

iPhone 5S dank Alu-Chassis edler als 5C
Bei der Verarbeitung hinterlassen beide iPhones ein sauberes Bild – das Gehäuse ist sowohl beim iPhone 5S, als auch beim icht sind die kompakten Geräte zudem relativ leicht. Das iPhone 5S wirkt durch das in Silber, Dunkelgrau und Gold erhältliche Metall-Chassis deutlich edler als das Plastik-iPhone 5C.

Beim Design hat sich beim iPhone 5S gegenüber dem iPhone 5 kaum etwas getan – nur der Home-Button mit integriertem Fingerabdrucksensor wurde beim Nachfolgemodell leicht verändert und bietet jetzt silberne Akzente am Rand. Alles in allem macht das iPhone 5S einen hochwertigen, soliden Eindruck.

Rutschiges Hochglanz-Plastik, solide Laufzeit
Das in Weiß, Pink, Gelb, Blau und Grün verfügbare Plastikgehäuse des iPhone 5C überzeugt da etwas weniger. Zwar ist auch das Plastik-iPhone sauber verarbeitet, es fühlt sich jedoch weniger hochwertig als die teurere Variante an. Das Hochglanzplastik hat zudem die unangenehme Eigenschaft, Fingerabdrücken eine wesentlich dankbarere Angriffsfläche zu bieten als das Metallgehäuse des iPhone 5S. Weil das Hochglanzplastik sehr glatt ist, rutscht man zudem beim Greifen gerne ab.

Bei der Akkulaufzeit gibt Apple für beide Geräte eine Standby-Zeit von 250 und eine Gesprächszeit von zehn Stunden an. Damit kommt man mit einem der beiden neuen iPhones in der Praxis rund einen Tag lang aus.

Große App-Vielfalt, nerviger iTunes-Zwang
Als Betriebssystem nutzt Apple sowohl im iPhone 5S als auch im iPhone 5C iOS 7. Weil die Liste der Änderungen gegenüber dem direkten Vorgänger den Rahmen dieses Testberichts sprengen würde, sei an dieser Stelle auf das krone.at-Spezial zu iOS 7 in der Infobox verwiesen. Nur so viel: iOS 7 macht einen aufgeräumten Eindruck und läuft auf beiden neuen iPhones schön flüssig.

Erwähnenswert ist die große Vielfalt an hochwertigen Apps in Apples App Store. Bei der App-Auswahl liegt iOS ebenso wie Android nach wie vor deutlich vor Microsofts Windows Phone. Im Direktvergleich zu Android bietet Apples App Store aber gefühlt mehr kostenpflichtige Apps an. Nervig ist indes, dass Apple den Nutzer zur Verwendung seiner iTunes-Software zwingt, um das iPhone am Rechner zu verwalten und beispielsweise Musik zu übertragen. Es einfach als Wechseldatenträger zu verwenden, um Daten zu übertragen, geht nicht.

Preis-Leistung anderswo deutlich besser
Angesichts des Gebotenen ist das iPhone sowohl in der ab 700 Euro (16 Gigabyte) erhältlichen 5S-Version als auch in der ab 600 Euro (16 Gigabyte) verfügbaren 5C-Variante ausgesprochen teuer. Vor allem wegen des nicht erweiterbaren Speichers, wodurch die empfehlenswertere 32-Gigabyte-Version des iPhone 5C 700, die 32-Gigabyte-Version des iPhone 5S 800 Euro kostet.

Wer das Flaggschiff iPhone 5S mit 64 Gigabyte Speicher sein Eigen nennen möchte, bezahlt dafür stattliche 900 Euro – um diesen Betrag bekommt man auch zwei sehr gute Smartphones anderer Hersteller mit weniger internem, dafür aber erweiterbarem Speicher. Bei den Mobilfunkern gibt's das neue iPhone mit Vertrag mitunter gratis - allerdings nur in Verbindung mit entsprechend teuren Tarifen.

Fazit:Wenn schon iPhone, dann 5S
Mit dem iPhone 5S und dem 5C hat Apple zwei exzellente Smartphones im Programm, die allerdings durch ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis, iTunes-Zwang, den nicht erweiterbaren Speicherplatz und Anschluss-Schikanen einen schalen Beigeschmack hinterlassen. Vor allem das iPhone 5C lässt aus Sicht des Konsumenten als weniger hochwertige Plastik-Reinkarnation eines ein Jahr alten Smartphones zum beinahe gleichen Preis Zweifel an der Wirtschaftlichkeit dieser Anschaffung aufkommen.

Wenn schon iPhone, dann gleich 5S. Das bringt mit der besseren Kamera, dem Fingerabdruckscanner und dem neuen Prozessor im Gegensatz zum iPhone 5C auch tatsächlich Neuerungen mit – wenn auch keine allzu spektakulären. Für iPhone-5-Besitzer lohnt der Umstieg deshalb kaum. Generell gilt: Die neuen iPhones sind vor allem für eingefleischte Apple-Fans interessant, die es in ein Apple-Hardwareökosystem einbinden und sich nicht an Gängeleien wie dem Lightning-Anschluss oder dem iTunes-Zwang stören. Wer keinen Wert auf das Apfel-Logo legt, findet anderswo ähnlich gute Smartphones für weniger Geld.

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