Nicht Kolumbus

Robben brachten Tuberkulose nach Südamerika

Wissenschaft
21.08.2014 09:37
Seelöwen und Robben könnten die Tuberkulose schon Hunderte Jahre vor der Ankunft von Christoph Kolumbus in der Neuen Welt nach Amerika gebracht haben. Ein internationales Forscherteam untersuchte das Erbgut von Bakterien, die in drei 1.000 Jahre alten menschlichen Skeletten in Peru gefunden worden waren, und veröffentlichte die Ergebnisse in der neuen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature".

Der Bakterien-Typus war eng verwandt mit Tuberkulose-Erregern, die heute Robben und Seelöwen befallen. Der Studie zufolge infizierten sich die Tiere vermutlich an der afrikanischen Küste mit dem Erreger - die Tuberkulose soll ursprünglich aus Afrika stammen - und überquerten dann den Atlantik.

Menschen steckten sich durch Robbenfleisch an
Auf der anderen Seite des Ozeans wurden sie dann von Küstenbewohnern getötet und verzehrt, dabei steckten sich die Menschen an und verbreiteten das Bakterium weiter. Es handle sich um einen "plausiblen, wenn auch unerwarteten Zugang in die Neue Welt", stellen die Forscher fest. Bisher waren Forscher davon ausgegangen, dass Europäer die bakterielle Infektionskrankheit nach Amerika gebracht hatten.

Eingeschleppte Krankheiten töteten Millionen
In Süd-, Mittel- und Nordamerika lebten vor Ankunft der Europäer rund 20 Millionen Menschen. Da sie keine Immunabwehr gegen den Tuberkulose-Erreger und andere Infektionskrankheiten wie die Grippe hatten, waren sie diesen schutzlos ausgeliefert - bis zu 95 Prozent der Bevölkerung soll an den eingeschleppten Krankheiten gestorben sein.

Die neue Studie zeigt nun, dass der tödliche Tuberkulose-Erreger offenbar schon lange vor der Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent existierte.

Tuberkulose in den USA und Europa eng verwandt
Genetisch sind heutige Tuberkulose-Stämme in Amerika eng mit denen in Europa verwandt. Daher die Annahme, dass Europäer die Krankheit nach der Landung von Christoph Kolumbus 1492 nach Amerika gebracht hatten. Allerdings gibt es in Mumien und Skeletten aus der Neuen Welt Hinweise auf die Tuberkulose, die schon Hunderte Jahre älter sind als die Entdeckung der Neuen Welt.

Vermutungen, dass der Erreger schon vor Tausenden Jahren von Afrika aus über den Landweg nach Amerika gelangte, sind wenig plausibel: Die Beringstraße zwischen Sibirien und Alaska wurde schon vor rund 11.700 Jahren am Ende der letzten Eiszeit von Wasser überschwemmt, seitdem gibt es keine Landverbindung mehr zwischen Amerika und anderen Kontinenten. Die Tuberkulose ist aber vermutlich erst vor 6.000 Jahren entstanden, wie es in der Studie heißt.

Neuer Erreger verdrängte Seehund-Tuberkulose
"Eine Einführung (des Erregers) über den Seeweg ist der wahrscheinlichste Weg, wie die Krankheit Menschen in Amerika Tausende Jahre nach der Überflutung der Beringstraße erreichen konnte", erklärte Studien-Co-Autor Johannes Krause von der Universität Tübingen.

Die in den drei Skeletten aus Peru gefundenen Erreger unterscheiden sich aber von jenen, die heute auf dem amerikanischen Kontinent gefunden werden. Offenbar wurde der zunächst von Robben und Seelöwen eingeschleppte Erreger-Stamm später von dem aus Europa eingeschleppten Erreger-Stamm abgelöst.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkrankten 2012 weltweit mehr als 8,6 Millionen Menschen an Tuberkulose. 1,3 Millionen Menschen starben an der Lungenerkrankung.

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