Riskantes Manöver

Muss “Philae” für mehr Sonnenlicht erneut hüpfen?

Wissenschaft
14.11.2014 12:30
Das Mini-Labor "Philae" fordert den beteiligten Wissenschaftlern der europäischen Raumfahrtagentur ESA eine schwere Entscheidung ab. Schließlich steht es nach einer holprigen Landung auf Komet "Tschuri" im Schatten - schon am Wochenende könnten die Akkus ohne Sonnenenergie erschöpft sein. Zudem liegt "Philae" wohl schräg, was die Untersuchung des Kometen erschwert. Nun erwägt die ESA ein riskantes Manöver: Soll das Labor noch einmal hüpfen? Die Mission ist dennoch bereits ein Riesenerfolg - so ist nun etwa klar, dass "Tschuri" singt.

"Philae" ist am Mittwoch auf 67P/Tschurjumow-Gerasimenko, kurz "Tschuri", gelandet - nach zehnjähriger Reise, über 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Dabei gab es allerdings Probleme, der Lander prallte zweimal ab und wurde an eine andere Stelle geschleudert.

Dabei landete er offenbar schräg, wie Aufnahmen der Panoramakamera von "Philae" nahelegen: Der Lander scheint auf die Seite gekippt. Das stört zwar zum Glück die Funkverbindung zur Sonde Rosetta, die die Daten an die Erde übermittelt, nicht. Doch es könnte bei den geplanten Probenentnahmen Probleme machen: Noch ist unklar, ob Bohrungen mit so wackeligem Stand überhaupt möglich sind.

Schattiger Landeplatz könnte Mission früh beenden
Größere Sorgen macht den ESA-Wissenschaftlern aber, dass "Philae" im Schatten einer Klippe steht. Statt der geplanten sechs Stunden Sonnenlicht pro Tag könnten es nur 1,5 werden, so die Befürchtung. Die Solarzellen würden so naturgemäß sehr viel weniger Strom liefern als erwünscht. Ob alle geplanten Untersuchungen damit durchgeführt werden können, ist unklar, der Akku reicht nur für 60 Stunden. Im ungünstigsten Fall müsste "Philae" seine Arbeit daher am Wochenende schon wieder einstellen.

So überlegt die ESA derzeit, ob versucht werden sollte, "Philae" noch einmal hüpfen zu lassen. Gelingt das Manöver, könnten die Sonnensegel noch für Monate genug Energie liefern, bis das Labor im März in der Nähe der Sonne verglühen wird. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Lander nach dem Manöver noch schräger steht als derzeit, in noch schlechterem Terrain - oder schlimmer noch, dass er vom Kometen fliegt. Schließlich war er aufgrund der geringen Anziehungskraft nach dem ersten Aufprall zwei Stunden um "Tschuri" geschwebt, während sich dieser weiter drehte, hin zu ungünstigeren Landezonen. Noch hofft die ESA daher eher, dass sich der Komet selbst so zur Sonne hin dreht, dass "Philae" neue Energie erhält.

"Tschuri" singt ins Weltall hinaus
Die Mission ist dennoch schon jetzt ein Riesenerfolg für die ESA, die bereits gesammelten Daten, auch von Sonde "Rosetta", werden Wissenschaftler in aller Welt noch jahrelang beschäftigen. Eine spannende Entdeckung haben sie bereits veröffentlicht: "Tschuri" scheint ins All zu singen, wie "Rosettas" Instrumente festgehalten haben.

Natürlich handelt es sich nicht um Schallwellen, die bekanntermaßen im Weltraum nicht transportiert werden, sondern um Variationen im Magnetfeld des Kometen, berichtet die ESA. Sie liegen im Bereich von 40 bis 50 Millihertz, weit unterhalb der menschlichen Hörschwelle - um sie hörbar zu machen, haben die Wissenschaftler sie um den Faktor 10.000 verstärkt. Die Forscher vermuten, dass die Geräusche durch Partikel des Kometen verursacht werden, die ins All fliegen, wo sie elektrisch geladen werden. Der genaue Mechanismus ist aber noch ein Rätsel.

Ziel der "Philae"-/"Rosetta"-Mission ist es, einen der ursprünglichsten Himmelskörper überhaupt zu erkunden: Die aus Eis, gefrorenem Gas und Staub bestehenden Kometen sind Botschafter aus der Entstehungszeit des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren. Ihre Erforschung kann neue Erkenntnisse über die Geschehnisse in der Frühzeit von Sonne, Erde und anderen Planeten bringen. Mit der erstmaligen Landung auf einem Kometen ist nun ein Meilenstein geschafft.

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