Blüte unter dem Eis

Forscher entdecken in Arktis gewaltige Plankton-Wolken

Wissenschaft
10.06.2012 08:00
Eine überraschende Entdeckung haben US-Wissenschaftler unter den stetig dünner werdenden Eisschichten der Arktis gemacht. Sie entdeckten in der Tschuktschensee unter Wasser gewaltige Wolken von blühendem Phytoplankton, die sich mehr als hundert Kilometer in die Packeiszone hineinschieben. Dass es eine Algenblüte auch unter dem Eis gibt, war bislang nicht bekannt.

Gemacht haben die Wissenschaftler die Entdeckung im Rahmen einer Expedition namens "ICESCAPE" (die Abkürzung steht für Impacts of Climate on EcoSystems and Chemistry of the Arctic Pacific Environment), die in den Sommermonaten 2010 und 2011 durchgeführt wurde. Eigentlich wollten Polarforscher Kevin Arrigo von der Stanford University und sein Team mithilfe des US-Eisbrechers "Healy" (Bild 3) nur Messstationen auf dem Eis einrichten und Wasserproben nehmen. Dabei fanden sie die überraschend üppige Algenblüte unter dem Eis.

Fund widerspricht Lehrmeinung
Der Fund, der der bis dato gängigen Meinung widerspricht, sei in etwa "so sensationell wie die Entdeckung eines Regenwaldes mitten in der Wüste", schreibt die US-Weltraumbehörde NASA, die die Expedition mitfinanziert hat, auf ihrer Website. Bis dato war man davon ausgegangen, dass Phytoplankton in dunklem, von Eis bedecktem Wasser kaum gedeihen könne. Man habe offenbar unterschätzt, wie viel von diesem pflanzlichen Plankton unter der Eisoberfläche existiere, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Science".

Gefunden haben die Wissenschaftler die Algen (Bild 2) unter dem frischen, einjährigen Meereis, das in diesen Bereichen zwischen 80 Zentimetern und knapp zwei Metern dick war. Überraschenderweise erreichten die Algenwolken ihre größte Dichte nicht am Übergang zwischen freiem Wasser und Eis, sondern weit im Inneren der Packeisfläche.

Schmelzwasser-Tümpel als Linsen?
Bisher hatte man angenommen, dass es unter dem Eis zu wenig Licht gibt, das zum Wachstum des Pythoplankton notwenig ist. Doch die infolge des Klimawandels immer dünner werdende Eisschicht - es gibt immer weniger mehrjährige dicke Schollen, dafür aber immer mehr einjähriges Eis - lässt offenbar genug Licht nach unten durch. Außerdem, so mutmaßen die Forscher, wirken Schmelzwasser-Tümpel an der Oberfläche möglicherweise wie Linsen, durch die mehr Sonnenlicht bis ins Wasser vordringen kann.

Obwohl die pflanzlichen Einzeller unter der Eisdecke mit deutlich weniger Licht auskommen als die Algen im offenen Wasser, seien sie fast doppelt so schnell gewachsen, schreiben Arrigo und seine Kollegen im "Science". Warum das so ist, darüber rätseln die Forscher noch. Vermutlich spielen auch das Nährstoffangebot und die Artenzusammensetzung eine Rolle. Die Wissenschaftler konnten jedenfalls beobachte, dass unter dem Eis andere Algenarten dominierten als im offenen Meer.

Treibstoff der Meere
Als Phytoplankton - dazu gehören etwa Kiesel- und Grünalgen sowie Cyanobakterien - bezeichnet man winzige Lebewesen, die Photosynthese betreiben. Es macht etwa die Hälfte der gesamten auf der Erde produzierten organischen Materie aus, ist ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette und bildet zudem mehr als die Hälfte des Sauerstoffs in der Atmosphäre.

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