Genanalyse zeigt:

Erreger der Pest überlebte in Europa Jahrhunderte

Wissenschaft
13.01.2016 20:58

Der Pesterreger konnte wahrscheinlich jahrhundertelang in Europa überdauern. Darauf deuten Bakteriengene hin, die Forscher in Skeletten aus dem 14. bis 17. Jahrhundert in München und Brandenburg entdeckt haben. Demnach wurde der Erreger nicht nur wie bekannt immer wieder in Seuchenzügen neu eingeschleppt, berichteten deutsche Wissenschaftler.

"Wir haben in den Zähnen der untersuchten Skelette Erbinformationen des Pesterregers gefunden, den molekularen Fingerabdruck untersucht und so herausbekommen, dass er im Grunde identisch ist", sagte Holger Scholz vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Somit könne das Bakterium Yersinia pestis auch in Europa selbst überlebt haben, schreiben die Forscher im Fachjournal "PLOS One".

Gemeinsam mit Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität und der Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie in München hat der Mikrobiologe 30 Skelette untersucht. Aus sechs davon ließ sich das Erbgut der Pestbakterien zu Analysen verwenden. Damit konnten die Wissenschaftler den Zeitraum von der Mitte des 14. bis weit ins 17. Jahrhundert hinein abbilden.

Europäische Linie der Erreger
Zudem wurden die Ergebnisse mit bereits entzifferten Erreger-Genen anderer Skelette in Europa abgeglichen. Dabei stellten die Forscher einen nahezu identischen genetischen Fingerabdruck der Bakterien fest. In welchem Wirt der Erreger überlebt hat, ist allerdings nicht bekannt. "Vielleicht waren es Läuse, aber das können wir nicht nachweisen", sagte der Molekularbiologe Scholz.

Pestexperte Johannes Krause von der Universität Tübingen schätzt die Ergebnisse seiner Kollegen als sehr spannend ein. Sie seien ein Hinweis darauf, dass es bei der Pest tatsächlich eine europäische Linie gab, die heute aber wieder ausgestorben ist. "Wir finden das gleiche Muster in einer ähnlichen Studie und kommen auch zu dem Schluss, dass wir in Europa nach dem Schwarzen Tod einen Pest-Stamm haben, der sich daraus entwickelte und über die nächsten Jahrhunderte in Europa existiert hat", sagte Krause. Als Schwarzer Tod wird die mehrjährige Pestepidemie in Europa ab 1347 bezeichnet.

Die Wissenschaft geht schon seit Jahrzehnten der Frage nach, warum die Pest über drei Jahrhunderte in Europa existieren und es immer wieder zu großen Pandemien kommen konnte. Eine Theorie geht davon aus, dass sie immer wieder über die Handelswege aus Zentralasien eingeschleppt wurde. Eine andere besagt, dass der Pesterreger auch irgendwo in Europa ein Zuhause gefunden und so die Infektionen ausgelöst hat. Beides scheint nun möglich. Weltweit werden weiterhin Pestfälle gemeldet, vor allem aus Afrika.

Die Pest - eine Gefahr bis heute
Die erste belegte Pestepidemie begann im 6. Jahrhundert. Allein im 14. Jahrhundert tötete der Erreger Yersinia pestis nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO 50 Millionen Menschen. 1894 wurde das Bakterium entdeckt. Heutzutage sind bei früher Diagnose die Heilungschancen durch Antibiotika hoch. Die WHO zählte dennoch 2013 knapp 800 Erkrankte wovon 126 starben.

Die Krankheit tritt in verschiedenen Formen auf, die alle zum Tod führen können: Die Beulenpest wird durch einen Floh verbreitet und äußert sich unter anderem in der Schwellung von Lymphknoten. Die Lungenpest gelangt über die Atemluft von Mensch zu Mensch. Symptome sind unter anderem Husten und blutiger Auswurf.

Zudem kann alleine oder als Komplikation der anderen Formen eine Pestsepsis entstehen, eine Blutvergiftung durch den Pesterreger, mit Verwirrtheit, Nierenversagen, Milz- und Lebervergrößerungen bis zum Herz-Kreislauf-Kollaps.

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