Erfolg in Wien

Boku produziert menschliche Antikörper in Pflanze

Wissenschaft
01.04.2014 10:00
Forscher der Universität für Bodenkultur in Wien haben erstmals in Pflanzen menschliche IgM-Antikörper produzieren können. Die Tabak-Pflanzen stellen dabei nicht nur die sehr komplexe Grundstruktur des Proteins her, sondern bauen gleichzeitig auch gezielt verschiedene Zuckerstrukturen nach, die am Antikörper anhaften und für dessen Funktion wichtig sind, berichten die Forscher im Fachjournal "PNAS".

Immunglobulin M (IgM) - eines der komplexesten menschlichen Proteine - ist ein wichtiges Antikörpermolekül bei der Immunantwort auf krankmachende Keime. IgM-Antikörper können bereits in Säugetierzellkulturen hergestellt werden, allerdings zu einem hohen Preis und mit einem Nachteil: Im menschlichen Körper hängen an den IgM-Molekülen sehr komplexe und verschiedene Zuckerstrukturen, deren genaue Funktion nicht geklärt ist.

In der Zellkultur können diese Zuckerstrukturen nur in einer unspezifischen Mischung produziert werden, erklärte Herta Steinkellner vom Institut für Angewandte Genetik und Zellbiologie. Um die Funktion der verschiedenen Zuckermoleküle klären zu können, müsste man sie aber in homogener Form vorliegen haben.

Kein direkter Eingriff in Pflanzen-Genom nötig
Genau das ist in den Tabak-Pflanzen möglich: "Wir können die Pflanzen so dirigieren, dass sie IgM-Antikörper mit ganz bestimmten Zuckerstrukturen produzieren", so Steinkellner. Dafür müssen die Wissenschaftler noch nicht einmal direkt in das Genom der Pflanze eingreifen.

Sie nehmen vielmehr eine fertige Pflanze und bringen von außen die gewünschten DNA-Fragmente in die Blätter ein. Dazu wird die Pflanze in eine Lösung gelegt und ein Vakuum erzeugt, wodurch die DNA-Fragmente in den Zellkern gelangen, wo sie als Gen außerhalb des Genoms erkannt werden und die Proteinsynthese-Maschinerie angeworfen wird.

"Ernte" bereits nach einer Woche
In zwei parallelen Prozessen werden so die IgM-Moleküle und die - je nach DNA-Fragment entsprechenden - Zuckerstrukturen hergestellt. Nach einer Woche könne bereits geerntet werden, betonte Steinkellner einen Vorteil dieser Methode, vor allem wenn es einmal darum geht, die Produktion in industriellem Maßstab zu betreiben.

Derzeit produzieren die Pflanzen einen IgM-Antikörper gegen ein Krebsantigen. Verhandlungen mit Firmen seien im Laufen, auch IgMs gegen krankmachende Keime wie zum Beispiel Lungen-Bakterien herzustellen.

Bislang nur ein Protein-Therapeutikum am Markt
In den vergangenen Jahren ist es immer wieder gelungen, verschiedene Antikörper in Pflanzen herzustellen, den Weg zum Patienten haben sie aber noch nicht gefunden. Derzeit liefen einige klinische Studien mit von Pflanzen produzierten Antikörpern, erläuterte Steinkellner. Am Markt sei bisher aber nur ein einziges Protein-Therapeutikum mit einem in Pflanzen hergestellten Enzym, das bei der Erbkrankheit Morbus Gaucher fehlt und dadurch den Fettstoffwechsel stört.

Es brauche "sehr viel Energie", ein etabliertes System zu ersetzen, sieht Steinkellner den Grund für die noch mangelnde Produktion von Protein-Therapeutika in Pflanzen in den strengen europäischen Regulatorien. In den USA sei man dabei liberaler, was bedeute, "dass die Europäer die Forschung machen, das Geschäft aber in den USA gemacht wird", sagte die Wissenschaftlerin.

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