Globale Erwärmung

Bei zwei Grad mehr versinken 136 Weltkulturstätten

Wissenschaft
05.03.2014 01:01
Der durch den Klimawandel bedingte weltweite Anstieg des Meeresspiegels bedroht nicht nur den Lebensraum von Abermillionen Menschen, sondern auch das Kulturerbe. Wie eine Studie Innsbrucker und deutscher Forscher zeigt, würde eine globale Erwärmung um zwei Grad rund ein Fünftel der UNESCO-Welterbestätten gefährden - darunter etwa die Freiheitsstatue, den Tower von London oder Venedig.

Ben Marzeion vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck und Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in Deutschland haben für einen Zeitraum von 2.000 Jahren den zu erwartenden Anstieg des Meeresspiegels modelliert und untersucht, in welchen Regionen UNESCO-Weltkulturstätten in den kommenden Jahrhunderten gefährdet sind. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachjournal "Environmental Research Letters" veröffentlicht.

Schon jetzt Kulturdenkmäler in Europa bedroht
Bereits jetzt liegt die globale Durchschnittstemperatur um fast ein Grad Celsius über jener der vorindustriellen Zeit. Bleibt das so, sind weltweit bereits 40 der mehr als 750 Kulturdenkmäler (auf dem kleinen Bild sind jene von Europa zu sehen, wobei die schwarz eingekringelten schon jetzt bedroht sind), die die UNESCO derzeit auf ihrer Liste des Welterbes führt, unmittelbar vom steigenden Meeresspiegel bedroht. Sollte die Temperatur um drei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau bzw. zwei Grad im Vergleich zu heute steigen, wäre rund ein Fünftel der Welterbestätten gefährdet: "136 Standorte würden dann auf lange Sicht unter dem Meeresspiegel liegen", sagt Marzeion. Gezeiten und Sturmfluten könnten aber schon sehr viel früher Folgen für die Kulturstätten haben.

Die Forscher berücksichtigten in ihrer Studie den regional unterschiedlichen Anstieg der Meere. Dass in der Studie ein so langer Betrachtungszeitraum von 2.000 Jahren gewählt wurde, begründete Marzeion mit den "geringeren Unsicherheiten, weil viele Prozesse dann als im Gleichgewicht angenommen werden können". So sei es einfacher zu bestimmen, wie viel Wärme der Ozean im neuen Gleichgewichtszustand aufgenommen haben wird, so der Wissenschaftler.

Zudem ließen sich auf so langen Zeitskalen die Daten gut mit Rekonstruktionen aus der Vergangenheit verifizieren. "Zum Beispiel war der Meeresspiegel in der letzten Warmzeit vor rund 100.000 Jahren etwa fünf bis acht Meter höher als heute, und das entspricht auch den Ergebnissen unseres Modells bei ein bis zwei Grad höheren Temperaturen", so Marzeion.

Inselstaaten wären besonders betroffen
Die vom Meeresspiegelanstieg betroffenen Kulturdenkmäler sind ein plakativer Fingerzeig für die Bedrohung der Siedlungsgebiete von Millionen von Menschen an den Küsten. Bei einer globalen Erwärmung um zwei Grad im Vergleich zu heute könnten bereits bis zu zwölf Länder der Welt mehr als die Hälfte ihrer derzeitigen Landfläche verlieren, rund 30 Länder ein Zehntel ihrer Fläche. Betroffen davon sind besonders Inselstaaten im Pazifik, Indischen Ozean und der Karibik.

"Ein Großteil der Menschen wird diese Inseln wohl langfristig verlassen müssen, und damit könnte auch ein Großteil ihrer Kultur über kurz oder lang verloren gehen", so Marzeion. Sieben Prozent der heutigen Weltbevölkerung lebt in Regionen, die bei einem globalen Temperaturanstieg um zwei Grad ohne entsprechende Gegenmaßnahmen letztendlich unter dem Meeresspiegel liegen werden. Würde das Wasser heute schon so hoch stehen, wären mehr als 600 Millionen Menschen betroffen und müssten sich eine neue Heimat suchen.

Vor allem in Südostasien mit seinen dicht besiedelten Küsten, aber auch in den USA, etwa in Florida, wird sich der Meeresspiegelanstieg besonders stark auswirken. Diese langfristigen und gewaltigen Veränderungen an den Küsten würden auch das kulturelle Gefüge entscheidend verändern. "Wenn wir den Klimawandel nicht begrenzen, werden die Archäologen der Zukunft einen großen Teil unseres Kulturerbes in den Meeren suchen müssen", sagte Marzeion.

Freiheitsstatue und Tower in London unter Wasser
Zu diesen zumindest teilweise unter Wasser liegenden Welterbestätten werden der Studie zufolge dann etwa die heutigen archäologischen Ausgrabungen von Pompeji und Karthago, die Amalfi-Küste, die historischen Zentren von Istanbul, Neapel, Amsterdam und Sankt Petersburg, Mont-Saint-Michel, die Altstädte von Dubrovnik und Korfu, der Domplatz von Pisa mit dem Schiefen Turm, die Osterinseln mit ihren Moai, die Freiheitsstatue, das Opernhaus von Sydney, der Tower und Westminster Abbey in London sowie Venedig zählen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele