Geldwäsche-Prozess

Mensdorff “richtige Adresse” für Schmiergeld?

Österreich
16.01.2013 16:00

Im Geldwäsche-Prozess gegen Alfons Mensdorff-Pouilly ist am Mittwoch bei der Zeugenbefragung eines Ex-Mitarbeiters eine für den "Grafen" unangenehme Aussage publik geworden. Christian P. hatte bei seiner Einvernahme durch die Polizei ausgesagt, dass bei einem medizinischen Projekt in Ungarn, das allerdings nicht Gegenstand der Anklage ist, offen über Schmiergelder gesprochen worden sei und darüber, wie diese verdeckt verteilt werden könnten. "Hier war Mensdorff die richtige Adresse", so die Aussage.

P. sagte, dass er Ende der 1990er-Jahre über Beziehungen zu Mensdorff gekommen sei, weil er diesen als "Sprungbrett in die Politik" gesehen habe. Er habe für den Lobbyisten Projekte betreut. Dabei sei bei einem Projekt zur Beschaffung von Anästhesiegeräten in Ungarn ganz offen über Schmiergelder und über die Schwierigkeiten, diese verdeckt zu verteilen, gesprochen worden. Es sei damals klar - und üblich - gewesen, dass gewisse Summen notwendig waren. Danach sollen Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen sein. Es sei Mensdorffs Aufgabe gewesen, "Türen zu öffnen". So seien von dessen Büro Termine mit Ministern in Ungarn organisiert worden.

Ob Ähnliches auch bei Rüstungsgeschäften des britischen Konzerns BAE Systems passiert sei, wusste der Zeuge jedoch nicht - er sei hier "nicht involviert" gewesen. Das seien "zwei verschiedene Projekte gewesen, die anders gelagert sind, dazu kann ich nichts sagen". Er habe auch nicht mitbekommen, dass im Büro Bargeld vorbeigebracht worden sei. P. sagte weiters aus, dass zu seiner Zeit bei Mensdorff dieser nur für die schwedischen Gripen lobbyiert habe und nicht für die Eurofighter.

Mensdorff: Aussage "menschlich verständlich, fachlich falsch"
Mensdorff wies die Anschuldigungen von P. zurück und führte dessen Aussagen darauf zurück, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Zeugen fast mit einen Prozess geendet hätte. Dass P. Jahre spätere Derartiges erzähle, sei "menschlich verständlich, aber fachlich falsch". P. habe geglaubt, aus seinem Arbeitsverhältnis eine noch größere Provision herausholen zu können. "Es war ihm zu wenig, vielleicht hat er sich persönlich überschätzt." Er, Mensdorff, sei froh gewesen, die Zusammenarbeit dann mit einer einmaligen Bezahlung beendet zu haben.

Er wolle nicht leugnen, dass in Ländern wie Ungarn immer wieder Schmiergeldzahlungen verlangt worden seien, so Mensdorff. Doch nach dem Jahr 2000 seien den Politikern schließlich Erfolge wichtiger gewesen als Geld. Er habe immer gesagt, "das brauchen wir nicht, das schaffen wir auch ohne - und wir haben es geschafft", bestritt der Lobbyist die Vorwürfe.

Zeuge bezeichnet vorgelegtes Fax als "Fälschung"
Auch der Anklagepunkt, in dem Mensdorff Beweismittelfälschung vorgeworfen wird, wurde am Mittwoch thematisiert. Der Lobbyist behauptet, 4,67 Millionen Euro, die über eine Briefkastenfirma flossen, hätten seinem verstorbenen Mentor Timothy Landon gehört und seien von ihm, Mensdorff, auf dessen Wunsch in ein Projekt in Dubai investiert worden. Der Geschäftsmann Wolfgang H., der die Millionen erhalten haben soll, ist wie Landon mittlerweile verstorben. Sein Geschäftspartner und H.s Mutter schlossen im Zeugenstand nun allerdings dezidiert aus, dass H. von Mensdorff-Pouilly Millionen bekommen haben könnte. "Ich finde, einen Toten so in den Schmutz zu ziehen, ist das Letzte, was man tun kann", echauffierte sich die 72-Jährige.

Für H.s langjährigen Partner in Dubai, einen 44 Jahre alten Kaufmann, ist das Fax, mit dem Wolfgang H. den Gelderhalt bestätigt haben soll und das Mensdorffs Verteidiger Harald Schuster im Ermittlungsverfahren vorlegte, getürkt: "Für mich steht klar fest, dass das eine Fälschung ist." Aus dem Briefkopf sowie dem Englisch, das weit schlechter sei, als es die Sprachkenntnisse seines Partners waren, vor allem aber aus dem Datum, an dem das Fax nach Wien geschickt worden sein soll, gehe das "ganz klar" hervor: "Zu diesem Zeitpunkt war Herr H. gar nicht in Dubai, sondern in Wien."

Auch Mensdorffs Version bestätigende Zeugenaussagen
Zwei Zeugen bekräftigten dagegen grundsätzlich die Version des "Grafen", wonach die umstrittenen Millionen, die er verteilt haben soll, in Projekte geflossen seien. So sagte ein Geschäftspartner Mensdorffs aus, dass Timothy Landon mehrere Millionen in ein Projekt in Dubai investiert habe. Die Zahlungen seien bar über Mensdorff in dessen Büro erfolgt, er habe sich jedes Mal eine Quittung erstellen lassen, erklärte Andreas Sch. Demnach sei ein "verhältnismäßig kleiner Teil" überwiesen, das Projekt später verkauft worden. Ein weiterer Zeuge sagte aus, dass Investitionen in Höhe von vier Millionen Euro für ein bisher von Mensdorff im Prozess gar nicht erwähntes Containerdorf im Irak geplant gewesen seien.

Ex-OMV-Chef: "Mensdorff hat Verträge gut abgewickelt"
Letzter Zeuge im Prozess war schließlich der ehemalige OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer. Mensdorff war vom heimischen Mineralölkonzern als Berater herangezogen worden, als Rumänien 2004 die staatliche Petrom privatisierte. Dass der OMV die Übernahme des Erdöl- und Erdgaskonzerns glückte - sie hält 51 Prozent der Anteile -, war laut Ruttenstorfer auch auf Mensdorffs Geschick zurückzuführen. "Mensdorff hat die Verträge gut abgewickelt", lobte der Ex-OMV-Boss den Angeklagten. Als die OMV den Zuschlag erhielt, habe er "nach Personen gesucht, die Zugang zu politischen Entscheidungsträgern hatten, zumal in Rumänien Wahlen angestanden sind", erinnerte sich Ruttenstorfer. Immerhin sei der Personalstand der Petrom zehn Mal so groß gewesen wie der der OMV.

Da ihm bekannt war, dass Mensdorff "gute Verbindungen in ganz Zentraleuropa, insbesondere in Osteuropa" hatte, engagierte Ruttenstorfer den "Grafen" und beauftragte ihn "mit Marktforschung und Feldforschung mit Fokus auf das politische Umfeld", um die Einbindung der Petrom reibungslos bewerkstelligen zu können. Dabei habe Mensdorff seine Beratungstätigkeit im Sinn der OMV abgewickelt und auf "sehr spezifische, mündliche Fragen" seine Ergebnisse üblicherweise bei persönlichen Besprechungen oder telefonisch und nicht in Schriftform präsentiert. Dafür habe der Lobbyist ein Erfolgshonorar "von weniger als einem Promille" der Transaktionssumme bekommen, was einer Million Euro entsprach.

Kurzfristige Absagen
Ursprünglich hätten am Mittwoch elf Zeugen aussagen sollen. Doch vier von ihnen deponierten - teilweise sehr kurzfristig - bei Richter Stefan Apostol, dass sie ihrer Ladung nicht nachkommen könnten.

Der Prozess soll am Donnerstag nach Aktenverlesungen und den Schlussplädoyers zu Ende gehen.

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