EU-Partnertreffen

USA machen Druck: TTIP wird zum Spaltpilz Europas

Wirtschaft
22.05.2015 15:26
Hinter den Kulissen des EU-Gipfels in der lettischen Hauptstadt Riga, der dem Thema "östliche Partnerschaften" gewidmet war, drehten sich überraschend viele vertrauliche Vier-Augen-Gespräche einiger Staats- und Regierungschefs am Freitag einmal mehr um das umstrittene Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP). Dabei zeichnet sich eine deutliche Spaltung innerhalb der europäischen Gemeinschaft ab.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel versucht jedoch auch unter Druck der deutschen Industrie, die Verhandlungen zu beschleunigen. Das verfolgt die starke Frau aus Berlin vor allem über das sogenannte CETA-Abkommen mit Kanada, einem umfassenden Wirtschafts- und Handelsvertrag, der als trojanisches Pferd für den TTIP-Pakt mit den USA gesehen wird.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann betont hingegen immer stärker seine kritische Haltung zu dem Abkommen und stößt dabei auf viele Verbündete in der EU. Vor allem die Schiedsgerichtsklausel (ISDS), die zu einer Art Paralleljustiz für Konzerninteressen führen würde, sehen die Kritiker als größtes Problem.

Verbündete fürchten Druck der USA
Von einer offenen Allianz gegen das Freihandelsabkommen TTIP bei den skeptischen EU-Staaten kann derzeit allerdings noch nicht gesprochen werden. Vor allem viele der kleineren und eher jungen europäischen Mitgliedsländer fürchten nämlich den wachsenden Druck der USA und die damit möglicherweise zu erwartenden Konsequenzen für die Wirtschaft.

Das baltische, an Russland grenzende und mit nicht einmal zwei Millionen Einwohnern kleine Lettland, das am Freitag Gastgeber des großen EU-Ost-Partner-Treffens war, ist ein Beispiel dafür, in welcher schwierigen Situation sich vor allem die jungen Demokratien Europas befinden: Von Militär bis Polizei und auch in zahlreichen anderen Behörden geben die USA samt eigenen und offen auftretenden amerikanischen Beraterstäben den Ton an.

EU-Botschafterparty auf US-Lenkwaffenkreuzer
Eindrucksvoll illustriert wurde das am Freitag unter anderem auch durch ein unmissverständliches Signal der Amerikaner an Moskau und Europa: Die USA luden aus Anlass des EU-Gipfels in Riga zu einer europäischen Botschafterparty auf den amerikanischen NATO-Lenkwaffenkreuzer "USS Vicksburg" (ausgerüstet mit Seezielflugkörpern, Dreifach-Torpedowerfern etc.) in den lettischen Hafen an der Ostsee ein. Stärker könnte Washington seine Dominanz an der gefährdeten Peripherie Europas nicht mehr demonstrieren. Die Letten und einige andere osteuropäische EU-Staaten müssen dabei mitspielen. Auch daher gibt man sich mit offener Kritik am Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA betont zurückhaltend.

Mehr Einigkeit gab es beim EU-Gipfel bei anderen Themen:

  • Griechenland nicht aus der Euro-Zone fallen lassen, aber weiter Druck für eine stärkere Reform- und Budgetpolitik ausüben
  • den Briten keine neuen Extrawürste bei den EU-Verträgen erlauben
  • Europas Nicht-EU-Staaten keine falschen Hoffnungen auf Visaerleichterungen oder gar eine EU-Mitgliedschaft machen
  • die Ukraine bei ihrer territorialen Unabhängigkeit unterstützen, ohne Moskau zu provozieren

Nachtrag zu TTIP von Claus Pándi:
Das Freihandelsabkommen ist nicht nur Sprengstoff für die EU. Auch bei der bevorstehenden Serie von Landtagswahlen in Österreich werden die werbenden Parteien und Landeshauptleute in den kommenden Wochen bekennen müssen, wo sie in dieser für die Zukunft des Landes entscheidenden Frage wirklich stehen.

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