Keinen Cent erhalten

Flüchtlinge: Hilfsorganisationen vor Zusammenbruch

Wirtschaft
01.10.2015 15:58
Die täglich in Österreich eintreffenden Flüchtlingsmassen bringen die freiwilligen Helfer an ihre Leistungsgrenzen. Auch deshalb, weil die Republik erst jetzt den Hilfsorganisationen Finanzmittel überweisen will - und mit kafkaesker Bürokratie die Helfer verärgert. Nach Kritik in der "Krone" wurden Verbesserungen zugesagt.

"Die Rettungsorganisationen können eigentlich nicht mehr: Seit 26 Tagen versorgen die Helfer täglich Tausende Flüchtlinge, die über die Grenze aus Ungarn zu uns kommen", hörte die "Krone" im Parlament. Seit dem "Grenzbalken auf für die Menschlichkeit" (Zitat Kanzler Werner Faymann) am 5. September sind Zehntausende Asylwerber nach Österreich gekommen, die meisten reisten weiter. Die genaue Zahl ist aber schon länger nicht mehr bekannt: Es werden keine Daten aufgenommen.

"Bis jetzt kein Cent ausbezahlt"
Zwar hat die Bundesregierung am Dienstag den Hilfsorganisationen wie Rotem Kreuz, Samariterbund und Caritas 15 Millionen Euro "Soforthilfe" zugesagt, doch dies würde bloß zur Abdeckung der Kosten im September reichen - und bis jetzt sei kein Cent ausbezahlt worden. "Besser wäre, wenn die Bundesregierung jetzt eine generelle Haftung für die Ausgaben in der Flüchtlingsbetreuung übernehmen würde", schlug dazu "Helfer Wiens"-Präsident Harry Kopietz vor. Dazu kam nun aus dem Bundeskanzleramt: "Selbstverständlich werden sämtliche Kosten ersetzt."

Ministerium forderte Miete für jedes Feldbett
Auch absurde Bürokratie belastet die Helfer: So musste das Verteidigungsministerium vier Euro pro Monat für jedes der 300 Feldbetten verrechnen, die vom Bundesheer an die Wiener Flüchtlingsquartiere verliehen wurden. Kaum hatte krone.at darüber berichtet, wurde das abgestellt - siehe auch das Regierungsstatement am Storyende. Und die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) wollte, dass die Stadt Wien "marktkonforme" Mietpreise für die Einquartierung von Flüchtlingen bezahlt, obwohl diese BIG-Gebäude ohnehin leer standen. "Also: Rendite mit dem Flüchtlingsleid", kritisierte ein Helfer. "Die Manager der BIG mussten so gesetzeskonform handeln", sagte Bundesminister Josef Ostermayer, der mitteilte, dass eine Änderung bereits beschlossen sei.

Warnung vor katastrophalem Winter
Die Situation an Österreichs Grenzen könnte sich mit zunehmend kälteren Temperaturen weiter verschärfen, warnte Babar Baloch vom UNO-Flüchtlingshilfswerk: "Das Leid wird noch größer." Noch mehr Zelte, Feldbetten und Decken zu beschaffen, wird schwierig: Alle Hersteller haben bereits Lieferzeiten von vier bis sechs Monaten - auch deshalb, weil die deutsche Bundesregierung alle Lagerbestände bereits im Sommer aufgekauft hat.

2000 Zivildiener zusätzlich
Das Innenministerium räumte am Donnerstag ein, dass viele Hilfsorganisationen bereits an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gegangen seien. Da eine Entspannung der Situation in näherer Zukunft nicht zu erwarten sei, habe die Regierung nun ein Sonderbudget für 2000 zusätzliche Zivildiener-Plätze zur Verfügung gestellt. Trägerorganisationen könnten ab November auf die Hilfskräfte zurückgreifen.

Finanz-, Innen- und Verteidigungsministerium ließen zudem - im Namen der Bundesregierung - in einer gemeinsamen Aussendung wissen:

  • Ein Rechtsgutachten des Innenministeriums habe klargestellt, dass die NGOs als Verwaltungshelfer des BMI tätig wurden und werden und damit volle Rechtssicherheit bestehe. Die Leistungen könnten somit direkt vom Innenministerium gefördert werden.
  • Die zugesagten 15 Millionen Euro als Akonto-Zahlung für Leistungen der NGOs seien von diesen beim Arbeitsgespräch begrüßt und als ausreichend bewertet worden.
  • Für den Rest des Jahres 2015 sowie für das Budgetjahr 2016 sei zudem finanzielle Vorsorge zur Deckung der anfallenden Kosten für Leistungen der Hilfsorganisationen getroffen worden.
  • Verteidigungs- und Finanzministerium hätten einvernehmlich festgehalten, dass das Heer Feldbetten im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung unentgeltlich zur Verfügung stellen kann.

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