Anrainer knipste

Mit 60.000-Euro-Auto zum Wiener Sozialmarkt

Österreich
18.08.2015 15:05
Eine gut gekleidete Dame fährt ein Luxusauto mit tschechischem Kennzeichen vor den Sozialmarkt, packt eine halbe Wagenladung billiger Einkäufe in den Kofferraum und braust davon. So geschehen in Wien-Floridsdorf. Die "Krone" sah sich den Fall an: Liegt Missbrauch vor?

Der nagelneue BMW X5, den ein Anrainer mit besagter Dame fotografiert hat, kostet beim Händler Minimum 58.600 Euro. Die Tasche am Einkaufswagen könnte von Gucci sein, oder Louis Vuitton. Echt oder gefälscht? Billig sieht sie jedenfalls nicht aus. Eine Vermögende im Markt für Bedürftige? Was soll das?

Die "Krone" fragte nach: "Vielleicht hat sie für einen anderen eingekauft, einen Pflegefall. Oder das Auto gehört ihrem Freund. Wir wissen es nicht. Wir müssen die Frau erst identifizieren", sagte Martina Vitek-Neumayer vom Samariterbund noch am Montag.

"Auto von Bekanntem geliehen"
Am Dienstag erklärte Bernhard Lehner, der Geschäftsführer des Samariterbundes Floridsdorf-Donaustadt, dann: "Wir haben inzwischen mit der Frau gesprochen. Sie ist alleinerziehende Mutter und hat den Einkaufspass für den Sozialmarkt rechtens bekommen. Das Auto hat sie sich von einem Bekannten für den Einkauf geliehen, da sie nach einer Operation nicht schwer heben darf. Aufgrund des medialen Aufruhrs wollte die Frau die Einkaufskarte zurücklegen. Wir laden sie herzlich ein, weiterhin Kundin bei uns zu bleiben."

Grundsätzlich gilt: Wer hier Waren einkaufen will, der braucht einen Einkaufspass. Dafür nötig sind Meldezettel und Einkommensnachweis, der jährlich kontrolliert wird. Das Wochen-Einkaufslimit liegt bei 30 Euro, pro Kind um fünf Euro mehr.

Kontrollen meist dürftig
Das zeigt das generelle Dilemma der Sozialmärkte: Vermögende Menschen, die aber kaum Einkommen erzielen, können mitunter einen Einkaufspass erschwindeln. Insider berichten zudem von gewerblichem Missbrauch. "Standler holen sich das billige Cola und verkaufen es weiter." Die Kontrollen seien oft äußerst dürftig. Fliegt die Sache auf, sind die Strafen denkbar gering. Der Einkäufer wird gesperrt, polizeiliche Anzeigen gibt es kaum.

"Der Samariterbund überprüft Einkaufsberechtigungen regelmäßig und wird das in Zukunft noch engmaschiger tun", so Geschäftsführer Lehner, der am Dienstag via Presseaussendung betonte: "Leider gehört es auch in Österreich zum Alltag, dass Menschen von Armut betroffen sind. Wir stellen in unseren Sozialmärkten einen stetig wachsenden Bedarf fest. Derzeit haben wir etwa 10.000 BezieherInnen, besonders hart trifft es Familien mit Kindern. Warenspenden, etwa aus Überproduktion direkt vom Erzeuger, sind in den Sozialmärkten übrigens herzlich willkommen."

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