Termin im Kreml

Zieht Tsipras "Russen-Karte", um EU zu erpressen?

Ausland
30.03.2015 06:00
Der griechische Premier Alexis Tsipras ist im Kreml angesagt: Russlands Präsident Wladimir Putin soll als Nothelfer eingreifen - und er wird sich das nicht zweimal sagen lassen. Denn die Regierung in Athen und die EU-Behörden finden keine gemeinsame Grundlage. "Viel zu vage und nicht glaubwürdig" - so urteilen die Geldgeber über die "ultimative" Reformliste der Griechen.

Es gebe noch immer keine brauchbare Verhandlungsgrundlage, hieß es am Wochenende in Brüssel. Die griechische Regierung präsentierte am Freitag die geforderte Reformliste lediglich in elektronischer Form auf mobilen Geräten - und dann auch noch auf Griechisch. Solche Verzögerungen werden zur Zitterpartie. Der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis ist jedenfalls skeptisch: "Griechenland hat über Jahre hinweg Reformen hinausgeschoben." Wenn die Geldgeber nicht sofort weitere sieben Milliarden Euro freigeben, wird als Termin der griechischen Staatspleite der 8. April genannt. Ausgerechnet an diesem Tag ist auch der Tsipras-Besuch in Moskau angepeilt.

"Widerstand gegen die germanisierte EU"
Zwei griechische Minister reisen schon an diesem Montag nach Moskau, darunter Energieminister Panagiotis Lafazanis. Er rief am Sonntag zum "Widerstand gegen die skrupellosen Imperialisten auf, die Griechenland unterwerfen wollen. Die germanisierte EU erstickt unser Land buchstäblich." Die griechische Delegation wird jedenfalls Russlands Energieminister Alexander Nowak und Gazprom-Chef Alexej Miller treffen. Gazprom kontrolliert fast 70 Prozent des griechischen Erdgasmarktes. Weitere Treffen sind mit russischen Duma-Abgeordneten und anderen Regierungsvertretern geplant.

In Brüssel beobachtet man die Annäherung Athens an Moskau misstrauisch. Die Sorge ist groß, dass Putin die Chance wittert, die EU auseinanderzutreiben und neuen Einfluss in Südosteuropa zu gewinnen. Beobachter erwarten, dass Tsipras bei seinem Besuch auch ausloten will, ob der Kreml seiner Regierung auch mit Krediten helfen könnte. Bislang hat der griechische Premier solche Pläne bestritten. Allerdings hat Athen jüngst erstmals öffentlich bestätigt, dass man auch nach Finanzierungsquellen außerhalb der Euro-Zone suche. Vize-Premier Giannis Dragasakis war aus diesem Grund vor Kurzem erst in Peking.

Fest steht: Die Sanktionen der EU und die Gegensanktionen Moskaus haben der griechischen Landwirtschaft geschadet. Nach Angaben des Verbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften verfaulten im vergangenen Herbst mehr als 600.000 Tonnen, vor allem Pfirsiche, Gemüse und Obst. Es gibt zudem mehrere russische Oligarchen, die Ferienhäuser in Griechenland gekauft haben. Die prominenteste ist Ekaterina Rybolowlewa, Tochter des russischen Düngemittel-Tycoons Dmitri Rybolowlew. Ihr gehört mittlerweile die Privatinsel Skorpios des legendären griechischen Reeders Aristoteles Onassis.

Enge Kontakte zwischen Athen und Moskau
Zwischen der Athener Linkslinks-Rechtsrechts-Koalitionsregierung und Moskau bestehen außerdem viele und enge Kontakte. Zahlreiche ältere Funktionäre des linken Flügels der Linkspartei Syriza waren in jungen Jahren Mitglieder der Kommunistischen Partei und haben in der damaligen Sowjetunion studiert. Auch der neue griechische Außenminister Nikos Kotzias pflegte als Politik-Professor enge Kontakte mit russischen Kollegen, darunter dem Chefideologen der "Eurasien"-Bewegung und Putin-Guru Alexej Dugin. Und Kotzias war gerade in Russland.

Die Unabhängigen Griechen sehen in Russland ebenfalls einen Verbündeten. Ihre Sympathie hat aber hauptsächlich religiöse Gründe - die beiden Nationen verbinde der christlich-orthodoxe Glauben, betonen sie immer wieder. Und nicht zuletzt deutete der griechische Verteidigungsminister, Panos Kammenos, bei der Übernahme des Ministeriums an, wie wichtig der Kauf russischer Waffen für Griechenland sei. Kammenos hat als Verteidigungsminister Zugang zu allen Geheimdokumenten der NATO.

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