Trotz Ablehnung

Umstrittener Genmais 1507 vor EU-Zulassung

Ausland
11.02.2014 16:13
Trotz einer breiten Ablehnung in der Europäischen Union gegen den Genmais "Pioneer 1507" will die EU-Kommission das Produkt zulassen. Die Mitgliedstaaten haben sich am Dienstag nicht auf eine notwendige qualifizierte Mehrheit dagegen einigen können. Der zuständige Gesundheitskommissar Tonio Borg erklärte schließlich, die EU-Kommission müsse das Produkt binnen 24 Stunden zulassen, wenn der Rat nicht abstimmt.

Formal fand keine Abstimmung statt. Mehrere Minister appellierten angesichts des "sensiblen Themas" kurz vor den Europawahlen an die EU-Kommission, die Entscheidung aufzuschieben oder ihren Vorschlag zurückzuziehen. Für eine Zulassung sprachen sich nur Schweden, Finnland, Großbritannien, Estland und Spanien aus. Deutschland, Portugal, Belgien und Tschechien enthielten sich. Hätte Deutschland dagegen gestimmt, wäre die Zulassung gestoppt worden.

Borg warnte, man könne sich nicht "a la carte" die Gutachten der für die Risikobewertung zuständigen EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA aussuchen. Die EFSA habe sechs positive Gutachten für den Genmais abgegeben. Die Kommission gehe nach den entsprechenden Verfahren vor und wolle keine politische Entscheidung in diesem Fall treffen. Ein Ja der EU-Kommission würde nicht alle EU-Staaten binden, den Genmais anzubauen. Der Vorschlag liege schon seit 2001 auf dem Tisch, "als die Twin Towers angegriffen wurden", sagte Borg. "Niemand kann sagen, dass wir das vorangetrieben haben. Wir haben sehr vorsichtig agiert."

Österreich setzt sich mit aller Kraft gegen Genmais ein
"Sollte die EU-Kommission den Problem-Mais trotzdem zulassen, werden wir auf nationaler Ebene handeln und ein Anbauverbot für diesen genmanipulierten Mais verhängen", bekräftigte Gesundheitsminister Alois Stöger in einer Stellungnahme die österreichische Position. Außenminister Sebastian Kurz wertete die Aussprache der Außenminister als "klares politisches Signal" an die EU-Kommission. "Wir erwarten, dass nicht gegen eine Mehrheit der Bürger eine Entscheidung getroffen wird." Kurz freute sich, dass drei EU-Staaten zuletzt noch in das Lager der Gegner gewechselt waren. Stöger und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter hätten angekündigt, dass das Produkt in Österreich nicht zum Einsatz komme, versicherte auch Kurz.

Rupprechter betonte in einer Aussendung: "Österreich setzt sich auf EU-Ebene für ein Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten für einen gentechnikfreien Anbau ein. 22 Staaten unterstützen diesen Vorschlag bereits, und wir werden weiter dafür kämpfen."

EU-Parlament fordert Behebung der Rechtsunsicherheiten
Gegen die Zulassung des Genmais hat das EU-Parlament gestimmt. "Wieder einmal konnten sich Großlobbyisten durchsetzen", beklagte der EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin. Und ÖVP-EU-Parlamentarier Richard Seeber meinte: "Ob Genmais angebaut wird, müssen die Mitgliedstaaten selbst entscheiden dürfen. Die bestehenden Rechtsunsicherheiten müssen endlich behoben werden." Die drohende Zulassung des Genmais sei "ein Skandal und ein Schlag ins Gesicht der europäischen Konsumenten", kritisierte die grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek. Die EU-Kommission würde dann ihre Kompetenz überschreiten, sagte die SPÖ-EU-Abgeordnete Karin Kadenbach.

Dagmar Urban, Landwirtschaftsexpertin von Greenpeace, erklärte, das aktuelle Zulassungsverfahren ermögliche es der EU-Kommission, gentechnisch veränderte Pflanzen auch gegen die Position einer Mehrheit an Mitgliedstaaten durchzusetzen und verschiedene negative Auswirkungen nur unzureichend zu berücksichtigen. "Daher muss sich die österreichische Bundesregierung in Brüssel jetzt für eine Verbesserung des Zulassungsverfahrens für Gentechnik-Pflanzen einsetzen."

Global 2000: Mehrheit der EU-Bevölkerung dagegen
Die EU-Kommission müsse beim Thema Genmais nun zeigen, auf welcher Seite sie steht, teilte am Dienstag die Umweltschutzorganisation Global 2000 mit. Gentechnik-Sprecherin Heidemarie Porstner sagte: "Die Mehrheit der europäischen Bevölkerung ist gegen gentechnisch veränderte Organismen. Es kann nicht sein, dass einmal mehr die Interessen der Agro-Chemie-Konzerne im Vordergrund stehen."

Schädigt Genmais auch nützlichen Organismen?
Der GV-Mais 1507 trage laut den Umweltschützern ein hochtoxisches Insektizid in sich, das nicht nur den unerwünschten Maiszünsler, sondern auch zahlreiche nützliche Organismen schädigen würde. Eine Risikobewertung über die Auswirkungen auf Bienen fehle zudem gänzlich. Darüber hinaus sei der GV-Mais resistent gegenüber einem Herbizid, das im dringenden Verdacht steht, sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die menschliche Gesundheit schädigend auszuwirken.

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