Trotz Obdachloser

Über elf Millionen Häuser stehen in Europa leer

Ausland
24.02.2014 11:32
Immer mehr Menschen in Europa sind ob der rigorosen Sparkurse obdachlos, dabei wäre das vielfach gar nicht nötig, wie der britische "Guardian" vorrechnet. Demnach gibt es in Europa mehr als elf Millionen Häuser, die leer stehen - bei geschätzten 4,1 Millionen obdachlosen Personen. Aktivisten sprechen von einer schockierenden Vergeudung.

Jeweils über zwei Millionen in Frankreich und Italien, 1,8 Millionen in Deutschland und mehr als 700.000 in Großbritannien - so viele Häuser stehen laut offiziellen Zahlen diverser Länder, die der "Guardian" gesammelt hat, leer. Auch andere Staaten wie Portugal mit ungefähr 735.000, Irland mit etwa 400.000 und Griechenland mit ca. 300.000 leer stehenden Häusern seien betroffen. In Spanien, dem Spitzenreiter in der EU, stünden mit 3,4 Millionen inzwischen gar 14 Prozent aller Gebäude leer.

Halb fertige Häuser werden planiert
Viele Häuser liegen dem Bericht zufolge in Ferienregionen, sie wurden während der Boom-Jahre vor der Finanzkrise 2007/2008 errichtet und in vielen Fällen nie bezogen. Doch das sei noch gar nicht alles, so der "Guardian": Zu den über elf Millionen leer stehenden Häusern kämen Hunderttausende, die halb fertig planiert worden seien, um den Preis bereits fertiger Gebäude nicht noch weiter zu drücken.

"Es ist unglaublich. Das ist eine gewaltige Zahl", sagte David Ireland zu den elf Millionen leeren Häusern. Ireland ist Vorsitzender der Wohltätigkeitsorganisation Empty Homes, die sich dafür einsetzt, leer stehende Häuser an jene zu vergeben, die kein Dach über dem Kopf haben. "Häuser werden dafür gebaut, damit Menschen darin leben - wenn sie nicht bewohnt werden, ist etwas ernsthaft schief gegangen auf dem Wohnungsmarkt."

Aktivisten: Wohnen statt Spekulation
Und genau da liege das Problem, so Ireland gegenüber dem "Guardian". Die Politik müsse endlich etwas dagegen unternehmen, dass Häuser als Investment gesehen werden, statt als Orte zum Wohnen. Zwar seien nicht alle elf Millionen leer stehende Häuser an den richtigen Plätzen, doch gebe es trotzdem mehr als genug, um dem Problem der Obdachlosigkeit entgegenzutreten.

Auch Freek Spinnewijn von FEANTSA, einer Dachorganisation gegen Wohnungslosigkeit in Europa, sieht die nunmehrigen Zahlen als Skandal: "Man bräuchte nur die Hälfte davon, um Obdachlosigkeit ein Ende zu bereiten." Die Regierungen seien gefordert, leere Häuser auf den Markt zu bringen, schließlich verschlimmere sich das Problem in der EU kontinuierlich.

Spanische Banken müssen Bewohner finden
In einigen Teilen Europas hat die Politik inzwischen reagiert. So verhängen etwa einige Städte in der besonders stark betroffenen spanischen Region Katalonien bis zu 100.000 Euro Strafe, wenn leer stehende Häuser von den Käufern - meist Banken - mehr als zwei Jahre ohne neue Bewohner bleiben.

In Terrassa nördlich von Barcelona ließ die Stadtverwaltung die Banken wissen, dass sie für 5.000 leere Häuser neue Besitzer finden müssten, ansonsten würden die Gebäude für soziale Wohnungsprojekte verwendet.

Prachtvillen in London verrotten
Doch nicht überall wird so konsequent vorgegangen. In London etwa sei die Immobilienspekulation auf einem neuen Höhepunkt, so der "Guardian": Immer mehr Reiche setzen demnach auf den Kauf von Anwesen, obwohl sie nie darin wohnen wollen. Die teuersten Grundstücke in London sind inzwischen sogar 27 Prozent mehr wert als auf dem Höhepunkt 2007, vor dem Platzen der Immobilienblase.

Viele der Besitzer jedoch kümmern sich nicht um ihre Anwesen, lassen sie stattdessen verfallen und interessieren sich lediglich dafür, sie möglichst lukrativ wieder zu verkaufen. Darum steht etwa in der Nobelstraße "Billionaires Row" (Reihe der Milliardäre) im Norden der Stadt nach Recherchen der Zeitung ein Drittel der Luxusimmobilien leer und rottet vor sich hin.

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