Aggressivster Arm

USA: Al Kaida im Jemen schickte Paketbomben

Ausland
30.10.2010 16:06
Und wieder der Jemen: Die vereitelten Paketbomben-Anschläge in den USA sind offenbar der jüngste Schlag des Al-Kaida-Zweiges, der in dem zerrütteten Staat auf der arabischen Halbinsel reichlich Nährboden findet. Die Gruppe gilt seit Langem als der aggressivste Arm der Extremisten-Organisation, die die Anschläge vom 11. September 2001 verübt hat. Unter Führung des aus dem Jemen stammenden Nasser al-Wahayshi und dessen saudi-arabischem Stellvertreter hat sie in den vergangenen eineinhalb Jahren eine Serie von aufsehenerregenden Attentatsversuchen unternommen.

Diesmal zielten die Bomben auf zwei jüdische Zentren in Chicago ab. Die Pakete wurden - offenbar dank eines Geheimdiensthinweises aus Saudi-Arabien - auf dem Weg an ihren Bestimmungsort in Großbritannien und Dubai abgefangen. Nach den Worten von US-Präsident Barack Obama hatten die Pakete Sprengstoff enthalten, es habe sich um eine "glaubwürdige terroristische Bedrohung" gehandelt. Ersten Ermittlungen zufolge gingen die Anschlagsversuche erneut von der "Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel" aus, die sich den Sturz der jemenitischen Regierung zum Ziel gesetzt hat.

Obama hat nach den Worten seines Top-Sicherheitsberaters John Brennan bereits mit dem jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh telefoniert. Er habe den USA seine volle Unterstützung bei der Suche nach den Verantwortlichen zugesagt. Die jemenitische Regierung zeigte sich überrascht und warnte vor Vorverurteilungen. Am Samstag entdeckten die Behörden im Jemen dann 26 weitere verdächtige Pakete. Mitarbeiter von Luftfrachtgesellschaften und der Frachtabteilung des internationalen Flughafens in Saana seien festgenommen worden, hieß es aus Ermittlerkreisen.

Serie von Anschlägen und Attentatsversuchen
Die Al Kaida im Jemen hat in den vergangenen eineinhalb Jahren eine ganze Serie von aufsehenerregenden Anschlägen und Attentatsversuchen unternommen, doch bereits zuvor bekannte sich die Gruppe zu Anschlägen, die sich gegen die USA richteten - wie der Selbstmordanschlag auf das Kriegsschiff USS Cole im Jahr 2000, bei dem 17 Mitglieder der Crew starben. Auch sind die US-Behörden überzeugt, Anwar al-Awlaki, der einer der Führerenden der Al Kaida im Jemen sein soll, habe Kontakt zu dem palästinensischstämmigen US-Offizier Nidal Hassan behabt, der 2009 am US-Stützpunkt Fort Hood im Bundesstaat Texas 13 Soldaten tötete.

An Weihnachten vergangenen Jahres hat die Gruppe dann einen Attentäter in die USA geschickt. Der nigerianische Islamist Umar Faruk Abdulmutallab wurde in einem Passagierflugzeug über Detroit mit einer Bombe gefasst, die er in seiner Unterwäsche versteckt hatte. Der Sprengsatz explodierte nicht. Abdulmutallab hatte sich jedoch im Jemen ausbilden lassen und die dortige Al Kaida bekannte sich triumphierend zu dem Anschlagsversuch.

Wenige Monate zuvor war es der Gruppe fast gelungen, bei einem Vorstoß ins benachbarte Saudi-Arabien ein hochrangiges Mitglied der dortigen Königsfamilie zu töten. Der Angriff zielte auf Prinz Mohammed bin Najef und damit den Mann, der für den konsequenten Anti-Terror-Einsatz in der Heimat von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden verantwortlich ist.

Gleichfalls im vergangenen Jahr tötete die Gruppe bei einem Selbstmordanschlag im Jemen vier südkoreanische Touristen. In diesem Jahr konzentrierte sie ihre Attentate in dem Land auf Sicherheitsvertreter der Regierung.

Bekannt für unverfrorene Anschlagsversuche
Die Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel ist aber nicht nur für ihre unverfrorenen Anschlagsversuche bekannt. Sie bietet sich zugleich erfolgreich als Plattform für islamistische Propaganda an. Von ihr stammt das auf Englisch produzierte Magazin "Inspire", das aalglatt im Stil einer Teenager-Gazette daherkommt.

Damit gibt sie zugleich einem der rhetorisch begabtesten Al-Kaida-Ideologen unserer Zeit ein Forum: Anwar al-Awlaki, der erst vor wenigen Tagen das seltene Privileg genoss, als einziger Extremist namentlich in der ersten öffentlichen Rede eines britischen Geheimdienstchefs genannt zu werden. Al-Awlaki wirbt mit seinen Beiträgen und Auftritten um Nachwuchs-Extremisten in den USA und Europa, die hier aufgewachsen und bereit sind, auf die radikale Seite zu wechseln.

Es sind diese Islamisten, die dem Westen Angst und Sorge machen: Unter dem immensen Fahndungsdruck in den afghanisch-pakistanischen Grenzgebieten oder von US-Partnern wie Saudi-Arabien droht die Al Kaida zunehmend auf Kräfte auszuweichen, die weit weg von ihren eigentlichen Zentren einsatzfähig sind. "Die Gefahr ist, dass einer von diesen Zöglingen auf die Aufrufe zur Gewalt reagiert und einen Anschlag beispielsweise in Großbritannien versucht", sagt der Sicherheitsexperte Jonathan Evans. "Wahrscheinlich im Alleingang und ohne dass er ernsthaft dafür trainiert wäre."

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