Nach Terror im Irak

US-Luftschläge gegen Dschihadisten gestartet

Ausland
08.08.2014 16:52
Das US-Militär hat mit Luftangriffen im Irak begonnen. Flugzeuge hätten Artilleriegeschütze von IS-Extremisten nahe der Stadt Erbil angegriffen, teilte Pentagonsprecher John Kirby am Freitagnachmittag mit. Die USA hatten sich nach dem wochenlangen Vormarsch der Terrorgruppe IS (Islamischer Staat, vormals ISIS) im Irak entschlossen, den Feldzug und den "Völkermord" der Dschihadisten zu stopppen.

Die Angriffe auf die IS-Stellung seien mit Kampfjets vom Flugzeugträger "George H.W. Bush" geflogen werden, der bereits im Juni in den Persischen Golf verlegt worden war, hieß aus dem Pentagon. Zwei F18-Kampfjets hätten 220 Kilogramm schwere Bomben nahe Erbil abgeworfen, berichtete der TV-Sender NBC. Der Sender CNN berichtete von lasergelenkten Präzisionsbomben.

Irakische Armee fliegt auch Angriffe auf Dschihadisten
Laut irakischen Medien führt die Luftwaffe des Zweistromlandes derzeit ebenfalls Angriffe auf die Dschihadisten durch. Bereits in der Nacht zum Freitag seien bei Luftschlägen 130 Dschihadisten in der Region von Mossul getötet worden, berichtete das kurdische Nachrichtenportal "Basnews".

Die unabhängige irakischen Nachrichtenseite "Sumaria News" meldete ebenso, dass mehr als 105 IS-Kämpfer bei einem Angriff auf die Stadt Sinjar getötet und verletzt worden seien. Die Extremisten waren vor etwa einer Woche in Sinjar einmarschiert. Dort leben zahlreiche Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden.

US-Präsident Barack Obama hatte in der Nacht auf Freitag "zielgerichtete Luftangriffe" zum Schutz von Zivilisten und US-Soldaten angekündigt. Sein Land müsse handeln, um einen "Völkermord" an der Minderheit der Jesiden im Nordirak zu verhindern, sagte Obama. Auch Frankreich will Militärhilfe leisten.

UNO verurteilt IS-Terror im Zweistromland
Zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung den IS-Terror scharf verurteilt und die internationale Staatengemeinschaft aufgerufen, dem Irak zu helfen. Das mächtigste UNO-Gremium zeigte sich "schockiert" über das Schicksal Tausender Jesiden und Christen, die vor den Dschihadisten geflohen sind und "dringend humanitäre Hilfe" benötigten, sagte der britische UNO-Botschafter Mark Lyall Grant.

Obama betonte, dass er sich die Entscheidung für Luftangriffe nicht leicht gemacht habe. "Ich nehme keine Entscheidung so ernst wie jene zum Einsatz militärischer Gewalt", sagte der US-Präsident. Schließlich hätten die Vereinigten Staaten "andere Werkzeuge in unserem Arsenal". Doch wenn das Leben von Amerikanern und jenes von Tausenden Zivilisten in Gefahr sei, müssten die USA handeln.

Keine Bodentruppen, kein weiterer Krieg
Drei Jahre nach dem Ende des umstrittenen US-Militäreinsatzes im Irak unterstrich Obama, dass er keine Bodentruppen ins Zweistromland schicken werde. "Wir werden keinen weiteren Krieg im Irak führen", betonte er. Ob die Luftwaffe bereits erste Angriffe geflogen hat, sagte der Präsident da nicht. Ein führender Regierungsvertreter bestritt das, auch ein Sprecher des US-Verteidigungsministers dementierte einen Bericht der kurdischen Peshmerga-Kämpfer, wonach US-Kampfjets Stellungen von Dschihadisten im Nordirak angegriffen hätten.

Neben den Luftangriffen ordnete Obama auch den Abwurf von Hilfsgütern über dem Irak an. Das Pentagon hatte schon vor der Presseerklärung des US-Präsidenten bestätigt, dass Militärflugzeuge Pakete mit Lebensmitteln und Wasser über dem Nordirak abgeworfen haben. Auch Großbritannien schickte Flugzeuge, um Lebensmittel abzuwerfen. Im Sinjar-Gebirge sind nach UNO-Angaben rund 200.000 Menschen, die vor den IS-Extremisten geflüchtet sind, ohne Lebensmittel und Wasser eingeschlossen.

Die US-Luftangriffe sollen zum Schutz der eingekesselten Jesiden in der Bergregion, aber auch der US-Militärberater in Erbil dienen, die in den vergangenen Wochen gemeinsame Einsatzzentren mit der irakischen Armee eingerichtet hatten. Darüber hinaus unterstützt Washington den Irak mit umfangreichen Waffenlieferungen und Geheimdienstinformationen.

Völkermord an Christen droht: "Wie ein Exodus"
Ein Völkermord droht nach Angaben des Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche, Louis Raphael I. Sako, auch an den Christen im Nordirak. Seinen Angaben zufolge flohen nicht weniger als 100.000 Menschen am Donnerstag zum Teil zu Fuß aus ihren Heimatdörfern. "Wie bei einem Exodus oder einem Kreuzweg flüchten Christen zu Fuß in der sengenden Sommerhitze in die kurdischen Städte Erbil, Duhok und Sulaymaniya, unter ihnen auch kranke und alte Menschen, Kinder und Schwangere", sagte der Patriarch.

UNO will humanitären Korridor errichten
Nach Angaben der kurdischen Nachrichtenseite Rudaw sind rund 50.000 Jesiden seit mehreren Tagen in dem Gebirge eingeschlossen. Mindestens 70 Menschen seien bereits an Unterversorgung gestorben. Viele ernährten sich inzwischen von Blättern, berichten Augenzeugen auf Rudaw. Einem "Basnews"-Bericht zufolge konnten kurdische Soldaten inzwischen eine große Zahl der Flüchtlinge in Sicherheit bringen. Die Menschen sollten nun in Bussen in die Stadt Duhok gebracht werden. Die Vereinten Nationen wollen einen humanitären Korridor für Flüchtlinge errichten. Dadurch solle es möglich werden, Zivilisten aus den bedrohten Gebieten zu holen, erklärte der UNO-Gesandte im Irak, Nickolay Mladenov. Die UNO arbeite derzeit mit Hochdruck an der Einrichtung eines solchen Korridors.

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