Nach Politiker-Mord
Tunesien: Auflösung der Regierung droht zu scheitern
"Wir von der Ennahda glauben, dass Tunesien jetzt eine politische Regierung braucht", machte Partei-Vize Abdelhamid Jelassi die Position der Ennahda (Wiedererwachen) deutlich. Die regierende islamistische Partei wendet sich damit gegen den Vorschlag des eigenen Premiers. Man werde allerdings die Gespräche mit anderen Parteien über die Bildung einer Koalitionsregierung fortsetzen, so Jelassi.
Mit der Ankündigung einer Expertenregierung aus Parteiunabhängigen hatte Regierungschef Jebali am Mittwochabend auf Demonstrationen im ganzen Land reagiert (siehe Infobox). Auslöser der zum Teil gewaltsamen Proteste war die Ermordung des populären linksgerichteten Oppositionspolitikers Belaid. Der 48-Jährige war vor seinem Haus durch mehrere Schüsse regelrecht hingerichtet worden. Belaid war Gegner der Ennahda-Partei. Seine Familie machte die Regierungspartei für die Tat verantwortlich.
Amnesty warnt vor "Pseudo-Untersuchung"
Amnesty International warnte am Donnerstag vor einer "Pseudo-Untersuchung" des Mordes und forderte eine "rasche, gründliche, unabhängige und unparteiische Untersuchung". "In jenem Land, in dem der Arabische Frühling begann, trägt die Regierung eine besondere Verantwortung, die Hoffnungen der Menschen nicht zunichtezumachen", erklärte Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich.
Die tunesischen Behörden müssten sich darüber im Klaren sein, dass es auf keinen Fall reiche, den Mordanschlag zu verurteilen, "um dann zur Tagesordnung zurückzukehren", so Patzelt. Die Menschenrechtsorganisation rief die tunesischen Sicherheitskräfte zudem auf, bei Protesten rund um die Ermordung Belaids "überflüssigen und exzessiven Gewalteinsatz zu vermeiden".
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