Erdogan-Vize:

“Türkinnen sollen öffentlich nicht laut lachen”

Ausland
29.07.2014 13:08
Der türkische Vizepremier Bülent Arinc will nicht, dass Frauen in der Öffentlichkeit laut lachen. Das vertrage sich ebenso wenig mit dem Wert der Tugendhaftigkeit wie die Zurschaustellung weiblicher Reize, sagte Arinc laut Zeitungsberichten vom Dienstag. Der Erdogan-Vize beklagte demnach einen Verfall der Moral in der Türkei. Die Opposition kritisierte die Äußerungen.

Arinc sagte, Probleme wie wachsender Drogenkonsum schon bei jungen Menschen sowie Gewalt gegen Frauen seien Zeichen eines moralischen Niedergangs. Fernsehsendungen führten zudem zu einer "Sex-Abhängigkeit" junger Leute.

Arinc: "Die Tugendhaftigkeit ist ein hoher Wert"
Als Gegenmittel empfahl Arinc den muslimischen Türken die Lektüre des Koran. Die Tugendhaftigkeit sei "ein hoher Wert". Männer sollten ihren Frauen treu bleiben, Frauen sollten in der Öffentlichkeit weder laut lachen noch ihre Attraktivität zeigen.

Der Vizeregierungschef kritisierte auch einen angeblichen Hang von Frauen zu "stundenlangen" Gesprächen am Handy. Dabei würden Kochrezepte ausgetauscht und Klatschgeschichten erzählt. Frauen sollten sich solche Gespräche für persönliche Treffen aufsparen.

Der Kandidat der großen Oppositionsparteien für die Präsidentschaftswahl am 10. August, Ekmeleddin Ihsanoglu, wies Arincs Äußerungen zurück. Nichts brauche die Türkei so sehr wie das fröhliche Lachen von Frauen, erklärte Ihsanoglu via Twitter. Die Fernsehjournalistin Banu Güven wiederum rief zu wöchentlichen "Lach-Kundgebungen" von Frauen auf.

2,8 Millionen Auslandstürken zur Wahl aufgerufen
Nur wenige Tage vor der Wahl wird jede Möglichkeit genutzt, um sich nochmal in die Öffentlichkeit zu drängen - selbst wenn Erdogan schon jetzt als Wahlsieger gilt. Am 10. August kann er auch mit vielen Wählerstimmen aus der großen türkischen Community in Österreich rechnen. Etwa 270.000 Menschen im Land haben türkische Wurzeln. Um die Auslandstürken zu mobilisieren, hatte Erdogan auch kräftig die Werbetrommel gerührt. Bei Besuchen in Österreich und Deutschland rief er seine Landsleute auf, zu den Wahlurnen zu schreiten.

Insgesamt sind rund 53 Millionen Türken bei der Präsidentenwahl wahlberechtigt, davon 2,8 Millionen im Ausland. Erdogan will den bisher eher repräsentativen Posten mit mehr Befugnissen ausstatten. Seine konservative AK-Partei erwägt dafür eine Änderung der Verfassung.

Immer wieder Proteste gegen Erdogans Politik
Kritiker des konservativen Politikers fürchten, dass dieser als Präsident seine Macht weiter ausbaut. Besonders seit den landesweiten Gezi-Protesten vor einem Jahr ist Erdogan international zunehmend umstritten. Ihm wird vorgeworfen, immer autoritärer zu regieren und regierungskritische Proteste von der Polizei gewaltsam zerschlagen zu lassen.

Bei den Gezi-Protesten, die Ende Mai 2013 durch das brutale Vorgehen der Polizei gegen eine Aktion von Umweltschützern ausgelöst wurden, kamen acht Menschen ums Leben, rund 8.000 weitere Personen wurden verletzt. Der Umgang mit den Demonstranten löste landesweite Kritik an der Erdogan-Regierung aus. Die Premier wiederum wertete die Proteste als Versuch, seine Regierung zu stürzen.

Auch die Proteste nach dem Bergwerksunglück in Soma brachten Erdogan in Bedrängnis. Nach dem schwersten Bergwerksunglück in der Geschichte der Türkei mit vermutlich mehr als 300 Toten warfen Kritiker der Regierung vor, den wirtschaftlichen Aufschwung auf Kosten der Arbeitssicherheit vorangetrieben zu haben. Erdogan selbst meinte zu dem Drama lediglich: "So etwas passiert halt."

Türkei soll bis 2023 führende Wirtschaftsmacht sein
"Sultan" Erdogan will die Türkei zum 100. Jahrestag der Staatsgründung im Jahr 2023 als führende Wirtschaftsmacht etablieren. Mit Mega-Projekten setzt er sich dabei selbst ein Denkmal.

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