62,1 Prozent dafür

Offiziell: Katholische Iren sagen Ja zur Homo-Ehe

Ausland
23.05.2015 21:19
Irland hat in einem historischen Referendum am Freitag Ja zur Homo-Ehe gesagt. Die Befürworter setzten sich laut dem offiziellen Endergebnis vom Samstagabend überraschend deutlich durch: 62,1 Prozent sprachen sich nach Angaben der Behörden für die Homo-Ehe aus, 37,9 Prozent dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 60 Prozent.

Die kleine Republik im Nordwesten Europas führt damit die Neuerung als erstes Land per Volksentscheid ein. "Das ist ein großer Tag für Irland", sagte Gesundheitsminister Leo Varadkar. Er hatte erst im Jänner seine eigene Homosexualität öffentlich gemacht. "Für mich persönlich ist das nicht nur ein Referendum, sondern eine soziale Revolution."

Bei Schwulen und Lesben wurde die Nachricht von der großen Mehrheit mit lautem Jubel aufgenommen. Viele feierten in den Straßen und Pubs von Dublin. Zahlreiche Prominente gratulierten Irland zu dem Schritt, darunter US-Vizepräsident Joe Biden, die Schriftstellerin JK Rowling und der Popsänger Ronan Keating.

Vergebliche Abwehrschlacht der Kirche
Verlierer des Referendums ist die katholische Kirche. Die Bischöfe hatten bis zuletzt von den Kanzeln herab traditionelle Familienwerte gepredigt. "Werden wir wirklich die erste Generation in der Menschheitsgeschichte sein, die sagt, dass Mütter und Väter bei der Erziehung von Kindern keine Rolle spielen?", fragte Erzbischof Michael Neary, einer der einflussreichsten Geistlichen in Irland.

Die einst so mächtige katholische Kirche ist in Irland seit Jahren in der Defensive. Spätestens als bekannt wurde, dass Kardinal Erzbischof Sean Brady systematisch Sexualdelikte von Priestern in Kinderheimen verschleiert hat, verlor die Kirche an Glaubwürdigkeit. Als Brady 2010 in einer Predigt statt um Vergebung zu bitten die mangelnde Toleranz des Volkes gegenüber sündigen Kirchenvertretern anprangerte, schien der Graben zwischen Kirche und Volk endgültig aufgerissen.

Kroaten und Slowaken sagten Nein - Irland schreibt Geschichte
Dass die Regierung des konservativen Premierministers Enda Kenny und des damaligen Außenministers Eamon Gilmore 2011 ihren Botschafter aus dem Vatikan zurückzog, war ein erster gewichtiger Schritt. Gilmore war es auch, der in den Folgejahren die Verfassungsänderung zur Homo-Ehe massiv vorantrieb, obwohl Referenden zur Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare in Ländern wie Kroatien und der Slowakei scheiterten.

Nur rund 20 Länder weltweit ermöglichen das volle Eherecht für homosexuelle Paare - Österreich ist bisher nicht dabei. Zuletzt gab es Neuzugänge, etwa das Nachbarland Slowenien. Dort wurde - erstmals in einem ehemals kommunistischen Land - das Eherecht geändert, um allen Paaren offenzustehen.

Konservativer Premier twittert: "Habe mit Ja gestimmt"
Premier Kenny twitterte am Morgen der Abstimmung ein Bild von seiner Ehefrau und sich selbst und schrieb: "Ich habe mit Ja gestimmt" - vor Jahren noch undenkbar für einen irischen Premierminister. Vor Wochen bereits hatte er demonstrativ ein Schwulenlokal besucht.

Die Republik auf der Grünen Insel ist in den vergangenen Jahren einen strikten Weg in die Moderne gegangen. Vor 22 Jahren hob Irland ein Gesetz auf, das Homosexualität unter Strafe stellte. Ebenfalls seit 1993 müssen Paare, die ein Kondom benutzen wollen, beim Kauf kein Rezept des Arztes mehr vorlegen. Das totale Abtreibungsverbot ist zumindest ein wenig aufgeweicht.

"Eine ganze Generation wurde politisiert"
Die Regierung, die sich vehement hinter die Verfassungsänderung gestellt hatte, traf damit im Volk einen Nerv. Das Referendum zur Homo-Ehe war auch ein Sieg für die direkte Demokratie in Irland. 60.000 Menschen hatten sich eigens für die Abstimmung ins Wählerregister eintragen lassen. Hunderte vor allem junge Leute kamen aus London und sogar aus den USA eingeflogen, um ihre Stimme abzugeben. "Eine ganze Generation wurde politisiert", sagte Kommunikationsminister Alex White.

Die Gegner der Homo-Ehe räumten bereits kurz nach Beginn der Stimmenauszählung ihre Niederlage ein. Es gebe offensichtlich einen "sehr beeindruckenden Sieg" der Befürworter der Homo-Ehe, sagte einer der Anführer der Nein-Kampagne, David Quinn vom katholisch orientierten Institut Iona.

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