Ukraine-Krise

“Starke Antwort”: EU hilft mit elf Milliarden Euro

Ausland
05.03.2014 21:23
Während die Krim-Krise die Welt weiter in Atem hält, hat EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Mittwoch ein Unterstützungspaket für die Ukraine im Ausmaß von mindestens elf Milliarden Euro in den kommenden Jahren angekündigt. Details sollen beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel bekannt gegeben werden. Wie die Regierung in Wien unterdessen mitteilte, werden auch zwei Österreicher an der OSZE-Beobachtermission auf der Halbinsel Krim teilnehmen. Die NATO beschloss unterdessen, ihre gesamten Beziehungen zu Russland zu "überprüfen".

"Dies ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass wir in Europa wieder eine wirkliche Gefahr für die Stabilität und sogar für den Frieden spüren", sagte Barroso. Es wäre begrüßenswert, wenn neben der EU auch andere Länder Hilfe für die Ukraine leisteten, so Barroso. Die Ereignisse der letzten Tage seien "schockierend" gewesen. Es sei nicht akzeptabel, zur veralteten Logik der Gewalt zurückzukehren - dies sei gefährlich und falsch. Internationales Recht müsse eingehalten werden.

Barroso: "Jetzt geht es um friedliche Lösung"
Die ukrainische Bevölkerung müsse selbst über ihre eigene Zukunft in Freiheit und Sicherheit entscheiden können, die Integrität des Territoriums sei zu respektieren. "Jetzt geht es um eine friedliche Lösung für die Krise. Maßnahmen zur Deeskalation müssen durchgeführt werden", so Barroso, der von kurz- und mittelfristigen Maßnahmen sprach. Die finanziellen Mittel sollen aus dem Gemeinschaftshaushalt sowie von der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zur Verfügung gestellt werden.

Hilfen in Höhe von 610 Millionen Euro, die schon vor einem Jahr genehmigt wurden, könnten "in den nächsten Wochen" ausgezahlt werden. Der frühere Präsident Viktor Janukowitsch hatte das Geld abgelehnt, um nicht politische und wirtschaftliche Reformen nach den Bedingungen des Internationalen Währungsfonds akzeptieren zu müssen.

Vereinbarung mit dem IWF als Bedingung für Hilfen
Die Hilfen sind aber an Bedingungen geknüpft. "Ich erwarte, dass die Ukraine eine Vereinbarung mit dem IWF unterzeichnet", sagte Barroso. "Es ist wichtig, dass die Regierung sich zu Reformen verpflichtet und dazu, alle Teile der Bevölkerung zu vertreten."

Ergänzend zu den Finanzhilfen schlägt die Kommission vor, dass die im noch nicht unterzeichneten Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine enthaltenen Zollerleichterungen für Exporte der Ukraine in die EU einseitig in Kraft gesetzt werden. "Das spart Millionen Euro an Zöllen", erklärte Barroso.

OSZE-Mission mit österreichischer Beteiligung
Ob es sich bei den Bewaffneten auf der Krim um Selbstverteidigungsgruppen oder russische Truppen handelt, soll nun die OSZE-Beobachtermission klären. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hatte am Dienstag die Entsendung einer Beobachtermission beschlossen. An dieser werden auch zwei Österreicher teilnehmen. "Ziel ist es, festzustellen, welche militärischen Aktivitäten von Russland auf der Halbinsel gesetzt werden", teilte Verteidigungsminister Gerald Klug am Mittwoch in einer gemeinsamen Aussendung mit Außenminister Sebastian Kurz mit.

Kurz: "Österreich leistet wichtigen Beitrag zur Deeskalation"
Die Experten machten sich bereits am Mittwoch auf den Weg in die Ukraine, wo sie bis 12. März tätig sein werden. "Damit leistet Österreich einen wichtigen Beitrag zur Deeskalation in dieser brandgefährlichen Situation. Wir müssen insbesondere auf Institutionen, wo Russland mit am Tisch sitzt, wie etwa die OSZE und den Europarat, zurückgreifen", betonte Kurz. Insgesamt werden sich 19 OSZE-Staaten mit 37 Experten an der Mission beteiligen. Ob sie von Odessa aus tatsächlich Zugang zur Krim bekommt, ist derzeit aber fraglich.

Auf der Krim bleibt die Lage jedenfalls auch am Mittwoch kritisch. Mutmaßlich russische Einheiten ohne Hoheitsabzeichen kontrollieren de facto die gesamte Halbinsel, vor allem aber die Militäranlagen. Mitten in der Krise hatte Russland am Dienstagabend eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete vom Typ Topol getestet - für viele eine weitere Provokation, auch wenn der Test laut Angaben der USA angekündigt war.

Russen besetzen ukrainische Raketenabwehrstellungen
Laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax haben russische Einheiten zudem zwei ukrainische Raketenabwehreinheiten auf der Krim besetzt. Die Agentur berief sich auf einen hochrangigen russischen Militärangehörigen. "Wir warten nun auf das Eintreffen von russischen Raketenexperten und prorussischen Aktivisten, die die ukrainischen Soldaten werden überzeugen müssen, gemeinsam die Pflichten zu erfüllen", sagte der russische Militärvertreter.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bestritt am Mittwoch allerdings weiterhin, dass Moskau Truppen auf die Krim entsandt habe. Die prorussischen Milizen auf der Halbinsel seien Gruppen zur Selbstverteidigung, über die Russland keinerlei Kommandogewalt habe, betonte er. Außerhalb der Marinestützpunkte habe Russland demnach keine Soldaten auf der Krim stationiert.

Was etwaige Strafmaßnahmen des Westens betrifft, arbeiten russische Parlamentsabgeordnete einem Agenturbericht zufolge bereits an einem Gesetzesentwurf, der Reaktionen auf mögliche Sanktionen der EU oder der USA umreißt. Es geht unter anderem um die Möglichkeit, Eigentum, Vermögenswerte und Konten europäischer und amerikanischer Unternehmen zu konfiszieren, wie RIA meldete.

Ukraine will "nicht gegen Russland kämpfen"
Die Ukraine hofft weiter auf eine Deeskalation in der Krim-Krise. "Wir wollen diesen Konflikt friedlich beilegen. Wir wollen nicht gegen Russland kämpfen", sagte der ukrainische Interims-Außenminister Andrej Deschtschyzja am Mittwoch nach einem Treffen mit Frankreichs Außenminister Laurent Fabius in Paris. Dennoch wurden Kontrollpunkte an den Zufahrtsstraßen zur Halbinsel eingerichtet. Die Führung in Kiew wolle das Eindringen von Provokateuren verhindern, die der prorussischen Führung der autonomen Halbinsel zu Hilfe kommen könnten, sagte der Vize-Chef des Grenzdienstes der Ex-Sowjetrepublik, Pawel Schischolin.

In Paris trafen sich indes am Mittwoch erstmals seit der Eskalation der Krise die Außenminister Russlands und der USA, Lawrow und John Kerry. Die Chefdiplomaten kamen am Rande einer Libanon-Konferenz zusammen, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. An dem Treffen nahmen auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Frankreichs Außenminister Laurent Fabius teil.

Die Bemühungen westlicher Außenminister, den russischen Chefdiplomaten Lawrow am Mittwoch in Paris zu einem Gespräch mit dem ukrainischen Interims-Außenminister Andrej Deschtschiza zu bewegen, scheiterten allerdings. Lawrow verließ das französische Außenministerium am Abend, ohne Deschtschiza getroffen zu haben. Allerdings würden die Gespräche "in den kommenden Tagen" fortgesetzt, um die Lage in der Ukraine zu stabilisieren, sagte Lawrow beim Verlassen des Quai d'Orsay.

Allerdings sprachen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch erneut über die Ukraine-Krise, wie der Kreml am Abend mitteilte. Bei dem Gespräch seien "Szenarien für eine internationale Zusammenarbeit" diskutiert worden, mit dem Ziel, die Lage in der Ukraine zu normalisieren. Laut Kreml ging das Gespräch auf eine Initiative der Kanzlerin zurück.

UN-Sondergesandter von Bewaffneten bedroht
Neben der geplanten OSZE-Beobachtermission wollte sich auch die UNO Klarheit über den umstrittenen Militäreinsatz kremltreuer Truppen auf der ukrainischen Halbinsel im Schwarzen Meer veschaffen. Robert Serry, Sondergesandter der UNO, traf daher in der Nacht auf Mittwoch auf der Krim ein, um sich ein Bild von der Lage zu machen.

Nach der Bedrohung durch eine Gruppe zum Teil bewaffneter Männer wird der UN-Sondergesandte aber noch am Mittwoch die Schwarzmeer-Halbinsel Krim verlassen. Er wird seine Arbeit dann von Kiew aus fortsetzen.

NATO "überprüft" gesamte Beziehungen zu Russland
Die NATO beschloss unterdessen am Mittwochabend, ihre gesamten Beziehungen zu Russland zu "überprüfen". Dies teilte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach einer Sitzung des NATO-Russland-Rates mit. Eine endgültige Entscheidung werde Anfang April von den Außenministern der NATO getroffen, erklärte Rasmussen weiter.

Die NATO habe den geplanten ersten gemeinsamen Militäreinsatz mit Russland abgesagt: Russland werde nußerdem vorerst keine zivilen oder militärischen Treffen und Konferenzen mit Russland geben. "Diese Schritte senden eine klare Botschaft: Russlands Handeln hat Folgen." Die Gespräche auf Botschafterebene im NATO-Russland-Rat sollten vorerst weiter möglich sein.

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