Attentat in Kanada

Angreifer war als “hochgefährlich” eingestuft

Ausland
23.10.2014 06:40
Nach dem Attentat im Regierungsviertel der kanadischen Hauptstadt Ottawa mit zwei Toten suchen die Behörden weiter nach möglichen Hintermännern. Die Polizei hielt sich mit Angaben zu dem Verbrechen zurück. Es ist unklar, ob es sich um einen Einzeltäter handelte oder ob er Komplizen hatte. Berichten zufolge hatten die Geheimdienste den Angreifer namens Michael Zehaf-Bibeau zuvor als "hochgefährlichen Reisenden" eingestuft und ihm kürzlich den Pass entzogen.

Bei dem Attentat am Mittwoch wurde der 24-jährige Soldat Nathan Cirillo am Kriegerdenkmal im Regierungsviertel von Ottawa erschossen. Zeugen zufolge drang der Täter anschließend in das nahe gelegene Parlamentsgebäude ein und wurde von Polizisten verfolgt. Demnach lief er zunächst an dem Raum vorbei, in dem sich Regierungschef Stephen Harper aufhielt, und wurde schließlich vor der Parlamentsbibliothek nach einem heftigen Feuergefecht erschossen.

"Es ist genau vor unserer Tür passiert"
"Harper hat mit Leuten aus seiner Fraktion gesprochen, als es plötzlich einen lauten Knall gab, gefolgt von einem Ra-ta-ta-ta an Schüssen", sagte das Kabinettsmitglied Tony Clement. "Es ist genau vor unserer Tür passiert." Harper war nach den ersten Schüssen sofort in Sicherheit gebracht worden. Drei Menschen wurden im Krankenhaus behandelt, konnten dieses aber nach Angaben der Klinik kurz darauf wieder verlassen.

Das kanadische Fernsehen zeigte dramatische Bilder aus dem Parlamentsgebäude: Schwer bewaffnete Polizeibeamte rannten geduckt über die Gänge, als die Schüsse fielen. Abgeordnete und Parlamentsmitarbeiter verbarrikadierten sich in Büros. Parlamentarier twitterten, dass etwa 30 Schüsse zu hören gewesen seien.

Kanadas Regierung erhöht Terror-Warnstufe
Es war der zweite Anschlag in Kanada in dieser Woche. Am Montag hatte ein 25-jähriger mutmaßlicher Islamist zwei Soldaten mit einem Auto überfahren. Ein Soldat starb, der Täter wurde nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei erschossen. Ob es eine Verbindung zwischen den Taten gibt, war unklar. Am Dienstag erhöhte die Regierung die Terror-Warnstufe und begründete dies mit Beobachtungen von extremistischen Gruppen wie dem Islamischen Staat (IS) und Al Kaida.

Ministerpräsident Harper nannte die nunmehrige Tat "brutal und gewalttätig". Bei einer TV-Ansprache kündigte er ein stärkeres Engagement seines Landes im Kampf gegen den internationalen Terrorismus an. Kanada lasse sich nicht einschüchtern, sagte er. Einzelheiten zu der Attacke nannte Harper nicht.

Am Mittwochabend hob die Polizei Absperrungen und weitere Sicherheitsmaßnahmen in Ottawas Innenstadt wieder auf. Für die Bevölkerung bestehe keine Gefahr mehr, hieß es. Abgeriegelt blieb jedoch das Gebiet um das Parlament. Die Polizei verwies auf die fortlaufenden Ermittlungen.

"Reisender mit hohem Sicherheitsrisiko"
Berichten zufolge handelt es sich bei dem mutmaßlichen Attentäter um den 32-jährigen kanadischen Staatsangehörigen Michael Zehaf-Bibeau. Der bei dem Anschlag ums Leben gekommene Mann algerischer Abstammung sei erst kürzlich als "Reisender mit hohem Sicherheitsrisiko" eingestuft worden, berichtete die Zeitung "Globe and Mail" unter Berufung auf namentlich nicht genannte Behördenquellen.

Kurz nachdem der Name in Medien und sozialen Netzwerken auftauchte, machte auf Twitter ein von IS-Konten veröffentlichtes Bild die Runde, das Zehaf-Bibeau zeigen soll: einen jungen Mann mit langen Haaren, dessen untere Gesichtshälfte von einem "Palästinensertuch" verhüllt ist und der ein Gewehr hält.

In weiteren Medienberichten hieß es, er stehe auf einer Liste von 90 Personen, die wegen einer möglichen Terrorgefahr beobachtet werden. Der TV-Sender CNN berichtete unter Berufung auf nicht genauer beschriebene Quellen, der mutmaßliche Attentäter sei kürzlich zum Islam übergetreten.

USA sagen Kanada Solidarität zu
US-Präsident Barack Obama wurde ständig über die Lage in Ottawa unterrichtet. Er sagte Harper in einem Telefonat Solidarität zu. Kanada gehört der internationalen Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz IS an. Die Luftwaffe des Landes war in die Region entsandt worden, um die US-geführten Luftangriffe auf Stellungen der Miliz zu unterstützen.

In Washington wurde die Bewachung am Grab des unbekannten Soldaten verstärkt. Die US-Botschaft in Ottawa wurde vorübergehend geschlossen, eine Partie der Eishockey-Liga NHL zwischen den Teams von Ottawa und Toronto wurde abgesagt. Die kanadischen Behörden hatten erst am Dienstag die Warnstufe für terroristische Gefahren um eine Stufe von gering auf mittel hinaufgesetzt.

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