Oppositions-Coup

Slowaken sagen Nein zum Euro-Rettungsschirm

Ausland
12.10.2011 08:56
Die Slowakei hat am späten Dienstagabend als einziges Euro-Land die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF parlamentarisch abgelehnt. Damit hat unser Nachbarland den übrigen europäischen Regierungen - zumindest vorübergehend - einen herben Dämpfer in Sachen Milliarden-Sicherung der angeschlagenen Gemeinschaftswährung verpasst. Doch auch innenpolitisch kommt die Entscheidung einem Erdbeben gleich - aus dem die slowakische Opposition als Sieger hervorgeht.

Das endgültige Aus für den Rettungsschirm bedeutet das Votum nicht. Über internationale Verträge kann in der Slowakei ein zweites Mal abgestimmt werden - dies könnte noch in der laufenden Woche passieren. Und die Chancen, dass bei einem zweiten Wahlgang die Mehrheit erreicht wird, scheinen ziemlich hoch.

Oppositions-Coup aufgegangen
Der sozialdemokratische Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hatte wiederholt angekündigt, seine Partei - die größte im Parlament - könnte durchaus für die EFSF-Erweiterung stimmen. Als Bedingung hatte Fico aber immer wieder den Rücktritt der "unfähigen" gegenwärtigen Regierung verlangt.

Diese Bedingung ist nun erfüllt. Denn zeitgleich mit dem Nein zur Milliarden-Aufstockung des EFSF zerbrach auch die Vier-Parteien-Regierung von Premierministerin Iveta Radicova (Bild). Sie hatte die Euro-Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpft und scheiterte.

Nur 55 der 150 stimmberechtigten Abgeordneten stimmten für die Ausweitung des Rettungsschirms und sprachen damit der Premierministerin das Vertrauen aus. Für einen Erfolg wäre eine Mehrheit von 76 der 150 Abgeordneten notwendig gewesen.

Fico: "Die Slowakei muss zustimmen"
Der Plan von Oppositionsführer Fico wird auch durch ein Statement unmittelbar nach der Abstimmung deutlich: "Die Slowakei muss zustimmen, weil die Krise ohne Rettungsschirm nur noch größer werden kann", erklärte er die Wichtigkeit des Projekts - obwohl seine Smer-Partei zuvor nicht zugestimmt hatte. Das ist wohl nur damit zu erklären, dass Fico die Chance ergreifen wollte, die Regierung zu stürzen.

Diese Mitte-Rechts-Regierung der christlich-liberalen Radicova ist nun auch gescheitert. Laut Verfassung bedeutet der Rücktritt des Premiers automatisch den Sturz der gesamten Regierung. Vorgezogene Neuwahlen sind allerdings nicht zwingend vorgesehen. Staatspräsident Ivan Gasparovic kann nach Annahme von Radicovas Demission einem anderen Politiker den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Theoretisch könnte er auch nochmals Radicova beauftragen.

Üblicherweise gibt der Präsident aber dem Vorsitzenden der stärksten Parlamentspartei - Fico - zuerst den Auftrag zur Regierungsbildung.

Spindelegger: "Zweite Abstimmung wird anders ausgehen"
Auch Österreichs Vizekanzler Michael Spindelegger ist sich ziemlich sicher, dass die Slowakei im zweiten Anlauf grünes Licht für die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms geben wird. Für ihn gelte das Versprechen der slowakischen Regierung, dass bis 23. Oktober alles unter Dach und Fach sein werde, erklärte Spindelegger am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal".

Eine Notwendigkeit, als österreichischer Außenminister auf die Slowakei einzuwirken, sieht er nicht: "Das ist eine Entscheidung der Parlamentarier dort. Die wissen ganz genau, was auf dem Spiel steht." Das Verantwortungsbewusstsein dort sei geschärft. "Wenn das entkoppelt ist von einer Frage der nationalen Regierung und ihrem Verbleib, wird das auch anders ausgehen."

"Rettungsschirm trotzdem installieren"
Falls das Ja nicht komme, müsse man eine "neue Bewertung" vornehmen, erklärt der Außenminister: "Das heißt entweder, den Rettungsschirm trotzdem installieren, das müssen wir sehen, ob das rechtlich möglich ist. Ich persönlich wäre dafür, das zu tun. Oder zur Kenntnis nehmen, dass es so nicht geht, und ein neues Vertragswerk aufsetzen. Das wäre schwierig und mit einer großen Verzögerung verbunden, das hielte ich nicht für den richtigen Weg."

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele