Parlamentswahl

Sieg der Euro-Befürworter in Griechenland

Ausland
18.06.2012 13:44
Die Euro-Befürworter haben die Parlamentswahl in Griechenland für sich entschieden. Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis wird die konservative Nea Dimokratia (ND) mit 29,7 Prozent stärkste politische Kraft. Falls die ebenfalls pro-europäischen Sozialisten (PASOK), die 12,3 Prozent erreichten, eine Koalition eingehen, würde diese über 162 der 300 Sitze verfügen. Beide Parteien wollen den Sparkurs fortsetzen, aber mit den Geldgebern über Erleichterungen verhandeln. Die radikalen Linken (SYRIZA), die den Sparpakt aufkündigen wollen, wurden mit 26,9 Prozent zweitstärkste Kraft.

ND-Chef Antonis Samaras erklärte in seiner Siegesrede am Sonntagabend, das Volk habe die Politiker gewählt, die für Wachstum und den Verbleib im Euro-Raum seien. Das Land werde seine Verpflichtungen erfüllen und mit den europäischen Partnern an Fortschritten in der Wachstumspolitik arbeiten. "Es wird keine Abenteuer mehr geben, an Griechenlands Platz in Europa besteht kein Zweifel." Der Konservative rief alle politischen Kräfte auf, sich an der Regierung zu beteiligen. Samaras hatte zwei Jahre mehr Zeit zur Umsetzung der Sparauflagen gefordert.

Einen Tag nach seinem Wahlsieg erhielt Samaras am Montag vom Staatspräsidenten Karolos Papoulis das Mandat zur Sondierung von Koalitionsmöglichkeiten. Der Chef der Konservativen Partei sagte, er strebe die Bildung einer Regierung der Nationalen Rettung "mit langem Atem" an. Auch PASOK-Chef Evangelos Venizelos schlug die Bildung einer möglichst breiten Regierung aus Konservativen (129 Sitze), Sozialisten (33 Sitze), radikalen Linken (71 Sitze) sowie gemäßigten Linken (6,3 Prozent bzw. 17 Sitze) vor.

SYRIZA: "Wir bleiben in Opposition"
Anos Skourletis, Sprecher der Radikallinken, hingegen bezeichnete alle Diskussionen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit als lächerlich. Auch SYRIZA-Chef Alexis Tsipras sagte am Montag nach einem Treffen mit Samaras, seine Partei bleibe stärkste Oppositionskraft: "Wir werden Gegner bleiben." Das Volk habe innerhalb von sechs Wochen zum zweiten Mal das Sparpaket verurteilt.

Bei der Wahl schnitt auch die faschistische Partei Goldene Morgenröte wieder gut ab. Sie erreichte 6,9 Prozent (18 Sitze) der Stimmen. Die rechtskonservativen Unabhängigen Griechen erhielten 7,5 Prozent (20 Sitze), die Kommunisten 4,5 Prozent (12 Sitze) der Stimmen.

Die zweite Wahl binnen sechs Wochen war notwendig geworden, weil weder Gegner noch Befürworter des Sparprogramms nach der Parlamentswahl vom 6. Mai eine Mehrheit für eine Regierungsbildung finden konnten. In letzter Konsequenz ging es um die Frage, ob Athen in der Euro-Zone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt - mit unabsehbaren Folgen. Deshalb schauten sowohl die EU als auch die internationalen Finanzmärkte mit bangem Blick auf den Ausgang der Schicksalswahl. Die Nervosität an den Finanzmärkten ist nicht nur wegen Griechenland, sondern auch angesichts der Probleme in Spanien und Italien extrem hoch.

EU-Granden und Merkel erleichtert
Bei der Europäischen Union zeigte man sich erleichtert über den Wahlausgang. "Wir begrüßen heute den Mut und die Ausdauer der griechischen Bürger", erklärten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Sonntagabend. "Wir hoffen, dass die Wahlergebnisse rasch die Bildung einer Regierung erlauben."

Die Euro-Finanzminister erwarten von einer neuen Regierung in Griechenland die Fortführung des vereinbarten Spar- und Reformprogramms. Dem Vernehmen nach gab es intensive Kontakte zwischen den obersten Kassenhütern. Sparkurs und Strukturreformen seien "Griechenlands beste Garantie, die gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu überwinden und eine erfolgreichere Zukunft in der Euro-Zone zu haben", hieß es in der Erklärung. Und weiter: "Die Euro-Gruppe bekräftigt ihr Engagement, Griechenland bei der Anpassung zu helfen."

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Samaras telefonisch zum "guten Wahlergebnis". Wie eine Regierungssprecherin in Berlin mitteilte, habe die Kanzlerin dabei aber auch deutlich gemacht, dass sie davon ausgehe, dass sich Griechenland an seine europäischen Verpflichtungen halte. Für Finanzminister Wolfgang Schäuble hat das mit Griechenland gemeinsam erarbeitete und vereinbarte Reformprogramm nur einen Zweck: Griechenland zurück auf den Weg wirtschaftlicher Prosperität und Stabilität zu führen. "Der Weg dorthin ist weder kurz noch leicht, aber er ist unvermeidlich. Und er eröffnet dem griechischen Volk die Perspektive auf eine bessere Zukunft", ließ Schäuble mitteilen.

Deutschland ist der größte einzelstaatliche Geldgeber des finanziell schwer angeschlagenen griechischen Staates im Rahmen von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, die auf harte Sparauflagen im Gegenzug für das im März vereinbarte Rettungspaket über 130 Milliarden Euro bestehen.

Geldgeber-Troika vor Athen-Besuch
Nach der Wahl in Griechenland steht die Geldgeber-Troika bereit, sofort nach Athen zu reisen, sobald dort eine Regierung gebildet ist. Es sei aber schon jetzt absehbar, dass Griechenland "einen erheblichen Rückstand" bei den zugesagten Reform- und Sparanstrengungen habe, berichtete die deutsche "Bild"-Zeitung am Montag unter Berufung auf diplomatische Kreise in Brüssel.

Das Haushaltsdefizit sei größer als geplant, und bei den Privatisierungen und der Verbesserung der Steuereinnahmen sei in den vergangenen Wochen "so gut wie nichts geschehen".

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