Nordkorea-Funktionär

“Setzen Atomwaffen ein, wenn USA uns zwingen”

Ausland
07.05.2015 19:39
Dem Nachrichtensender CNN International ist in Nordkorea ein seltener Interview-Coup gelungen: Journalist Will Ripley traf in Pjöngjang den hochrangigen Funktionär Park Yong Chol, der Spekulationen über Massenhinrichtungen politischer Gegner von Machthaber Kim Jong Un zurückweist - und die USA in Reichweite des Atomwaffenarsenals des kommunistischen Landes sieht. Die nukleare Option würde Nordkorea Park zufolge auch auf jeden Fall nützen, sollte das Land von den USA dazu gezwungen werden. Die Tatsache, dass Interviews mit westlichen Medien in dem Regime von höchster Seltenheit sind, verleiht seinen Aussagen umso mehr Gewicht.

Park Yong Chol ist stellvertretender Direktor des nordkoreanischen "Instituts zur Erforschung der Wiedervereinigung". Laut CNN-Bericht hat der Thinktank engste Verbindungen in die höchsten Führungskreise. Umso überraschender sei es für die westlichen Journalisten gewesen, zu einem Interview mit dem Vize-Chef der Einrichtung nach Pjöngjang eingeladen zu werden. Einschränkungen, etwa Vorgaben bei der Auswahl der Themen, habe es bei dem Termin laut dem Nachrichtensender nicht gegeben.

Funktionär spricht ungern mit westlichen Medien
So stellt sich Park dann, mit Wandgemälden der beiden Staatsführer Kim Il Sung und Kim Jong Il im Hintergrund, rund zwei Stunden lang den Fragen von CNN-Korrespondent Will Ripley - allerdings nicht ohne zu Beginn des Gesprächs zu erklären, dass er eigentlich ungern mit westlichen Medien spreche. Diese würden Lügen über sein Land verbreiten, so der Funktionär.

Ripley kommt dann gleich zur Sache und spricht die Berichte südkoreanischer Geheimdienste an, wonach Machthaber Kim Jong Un persönlich seit Anfang des Jahres die Exekution von 15 hochrangigen Regierungsvertreten, darunter auch ein Vize-Minister, anordnen habe lassen - weil diese die Politik des kommunistischen Regimes kritisiert hätten. Der Geheimdienst Südkoreas soll die Hinrichtungen als Beweis für den "rücksichtslosen Führungsstil" des seit Ende 2011 herrschenden Kim bezeichnet haben.

Exekutionsvorwürfe "bösartige Verleumdung"
Park nennt die Vorwürfe des südlichen Nachbarn eine "bösartige Verleumdung". Besonders empörend sei dabei, dass versucht werde, die Vorwürfe in Verbindung mit dem "erhabenen Namen unseres höchsten Führers Marschall Kim Jong Un" zu bringen. Generell dementiert werden politisch motivierte Exekutionen aber von dem Funktionär nicht, der klarstellt: "Es ist für jedes Land sehr normal, gegen feindliche Elemente vorzugehen, sie zu bestrafen und zu exekutieren."

Die Existenz von politischen Inhaftierungslagern, die mittlerweile auch durch Satellitenaufnahmen nachgewiesen wurden, verneint Park - wie es für die Politik des kommunistischen Regimes üblich ist. Seinen Angaben zufolge würden bloß Umerziehungslager für "normale Kriminelle", nicht für politische Häftlinge, existieren. Jedoch wird in dem Interview schnell klar, dass es sich dabei um eine reine Frage der Definition handelt. "In unserer Gesellschaft gibt es keine politischen Gegner oder Fraktionen", erklärt Park dazu. Daher gebe es auch den Begriff "politischer Gefangener" nicht.

Berichte über Inhaftierungslager "stammen von Verrätern"
Die Berichte über die Inhaftierungslager stammten demnach von "Verrätern", die von den USA und Südkorea dazu verleitet oder gezwungen worden seien. "Manche der Verräter sind Kriminelle, die aus dem Land geflüchtet sind. Sie haben sich Verbrechen gegen den Staat schuldig gemacht. Deshalb mussten sie fliehen", so Park. "Und jetzt sind sie in Südkorea und denunzieren unsere Regierung, weil sie keine andere Wahl haben."

Was die Einhaltung der Menschenrechte betrifft, will Park die Kritik an Nordkorea nicht gelten lassen: "Wenn Sie über Menschenrechte in meinem Land sprechen wollen, dann werde ich über Menschenrechte in den USA sprechen." Er verweist dabei auf die jüngsten Unruhen, die eskalierten, nachdem Polizisten in mehreren Fällen Schwarze getötet hatten. "Sie haben Rassenunruhen, da so viele Schwarze von der Polizei getötet worden sind." Zudem würden in US-Gefängnissen neue Foltertechniken angewandt. Dies hätten seinen Worten zufolge sogar der US-Präsident und hochrangige US-Beamte eingestanden.

Nukleare Langstreckenraketen könnten auch USA treffen
Ein weiteres brisantes Thema bringt Ripley ebenfalls aufs Tapet: die nukleare Option. Auf das Atomwaffenprogramm seines Landes angesprochen, erklärt Park, dass Nordkorea über nukleare Langstreckenraketen verfüge, die auch die USA treffen könnten. Die Frage, ob Pjöngjang auch gewillt sei, sie einzusetzen, bejaht der Funktionär. Zusatz: "Wenn wir von den USA dazu gezwungen werden."

Laut Park habe Nordkorea trotz der internationalen Sanktionen keine andere Wahl, als sein Atomwaffenprogramm weiterzuführen - um der ständigen Bedrohung durch die USA entgegentreten zu können. "Wir haben viel Geld in unsere nukleare Verteidigung gesteckt", so Park. Es gehe demnach um hohe Summen, die stattdessen auch in die Wirtschaft hätten fließen können. Nordkorea habe aber die richtige strategische Entscheidung getroffen, ist er überzeugt.

Sein Land lobt Park am Ende des Gesprächs als "politische, ideologische und militärische Großmacht". Das letzte verbleibende Ziel sei es, "die Volksrepublik zu einer starken Wirtschaftsmacht zu machen". Dazu müsse Nordkorea allerdings seine Verbindungen zur internationalen Gemeinschaft verbessern, räumt der Funktionär ein.

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