Drama in den USA

Richtet Georgia geistig behinderten Häftling hin?

Ausland
17.02.2013 14:32
Aufregung in den USA: In Georgia steht ein Mann vor der Hinrichtung, der nach Angaben seiner Anwälte die geistigen Fähigkeiten eines Zwölfjährigen besitzt. Die grausame Ironie dabei: Hätte Warren Lee Hill (Bild re.) den ihm zur Last gelegten Mord in einem anderen US-Bundesstaat verübt, wo es ebenfalls die Todesstrafe gibt, dürfte er dennoch weiterleben. Denn nur in Georgia gelten jene strikten Maßstäbe, die Hill nach bisherigem Stand am Dienstagabend in die Hinrichtungskammer bringen werden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich eingeschaltet, und auch Ex-Präsident Jimmy Carter - ein "Sohn" Georgias - hat eindringlich dazu aufgerufen, den Delinquenten zu verschonen.

Bereits im Sommer vergangenen Jahres widmete die "New York Times" Warren Hill einen ganzen Leitartikel und warnte, dass eine Hinrichtung gegen die Verfassung verstoßen würde. Auch Angehörige des Mordopfers wollen, dass Hill, der heute in den Fünfzigern ist, begnadigt wird. Und: Geschworene im damaligen Prozess im Jahr 1991 sagen nun, dass sie eine lebenslange Haftstrafe vorgezogen hätten - doch diese Option gab es seinerzeit nicht.

Streit um Definition von geistiger Behinderung
Die Hinrichtung von geistig Behinderten ist in den USA seit 2002 verboten. Da entschied das höchste Gericht der Nation, dass derartige Exekutionen "grausame und ungewöhnliche Bestrafungen" und damit verfassungswidrig seien. Nur: Zu den Kriterien bei der Feststellung einer geistigen Behinderung sagten die Richter nichts. So legte Georgia denn seine eigenen fest. Demnach muss geistige Behinderung in Todesstrafen-Rechtsfällen "jenseits aller Zweifel" nachgewiesen werden, um eine Verschonung zu rechtfertigen.

Und genau da liegt Hills Problem: Er hat einen Intelligenzquotienten von 70, was laut Experteneinschätzung die Grenze zwischen geistiger Behinderung und einem niedrigen Intelligenzgrad darstellt. Die Verteidigung argumentiert, dass es schon zu Hills Schulzeiten Zeichen für eine Behinderung gegeben habe und beruft sich dabei auf Angaben einstiger Lehrer.

Drei Gutachter, die Hills Kapazitäten im Jahr 2000 im Auftrag des Staates untersuchten, kamen zu dem Schluss, dass der Mann nicht als geistig behindert einzustufen sei. Wie jedoch die Zeitung "Atlanta Journal-Constitution" am Sonntag berichtete, änderten sie kürzlich rückwirkend ihre Meinung - zum Teil mit der Begründung, dass die Untersuchungen damals oberflächlich gewesen seien. Tatsächlich befand auch im Jahr 2002 ein Richter in Georgia, dass es eine "Mehrheit von Hinweisen" auf eine geistige Behinderung Hills gebe. Georgias Nachweis-Anforderungen seien unfair, weil sie Hinrichtungen in Zweifelsfällen zuließen. Aber das höchste Gericht des Staates widersprach und gab grünes Licht für die Exekution.

Hill stand bereits im Juli 2012 kurz vor einer Exekution. Dann wurde die Hinrichtung wegen eines Streits um die Gift-Methode ausgesetzt. Jetzt stützen sich die letzten Hoffnungen darauf, dass der Meinungswandel der Gutachter den staatlichen Begnadigungsausschuss oder das von Hills Anwälten angerufene höchste US-Gericht zur Verschonung bewegt.

Freundin ermordet und Mithäftling erschlagen
Die Gegenseite verweist dagegen auf die enorme und anscheinend voll geplante Brutalität des Verbrechens. Hill war zunächst wegen Mordes an seiner 18-jährigen Freundin 1986 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Gefängnis erschlug er dann 1991 einen Mithäftling - mit einem Brett, das er vorher mit Nägeln gespickt hatte. Das trug ihm dann die Todesstrafe ein.

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