In Afghanistan

Polizist erschießt deutsche Fotoreporterin

Ausland
04.04.2014 12:28
Ihr Leben war der Krieg: Die wohl bekannteste deutsche Fotoreporterin Anja Niedringhaus ist am Tag vor den Präsidentschaftswahlen in Afghanistan von einem Polizisten erschossen worden. Ihre kanadische Kollegin Kathy Gannon wurde schwer verletzt in ein Spital gebracht. Niedringhaus dürfte sofort tot gewesen sein. Noch am Tag vor ihrem Tod hatte die Deutsche Bilder mit Eindrücken vom Land am Hindukusch an ihren Arbeitgeber, die US-Nachrichtenagentur AP, übermittelt.

Die beiden Reporterinnen waren zur Berichterstattung über die am Samstag stattfindende afghanische Präsidentenwahl in die Provinz Chost gereist. Am Freitag waren sie mit einem Wahlkonvoi unterwegs, der Wahlzettel aus der Provinzhauptstadt Chost-Stadt in die Randgebiete liefern sollte. Der Konvoi wurde durch die afghanische Armee und Polizei geschützt. Die Frauen saßen in ihrem eigenen Auto, in dem auch ein Fahrer und ein freier Mitarbeiter von AP-Television mitfuhren.

Polizist rief "Allahu Akbar" und eröffnete Feuer auf Wagen
Der Schütze soll Kommandant eines Polizei-Checkpoints vor dem Büro des Distriktgouverneurs gewesen sein. Alle hätten vor dem Vorfall auf dem schwer bewachten Gelände darauf gewartet, dass sich der Konvoi in Bewegung setzt, schilderte der AP-Mitarbeiter die dramatischen Momente.

Plötzlich sei der Kommandeur auf das Auto zugerannt, in dem Niedringhaus und ihre kanadische Kollegin saßen. Er brüllte "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") und eröffnete mit seiner Kalaschnikow das Feuer auf die Frauen im Fond des Pkw. Der Polizist wurde danach widerstandslos festgenommen. Der einheimische Fahrer blieb unverletzt. Es handle sich um einen "sehr tragischen Vorfall". Das Innenministerium in Kabul teilte mit, der Schütze werde verhört.

Von der New Yorker Associated-Press-Zentrale wurde der Tod von Niedringhaus bestätigt. Mittlerweile hat sich auch die deutsche Regierung in den Fall eingeschaltet. Die Botschaft in Kabul sei "mit Nachdruck um Aufklärung bemüht", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Fotoreporterin 2005 mit Pulitzerpreis ausgezeichnet
Niedringhaus arbeitete seit 2002 für die AP. 2005 gewann sie gemeinsam mit einem Team an AP-Fotografen den Pulitzerpreis in der Kategorie Breaking-News-Fotografie für ihre Berichterstattung aus dem umkämpften Falluja. Die 49-Jährige war die wohl bekannteste deutsche Kriegsfotografin und hatte große Erfahrung mit der Arbeit in Krisengebieten wie Afghanistan, Libyen, dem Irak und Bosnien. 2010 war sie in Afghanistan verletzt worden.

"Anjawar eine lebhafte, dynamische Journalistin, die wir alle wegen ihrer einfühlsamen Aufnahmen (eine Auswahl ihrer Afghanistan-Aufnahmen finden Sie in der Bildergalerie), ihrer Warmherzigkeit und ihrer Liebe zum Leben sehr mochten", erklärte AP-Chefredakteurin Kathleen Carroll in New York. In einem Interview mit der deutschen "FAZ" sagte Niedringhaus einmal: "Natürlich, Angst gehört dazu. Das ist der natürliche Schutz. Wer sagt, er habe keine Angst... da stimmt etwas nicht."

Lage in Afghanistan vor Wahlen angespannt
Im vergangenen Monat war ein schwedischer Reporter in Kabul auf offener Straße erschossen worden. Kurz danach war unter den Opfern eines Taliban-Angriffs auf das Serena-Hotel in Kabul ein afghanischer Reporter der französischen Nachrichtenagentur AFP, auch ein Großteil seiner Familie wurde getötet. Die Sicherheitslage in Afghanistan vor der Wahl ist extrem angespannt.

Seit 2002 wurden nach Angaben von Reporter ohne Grenzen mindestens 19 Journalisten in Afghanistan getötet. Vor allem im Süden und Osten des Landes seien sie gefährdet. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz 128 von 180.

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