Kampf gegen Elemente

Adria-Inferno: Eiskalte Nachtschicht für Retter

Ausland
28.12.2014 21:12
Die Rettungsaktion für die beinahe 500 Menschen an Bord der brennenden Adria-Fähre "Norman Atlantic" ist am Sonntagabend voll angelaufen. Die italienischen Behörden versprachen einen unermüdlichen Nonstop-Einsatz trotz Dunkelheit, Orkanböen und dementsprechend rauer See. Einer der fünf Österreicher an Bord konnte am Abend gerettet werden, es gibt aber auch mindestens ein Todesopfer zu beklagen.

Paarweise fliegen die italienischen Hubschrauber die Hunderten Menschen an Bord der brennenden Autofähre in Sicherheit. Das Tempo der Rettungsaktion für die bereits seit der vorangegangenen Nacht festsitzenden Passagiere und Crewmitglieder ist trotz des Großeinsatzes von Rettungskräften und -materialien schleppend: Von zunächst 56 stieg die Zahl der Geretteten im Lauf des Sonntags zuletzt immerhin auf 165. Damit warteten jedoch immer noch mehr als 300 Menschen an Bord auf ihre Evakuierung.

"Wir werden verbrennen wie die Mäuse", schilderte ein eingeschlossener Passagier bereits am Vormittag die dramatische Lage auf dem Schiff. Am Abend wurde ein erstes Todesopfer gemeldet: Ein Grieche kam bei einem verzweifelten Sprung ins Meer ums Leben. Seine Frau überlebte.

Tiroler "unverletzt und wohlauf"
Laut Außenministerium waren fünf Österreicher an Bord der "Norman Atlantic". Ein Tiroler konnte in den Abendstunden gerettet werden, der Mann ist laut Ministerium "unverletzt und wohlauf". Er war wie 421 weitere Passagiere und 56 Crewmitglieder am Samstagabend im Hafen von Patras an Bord gegangen, von wo aus die "Norman Atlantic" in Richtung der italienischen Stadt Ancona aufbrach.

In der Nacht legte die Fähre der griechischen Linie ANEK einen Zwischenstopp auf der Adriainsel Korfu ein, kurz danach brach am Autodeck der verheerende Brand aus. Gut 60 Kilometer von der nahe Korfu gelegenen Insel Othonoi entfernt sendete die Besatzung ein erstes Notsignal. Mehrere Schiffe reagierten auf das SOS und eilten zum Unglücksort, außerdem wurden Rettungshubschrauber und ein Flugzeug entsandt.

Die wichtigsten Ereignisse vom Sonntag im krone.at-Überblick:

  • 20.30 Uhr: Die italienischen Behörden versprechen erneut, trotz Dunkelheit und unwirtlicher Bedingungen die ganze Nacht weiterarbeiten zu wollen.
  • 19.32 Uhr: Mittlerweile steht die Identität des bislang einzigen Todesopfers fest: Jener Mann, der bei einem Sprung ins Meer gestorben ist, war Grieche. Seine Leiche wurde laut italienischer Küstenwache bereits geborgen.
  • 19.29 Uhr: Das Feuer an Bord der "Norman Atlantic" sei "teilweise unter Kontrolle", sagt der griechische Marineminister laut der ARD. Er spricht von einer der komplexesten Rettungsaktionen in der Geschichte Griechenlands.
  • 19.26 Uhr: Die Rettungsmaßnahmen gehen trotz enormen Einsatzes nur schleppend voran. Nun heißt es, dass 165 Menschen evakuiert werden konnten. Damit sind weiterhin mehr als 300 Menschen an Bord der Fähre.
  • 18.53 Uhr: Doppelt gute Neuigkeiten aus dem österreichischen Außenministerium: Einer der Österreicher an Bord, ein Mann aus Tirol, ist in Sicherheit. Er wurde auf eines der um die "Norman Atlantic" kreuzenden Schiffe gebracht. Der Mann ist "unverletzt und wohlauf", sagt der Sprecher des Ministeriums. Zu Mittag hatte es geheißen, es seien insgesamt sechs Österreicher an Bord der Unglücksfähre. Mittlerweile habe sich herausgestellt, dass eine Person, die auf der Passagierliste geführt worden war, nicht an Bord gewesen sei - somit sind fünf Österreicher von der Katastrophe betroffen. Vier Landsleute seien weiterhin auf der "Norman Atlantic" und warten auf ihre Rettung, unter ihnen jener Salzburger, der im Zuge eines Hilfsprojekts nach Griechenland gereist war.
  • 18.02 Uhr: Laut italienischen Bloggern ist es der Crew des Schleppers "Marietta Barretta" nach stundenlangen Versuchen endlich gelungen, das Heck der brennenden Fähre zu vertäuen.
  • 17.34 Uhr: Nun ist es traurige Gewissheit: Mindestens ein Mann ist auf der "Norman Atlantic" ums Leben gekommen. Der Mann habe versucht, sich gemeinsam mit seiner Frau über eine Rutsche in ein Boot zu retten. Dabei sei er ins Wasser gefallen. Die Frau konnte gerettet werden, der Mann starb, berichten italienische Medien. Über die Staatsangehörigkeit des Todesopfers gibt es noch keine Angaben.
  • 17.11 Uhr: An der Unglücksfähre sollen wenige Tage vor der Katastrophe Mängel festgestellt worden sein, berichtet das griechische Staatsfernsehen. Eine Inspektion der Hafenbehörde von Patras habe am 19. Dezember unter anderem unzureichende Rettungsmittel ergeben - wie sich nur gut eine Woche später auf tragische Weise bewahrheiten sollte. Außerdem seien undichte Sicherheitstüren sowie Mängel bei der Notbeleuchtung entdeckt worden und es seien keine Evakuierungspläne ausgehängt gewesen. Die Reederei habe damals eine zweimonatige Frist zur Behebung bekommen.
  • 17.01 Uhr: Die Evakuierung aus der Luft läuft weiter nach Plan: Mittlerweile konnten 156 Menschen gerettet werden, teilt die griechische Küstenwache mit.
  • 16.54 Uhr: Die römische Nachrichtenagentur Adnkronos berichtet über ein Todesopfer an Bord der "Norman Atlantic". Die italienische Regierung dementiert umgehend.
  • 16.43 Uhr: Laut dem italienischen Verteidigungsministerium soll der Rettungseinsatz aus der Luft die ganze Nacht hindurch fortgesetzt werden.
  • 16.29 Uhr: Die Wetterbedingungen lassen endlich eine geordnete Evakuierung aus der Luft zu. Rettungshubschrauber holen seit Kurzem die Passagiere paarweise von der brennenden Fähre, teilen die griechischen Behörden mit. Die Teams arbeiten unter Hochdruck, um noch vor Einbruch der Dunkelheit möglichst viele Menschen in Sicherheit zu bringen. Jeder Transport dauert den Angaben zufolge rund 15 Minuten.
  • 16.23 Uhr: Um die Rettungsboote zu Wasser zu lassen, bräuchte es eine funktionierende Stromversorgung an Bord der "Norman Atlantic". Diese ist jedoch ausgefallen - wohl durch das Feuer, berichtet der Nachrichtensender n-tv.
  • 16.08 Uhr: Die Zahl der Geretteten steigt laut der griechischen Küstenwache auf mindestens 140.
  • 16.02 Uhr: Der griechische Marineminister erklärt, wie die Rettungsaktion derzeit abläuft: Die sieben Handelsschiffe, die rund um die "Norman Atlantic" im Meer kreuzen, versuchen, einen Windschutz zu bilden. Anschließend soll ein Tau an der Fähre befestigt und diese so in Richtung Küste geschleppt werden. Allerdings: "Die Wetterbedingungen sind so schlecht, dass wir außergewöhnlich viele Rettungskräfte brauchen", sagt der Sprecher der italienischen Marine.
  • 15.48 Uhr: Die Gesamtzahl der Betroffenen wird nach oben korrigiert: 478 Menschen seien auf der Fähre gewesen, als das Feuer ausbrach, bestätigen die griechischen Behörden - 422 Passagiere und 56 Crewmitglieder. Das erste SOS-Signal sei gegen 3 Uhr früh nach einem Zwischenstopp auf der Insel Korfu ausgesendet worden.
  • 15.45 Uhr: Die Hoffnung auf Wetterbesserung hat sich nicht erfüllt: Weiterhin fegen orkanartige Sturmböen mit bis zu 100 Stundenkilometern über die See hinweg, die die Wellen auf bis zu sechs Meter Höhe aufpeitschen.
  • 15.30 Uhr: Die mindestens 131 geretteten Passagiere sind von Hubschraubern auf Tanker und Frachter gebracht worden, berichtet das italienische Fernsehen. Derzeit seien sieben Schiffe neben der "Norman Atlantic" und warten darauf, dass der Sturm nachlässt, um Menschen von der brennenden Fähre an Bord zu nehmen.
  • 15.14 Uhr: Laut BBC und anderen Medien konnten bisher 131 Menschen von der Unglücksfähre gerettet werden. Damit verbleiben weiter mehr als 300 Personen an Bord.
  • 14.37 Uhr: Die ersten großen Rettungsschiffe haben die brennende Fähre erreicht, berichtet die deutsche "Tagesschau". Eine Evakuierung sei derzeit aufgrund des hohen Seegangs jedoch nicht möglich.
  • 14.29 Uhr: Einer der laut Außenministerium sechs Österreicher an Bord ist der Salzburger Erwin Schrümpf, berichtet der ORF. Er war zu Weihnachten mit einem humanitären Transport nach Griechenland aufgebrochen, um Hilfsgüter - Teddybären, Spielsachen und Medikamente - für eine Kinderkrebsstation in Patras zu liefern. "Er hat minlandhilfe Schweiz. Um 5.30 Uhr habe ihn der Salzburger außerdem angerufen, die Verbindung sei jedoch sehr schlecht gewesen. "Wir machen uns große Sorgen um ihn. Es gibt keine klaren Informationen."
  • 13.59 Uhr: An Bord sind mindestens 18 Deutsche, berichtet das Nachrichtenmagazin "Focus".
  • 13.34 Uhr: Bis Mittag wurden 56 Menschen von Bord der "Norman Atlantic" geholt, teilen die griechischen Behörden mit. Mittlerweile ist auch die Rettung aus der Luft angelaufen. Laut italienischen Medien wurden mindestens acht Menschen, darunter drei Kinder, mit einem Hubschrauber ausgeflogen und ins süditalienische Lecce gebracht. Sie seien unterkühlt, ansonsten gehe es ihnen den Umständen entsprechend gut.
  • 13.28 Uhr: Das Feuer ist laut dem Kapitän mittlerweile unter Kontrolle, meldet die Nachrichtenagentur Ansa. Es sei auf Brücke 5 beschränkt.
  • 13.23 Uhr: Das italienische Fernsehen berichtet von dramatischen Szenen, die sich bei der Rettungsaktion abgespielt haben: Bilder zeigen Menschen, die sich im Wasser an kleinen Gegenständen festklammern, und riesige schwarze Rauchsäulen, die in den Himmel steigen. Im Hintergrund bäumen sich Wellen auf.
  • 12.20 Uhr: Auch gut fünf Stunden nach Beginn des Infernos sind immer noch rund 300 Personen an Bord, berichten griechische und italienische Medien. Die Wetterbedingungen für die Evakuierung sind unwirtlich: Hohe Wellen und Sturm bis Stärke 8 machen den Einsatzkräften zu schaffen.
  • 11.43 Uhr: "Unsere Schuhsohlen begannen zu schmelzen", sagt ein geretteter Passagier dem griechischen TV-Sender Mega. Weitere Passagiere melden sich via Handy von der brennenden Fähre und schildern im Radio ihre Notlage. "Niemand kann etwas machen", sagt ein Mann dem griechischen Radiosender Skai. Das Personal sei schlecht ausgebildet, die Menschen seien verzweifelt und würden schreien. Die zur Rettung herbeigeeilten Schiffe kämen wegen der schweren See nicht heran. "Wir sehen fast nichts mehr vor Rauch. Wir werden verbrennen wie die Mäuse", so der Passagier.
  • 11.11 Uhr: Das Außenministerium gibt bekannt, dass laut Passagierliste sechs Österreicher an Bord der "Norman Atlantic" sind. Es habe bisher noch keinen direkten Kontakt zu den Landsleuten gegeben, teilt Sprecher Martin Weiss mit.
  • 9.22 Uhr: An Bord ist auch ein Tiroler, der sich in der Nacht telefonisch bei seinem in der Heimat verbliebenen Bruder gemeldet hat. Der Mann schildert erstmals die dramatische Lage: Der Brand dürfte gegen 5 Uhr ausgebrochen sein und habe sich rasch ausgebreitet, es gebe zu wenig Rettungsboote, sagt er seinem Bruder.
  • 7.30 Uhr: Die Rettungsarbeiten werden durch hohe Wellen und Sturm behindert.
  • 7.24 Uhr: Zusätzlich zu den mehr als 400 Passagieren sind 56 Besatzungsmitglieder an Bord der "Norman Atlantic". Einige Reisende konnten das Schiff verlassen.
  • 7.20 Uhr: "Brand auf griechischer Fähre in der Adria mit 411 Passagieren", lautet die erste Meldung über die Nachrichtenagenturen. Zu diesem Zeitpunkt wütet das Feuer, das offenbar auf dem mit rund 200 Fahrzeugen besetzten Autodeck ausbrach, wohl bereits seit mehr als zwei Stunden.

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