Schwere Politkrise

Partei von Präsident Marzouki verlässt Regierung in Tunis

Ausland
10.02.2013 16:47
Die Regierungskrise in Tunesien hat sich am Sonntag zugespitzt. Nach tagelangem Streit verließ die sozialliberale Partei Kongress für die Republik (CPR) von Präsident Moncef Marzouki die Regierung. Ministerpräsident Hamadi Jebali von der islamistischen Ennahda-Partei hatte bereits am Samstag seinen Rücktritt für den Fall angekündigt, dass eine von ihm geplante Regierungsumbildung scheitert. Innerhalb der Ennahda ist nun ein Richtungsstreit entbrannt.

Der Konflikt dreht sich um die Zusammensetzung des Kabinetts in Tunis. "Seit einer Woche sagen wir, dass wir uns aus der Regierung zurückziehen werden, wenn der Außen- und der Justizminister nicht ausgewechselt werden", sagte CPR-Mitglied Ben Amor. Die Entscheidung vom Sonntag habe jedoch nichts mit der Ankündigung Jebalis zu tun, ein neues Technokraten-Kabinett gründen zu wollen.

Die regierende Ennahda-Partei muss nicht nur den Verlust ihres Koalitionspartners hinnehmen. Auch innerhalb der islamistischen Bewegung entbrannte ein Richtungsstreit. Bis Mitte der kommenden Woche will der als moderat geltende Premier Jebali seine Kandidatenliste für ein Kabinett aus parteiunabhängigen Experten vorlegen. Der konservative Ennahda-Flügel um Parteichef Rachid Ghannouchi lehnt eine Technokratenregierung ab.

Einen Vergleich der aktuellen innenpolitischen Krise mit der Revolution von 2011, die zum Sturz von Langzeitherrscher Zine el-Abidine Ben Ali geführt hatte, wies Ennahda-Chef Ghannouchi zurück. "Chokri Belaid ist nicht Bouazizi, und ich bin nicht Ben Ali", sagte er gegenüber einer algerischen Zeitung. Dabei spielte er auf die Selbstverbrennung Mohamed Bouazizis 2010 an, die in Tunesien Massenproteste ausgelöst hatte. Nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Belaid am vergangenen Mittwoch war es in Tunesien erneut zu Unruhen gekommen (siehe Infobox).

Die Opposition wirft der Ennahda vor, hinter dem Attentat zu stecken. Ghannouchi bezeichnete die Anschuldigungen als absurd. Niemand in seiner Partei profitiere von der Ermordung Belaids. "Es ist sicher nicht im Interesse der regierenden Partei, den Boden, auf dem sie steht, in die Luft zu sprengen", sagte Ghannouchi. Die Vorwürfe zielten darauf ab, die Ennahda und ihre Mehrheit zu zerstören.

Marzouki will trotzdem wählen lassen
Trotz der angespannten Lage hält Präsident Marzouki an Parlaments- und Präsidentenwahlen noch in diesem Jahr fest. Die Wahlen könnten um zwei bis drei Monate auf einen Zeitraum zwischen Juni und Oktober verschoben werden, sagte Marzouki am Sonntag auf Al-Jazeera.

Tunesien werde stabiler, wenn es eine neue Verfassung, einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament habe, so das Staatsoberhaupt. Dann könnten die sozialen und wirtschaftlichen Probleme in Angriff genommen werden. Gründe für die aktuellen Schwierigkeiten seien die lange Übergangsperiode zur Demokratie und die schwache Regierung.

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