Scharfe Kritik

Obama: “Euro-Krise versetzt die Welt in Angst”

Ausland
27.09.2011 11:35
US-Präsident Barack Obama hat den EU-Staaten in einer Rede am Montagabend vorgeworfen, ihr Bankensystem nach der Finanzkrise von 2007 nicht in Ordnung gebracht und so die derzeitige Euro-Krise verursacht zu haben. Zusammen mit den Schuldenproblemen Griechenlands habe dies eine Krise ausgelöst, "die die Welt in Angst versetzt", so Obama. Indes wird in der EU fieberhaft über eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF sowie den Freigabetermin für die nächste Griechenland-Tranche diskutiert.

"In Europa haben sie sich nie ganz von der Krise von 2007 erholt und sich nie wirklich um die Schwierigkeiten gekümmert, denen ihr Bankensystem ausgesetzt war", sagte Obama bei einer Veranstaltung im kalifornischen Mountain View. So vernetzt wie die Welt sei, "trifft dies auch uns". Wenn es der Weltwirtschaft nicht gut gehe, habe Europa also seinen Anteil daran. Die EU-Staaten versuchten nun, "verantwortlich zu handeln", doch geschehe dies "nicht so schnell, wie es notwendig wäre", kritisierte der US-Präsident.

Bereits am Wochenende hatte US-Finanzminister Timothy Geithner Europa eindringlich zur Eindämmung der Schuldenkrise in der Euro-Zone aufgefordert. Die Belastungen von Staaten und Banken in Europa bezeichnete er als "das ernstzunehmendste Risiko für die Weltwirtschaft", außerdem zeigte er sich frustriert über das Krisenmanagement der Europäer. Es wird befürchtet, dass eine Verschlechterung der Situation in Europa zu einer Rezession in der bereits stagnierenden US-Wirtschaft führen könnte.

EU-Kommission begrüßt US-Aufforderung
Die EU-Kommission hat die Aufforderungen der US-Regierung an die Europäer, in der gegenwärtigen Euro-Krise entschlossen und rasch zu handeln, begrüßt. "Währungskommissar Olli Rehn hält die Beiträge von US-Finanzminister Timothy Geithner für sehr konstruktiv. Herr Geithner war sehr unterstützend gegenüber den europäischen Institutionen beim Management dieser Krise und im speziellen bei den IWF-Treffen", sagte ein Sprecher Rehns am Dienstag in Brüssel.

"Wir freuen uns, diesen sehr aktiven und regulären Dialog mit der US-Regierung und allen anderen Regierungen fortzusetzen, da es offensichtlich ist, dass diese Krise eine Auswirkung auf andere internationale Akteure hat. Es ist daher sinnvoll, dass sie ihre Meinung äußern", so der Kommissionssprecher, der betonte, dass Rehn Geithner zuletzt wöchentlich getroffen habe.

Nowotny: EFSF-Ausweitung wird diskutiert
Nationalbankchef und EZB-Rat Ewald Nowotny hat am Montag bei einer Veranstaltung an der Harvard-Universität in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts erklärt, er halte eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF für wahrscheinlich. "Wir diskutieren derzeit über eine Ausweitung dieses EFSF. Es ist mehr, als es jetzt ist, aber es dürfte nicht eine Billion Euro sein", so Nowotny. An den Finanzmärkten wurde zuletzt spekuliert, das Volumen des EFSF könne von 440 Milliarden auf bis zu zwei Billionen Euro erhöht werden.

Die Stärkung des Euro-Rettungsfonds soll zusätzlich zu der erst im Juli beschlossenen Ausweitung seiner Aufgaben erfolgen, erklärte ehn am Montag. Außerdem befürworte die EU-Kommission eine Erhöhung der Mittel in dem Fonds durch weitere Garantien. Der Euro-Rettungsfonds vergibt seit dem vergangenen Jahr Notkredite an hochverschuldete Euro-Länder. Wie die anderen Eurostaaten hatte Österreich zugesagt, die EFSF-Erweiterung bis Ende September beschließen zu lassen. Am Freitag stimmt das Parlament nun über die im Juli beschlossene Neuerungen ab.

Nächste Griechenland-Rate weiterhin offen
Weiter offen in der Euro-Krise ist, wann das hochverschuldete Griechenland mit der nächsten Überweisung aus seinem Programm mit Notkrediten rechnen kann. Mit einer Entscheidung bei einem Treffen der Euro-Finanzminister am kommenden Montag sei nicht zu rechnen, sagte ein Sprecher Rehns. Die Chefs der Expertengruppe, der sogenannten Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds, die vor jeder Auszahlung die Spar- und Reformbemühungen Griechenlands bewerten, sollten aber "bald" nach Athen zurückkehren, fügte er hinzu, ohne ein genaues Datum zu nennen.

Nach Abschluss der Prüfungen müsse jedoch noch der Bewertungsbericht verfasst werden. Daher sei ein Beschluss über die Freigabe der Rate bereits nächste Woche unwahrscheinlich. Die Auszahlung der Kreditrate über acht Milliarden Euro hängt von einer positiven Troika-Beurteilung ab.

Rehn selbst schilderte die Lage mit dramatischen Worten: "Jetzt ist für das Land der Moment der Wahrheit gekommen, es ist die letzte Chance, einen Kollaps der griechischen Wirtschaft zu vermeiden." Griechenland müsse nicht zahlungsunfähig werden, "und es wird auch nicht zahlungsunfähig werden", so der EU-Kommissar. Eine ungeordnete Insolvenz hätte nach seinen Worten gravierende politische und wirtschaftliche Folgen für Europa: "Eine Ansteckung würde schwer einzudämmen sein."

Erneute Regierungspleite in USA abgewendet
Indes ist kurz vor Obamas Rede am Montagabend ein erneuter Finanzkollaps der USA selbst fürs Erste abgewendet worden. Der Senat machte in Washington mit breiter Mehrheit den Weg für einen Übergangsetat bis Mitte November frei. Damit wird verhindert, dass der Regierung zum 1. Oktober - dem Beginn des neuen Haushaltsjahres 2012 - das Geld ausgeht und Bundesbehörden schließen müssen.

79 Mitglieder in dem mehrheitlich von Demokraten beherrschten Senat unterstützen einen entscheidenden Geschäftsordnungsantrag, der den Weg für einen Kompromiss freimacht. Lediglich zwölf Senatoren stimmten dagegen. Auch aus dem Repräsentantenhaus, wo die Republikaner die Mehrheit haben, wurde Zustimmung signalisiert. Allerdings stehen noch weitere Einzelentscheidungen in den nächsten Tagen an.

Es ist bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass eine Lahmlegung der Regierung und der Bundesbehörden drohte. Viele Ämter, Nationalparks und andere staatliche Einrichtungen hätten schließen und Bundesangestellte in einen Zwangsurlaub gehen müssen. Im Frühjahr und Sommer konnte eine solche Zuspitzung erst nach erbitterter Konfrontation zwischen Demokraten und Republikanern in letzter Minute abgewendet werden.

Enorme Schuldenlast von über 14 Billionen Dollar
Allerdings stehen weitere Finanzstreits bereits an. So muss bis Ende des Jahres entschieden werden, wie die USA ihre enorme Schuldenlast von über 14 Billionen Dollar langfristig abbauen wollen. Obama hat bereits klargemacht, dass er dabei neben Kürzungen im Sozialbereich auch auf höhere Steuern für die Millionäre beharren werde. Dagegen lehnen die Republikaner Steuererhöhungen kategorisch ab.

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