Mohammed-Karikatur

Niger: Tote und brennende Kirchen bei Protesten

Ausland
18.01.2015 09:26
Bei gewaltsamen Protesten gegen die neuen Mohammed-Karikaturen der französischen Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" sind im westafrikanischen Niger seit Freitag mindestens zehn Menschen getötet worden. Zahlreiche christliche Kirchen und Lokale wurden in Brand gesteckt. "Alles, was Frankreich versinnbildlicht, wird im Niger verschwinden, ehe wir aufhören", rief ein Angreifer in Niamey.

In der Hauptstadt Niamey starben am Samstag fünf Zivilisten, wie der nigrische Präsident Mahamadou Issoufou erklärte. Demnach wurden vier von ihnen in niedergebrannten Kirchen oder Bars getötet. Mindestens sieben Kirchen, darunter das größte protestantische Gotteshaus, waren laut Polizei angezündet worden.

Bereits am Vortag seien in Zinder, der zweitgrößten Stadt des westafrikanischen Landes, fünf Menschen getötet worden, fügte Issoufou hinzu. Zunächst war von vier Todesopfern und 45 Verletzten in Zinder die Rede gewesen. Am Samstag in der Früh sei aber in einer Kirche eine weitere verkohlte Leiche entdeckt worden, sagte der Staatschef.

300 Christen unter Polizeischutz
In Niamey kehrte am Samstagabend Augenzeugen zufolge wieder Ruhe ein. Hier waren am Tag neben mehreren Kirchen auch zahlreiche von Christen betriebene Geschäfte und Lokale zerstört worden. In Zinder standen am Samstag rund 300 Christen unter dem Schutz von Polizei und Armee. 225 von ihnen hielten sich in einer Kaserne auf, wie aus westlichen Sicherheitskreisen verlautete. Etwa 70 Christen seien in einer Kirche und würden dort von Sicherheitskräften beschützt, wie zwei der Betroffenen der Nachrichtenagentur AFP sagten.

Am Samstagabend riefen etwa 20 muslimische Rechtsgelehrte zur Ruhe auf. "Vergesst nicht, dass der Islam gegen Gewalt ist", sagten sie vor Fernsehkameras. Ähnlich äußerte sich Staatschef Issoufou in seiner Rede: "Die, die Gotteshäuser plündern, die sie entweihen, die ihre christlichen Landsleute oder Ausländer, die in unserem Land leben, verfolgen und töten, haben nichts vom Islam verstanden."

Botschaft rief zur Vorsicht auf
Die französische Botschaft hatte die Franzosen zu äußerster Vorsicht aufgerufen und davon abgeraten, das Haus zu verlassen. Der französische Außenminister Laurent Fabius erklärte, sein Land "verurteilt Gewaltanwendung". Zugleich sprach er den nigrischen Behörden seine "Solidarität" aus. Frankreichs Staatschef Francois Hollande hatte zuvor gesagt, die Meinungsfreiheit gehöre zu den wichtigsten Werten seines Landes.

Auch in anderen früheren französischen Kolonien wie Mali, dem Senegal und Mauretanien hatte es am Freitag Proteste gegeben, die aber friedlich verliefen. Ausschreitungen gab es dagegen in Algerien und auch in Pakistan. Kritik an den neuen Mohammed-Karikaturen kam auch aus Afghanistan und der russischen Kaukasus-Republik Inguschetien.

Mohammed am "Charlie Hebdo"-Titelblatt
Am Mittwoch war die erste Ausgabe des Satireblatts "Charlie Hebdo" seit den tödlichen Anschlägen zweier französischer Islamisten auf die Pariser Redaktion erschienen. Auf der neuen Ausgabe ist eine Darstellung Mohammeds zu sehen, der ein Schild mit dem weitverbreiteten Solidaritätsaufruf "Je suis Charlie" (Ich bin Charlie) hält. Über dem Mohammed-Bild steht: "Tout est pardonne" ("Alles ist vergeben").

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