Löst Juncker ab

Niederländer Dijsselbloem neuer Euro-Gruppen-Chef

Wirtschaft
22.01.2013 07:28
Der Niederländer Jeroen Dijsselbloem ist der neue Chef der Euro-Gruppe. Er folgt auf den Luxemburger Jean-Claude Juncker an der Spitze der 17 Euro-Finanzminister. Die Kassenhüter ernannten Dijsselbloem am Montagabend bei ihrem Treffen in Brüssel. Der Niederländer, der der einzige Kandidat war, übernimmt das Spitzenamt für zweieinhalb Jahre. Er ist der zweite ständige Präsident der Euro-Gruppe überhaupt.

Dijsselbloem, der erst seit drei Monaten Finanzminister der Niederlande ist, stammt aus einem Euro-Staat mit der Einsernote "AAA" bei den Ratingagenturen. Der 46-jährige Sozialdemokrat soll den Einfluss der reichen Mitgliedstaaten sichern und hat die ausdrückliche Unterstützung Deutschlands.

Die österreichische Ressortchefin Maria Fekter forderte, der Niederländer müsse die klassische "Hartwährungspolitik" seines Heimatlandes in dem Ministerklub fortführen. Dijsselbloem präsentierte bei dem Treffen bereits sein Arbeitsprogramm - seiner Ansicht nach sind Budgetsanierung und Wachstum keine Widersprüche.

"Neue Basis für Vertrauen"
Der auf dem Brüsseler Parkett unerfahrene Dijsselbloem sieht nach jahrelangen Turbulenzen wegen der Schuldenkrise Anzeichen für eine Beruhigung: "Es scheint eine neue Basis zu geben für Vertrauen in den Euro und die Euro-Zone", sagte er in Brüssel.

Den Finanzministern legte Dijsselbloem dar, welche Probleme und Herausforderungen er für die Euro-Zone sieht. In einem Positionspapier bemühte sich der Niederländer darum, die Verfechter von Haushaltsdisziplin ebenso zu befriedigen wie die Anhänger von Wachstumspolitik: "Angesichts der fundamentalen Herausforderungen, denen die Wirtschafts- und Währungsunion an diesem Punkt gegenübersteht, sollten wir unsere Aufmerksamkeit meiner Meinung nach intensiver auf die Wiederherstellung nachhaltigen Wachstums richten." Dafür seien jedoch gesunde Staatsfinanzen die Voraussetzung.

Dijsselbloem stellte klar, dass es "keine scharfe Linie" zwischen dem Norden und dem Süden der Euro-Zone geben dürfe. "Das ist definitiv nicht mein Ansatz", sagte der Niederländer. "Als Sozialdemokrat steht Solidarität an der Spitze meiner Prioritätenliste."

Spanien stimmte nicht für Dijsselbloem
Alle seine Kollegen konnte Dijsselbloem mit seiner Bewerbungsrede jedoch nicht überzeugen: Spaniens Finanzminister Luis de Guindos stimmte als einziger Vertreter nicht für den Niederländer. Dijsselbloem sagte, de Guindos habe ihm keine Gründe für die verweigerte Zustimmung genannt. Spanische Diplomaten begründeten die Entscheidung damit, dass die Regierung in Madrid zuletzt bei der Vergabe von finanzpolitischen Spitzenposten leer ausgegangen sei. Zudem habe Spanien gegen die Dominanz der als besonders kreditwürdig benoteten "AAA"-Länder protestieren wollen.

Juncker tritt nach acht Jahren ab
Der Luxemburger Juncker (58) hatte nach acht Jahren auf eigenen Wunsch hin den Posten geräumt. Er war seit 2005 der erste ständige Vorsitzende des exklusiven Währungsklubs. In dieser Zeit wurden die Hilfspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien geschnürt und der ständige Euro-Rettungsfonds ESM aus der Taufe gehoben. Monatelang war Junckers Nachfolge offen, im Gespräch für den Vorsitz waren unter anderem auch der französische Ressortchef Pierre Moscovici und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Der vielsprachige Juncker galt lange in Brüssel als im Grunde unersetzbar.

"Man wird mit einigem Abstand erst sehen, was dieser Mann für Europa und die Euro-Gruppe geleistet hat und mit welchem großen und immer wieder unermüdlichen Engagement er sich für Europa eingesetzt hat, um gemeinsame Lösungen zustande zu bringen", würdigte Schäuble die Arbeit Junckers. Dijsselbloem meinte, Juncker habe die Euro-Gruppe mit "seinem Verstand und seinem Herzen" geleitet.

In der Euro-Gruppe kommen monatlich die Finanzminister der 17 Euro-Staaten zusammen. Es ist in der Finanz- und Schuldenkrise zu einem der weltweit wichtigsten Entscheidungsgremien geworden. So entscheiden die Minister etwa über milliardenschwere Hilfsprogramme für pleitebedrohte Euro-Länder.

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