Nach blutiger Gewalt

Mehr als 500 Mursi-Anhänger zum Tode verurteilt

Ausland
24.03.2014 14:40
Bei einem Massenprozess in Ägypten sind am Montag 529 Anhänger des gestürzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi zum Tode verurteilt worden. Nach Angaben aus Justizkreisen sind 135 der Verurteilten in Haft, die anderen auf der Flucht. Unter den schuldig Gesprochenen sind zahlreiche Führungsmitglieder der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Islamisten die Teilnahme an gewalttätigen Protesten sowie Mord vorgeworfen. Neben den Hunderten Todesurteilen ergingen laut Justizangaben auch 16 Freisprüche. Ägyptische Menschenrechtler sprachen von einem Skandalurteil. Vor dem Gerichtsgebäude protestierten Angehörige gegen das Urteil. Noch nie zuvor in der Geschichte Ägyptens waren so viele Todesurteile auf einmal gefällt worden.

Blutige Zusammenstöße nach Mursi-Entmachtung
Die nun verurteilten Islamisten hatten im Sommer 2013 gegen die Entmachtung von Mursi durch das Militär demonstriert. Mursi-Anhänger hatten damals im ganzen Land ihrer Empörung über die Absetzung des gewählten Staatschefs Luft gemacht.

Nach der blutigen Zerschlagung ihrer Protestcamps in Kairo und Alexandria durch die Sicherheitskräfte mit mehr als 1.000 Toten kam es in der oberägyptischen Provinz Minia zu Unruhen mit Todesopfern. Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten den Mord an einem stellvertretenden Bezirks-Polizeikommandeur, Angriffe auf Regierungsgebäude und Brandschatzung von Kirchen der christlichen Kopten vor.

Massenprozess im Blitztempo
Das Verfahren wurde ungewöhnlich zügig durchgezogen: Die Verurteilungen erfolgten am zweiten Verhandlungstag. Die Verteidigung beanstandete, sie habe keine Gelegenheit gehabt, ihre Argumente vorzubringen. Gegen die Schuldsprüche in erster Instanz kann Einspruch erhoben werden.

Da die Anklageschrift mehr als 1.200 Personen betraf, war das Verfahren auf zwei Gruppen aufgeteilt worden. Der Fall von 600 weiteren Angeklagten soll am Dienstag verhandelt werden. Unter ihnen ist auch das Oberhaupt der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie (Bildmitte).

"Katastrophenurteil wirft Schatten auf ägyptische Justiz"
Menschenrechtler kritisierten das Urteil vom Montag scharf. "Selbst wenn es in der Berufung abgeändert werden wird, so wird dieses Katastrophenurteil einen Schatten auf die ägyptische Justiz werfen", sagte der Direktor des Arabischen Netzwerks für Menschenrechtsinformationen, Gamal Eid.

Auch in Österreich wurden die Todesurteile scharf verurteilt. "Gemeinsam mit unseren EU-Partnern setzen wir uns weltweit für die Abschaffung der Todesstrafe ein und lehnen Kollektivstrafen ab", sagte Außenminister Sebastian Kurz. "Wir rufen daher Ägypten auf, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um die Situation zu korrigieren und eine Hinrichtung zu verhindern". Die Grünen erklärten, der Prozess sei ein "verkleidetes Instrument zur brutalen Verfolgung politischer Gegner", es brauche nun eine EU-Reaktion dagegen.

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