Vizepräsident gibt zu

“Keiner kann den Krieg in Syrien gewinnen”

Ausland
17.12.2012 15:09
Mit ungewohnt offenen Worten rückt die syrische Führung vom Anspruch ab, den Bürgerkrieg in dem Land noch zu gewinnen. Weder die Truppen von Staatschef Bashar al-Assad noch die Rebellen könnten in dem Konflikt siegen, zitierte die libanesische Zeitung "Al-Achbar" am Sonntag Vizepräsident Faruk al-Sharaa (Bild).

Die Situation verschlechtere sich zunehmend. Um den Krieg zu beenden, sei die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit nötig, so al-Sharaa. Daher forderte er die Regionalmächte - unter anderem die Türkei und den Iran - und die Vereinten Nationen ebenfalls auf, sich an einer "historischen Lösung" des Konflikts zu beteiligen.

Sharaa ist der bisher ranghöchste Vertreter der Staatsführung, der öffentlich Zweifel am Sieg Assads äußert. Allerdings ist er selbst nicht an der Führung des Kampfes gegen die Aufständischen beteiligt. In dem Interview sagte er, Assad "macht kein Geheimnis daraus, dass er die Angelegenheit militärisch regeln will". In regierungsnahen Kreisen hieß es, Sharaa sei von Anfang an gegen ein militärisches Vorgehen gegen die Opposition gewesen.

Oppositioneller: "Sharaas Vorschlag kommt zu spät"
Walid al-Bunni, ein Veteran der syrischen Opposition, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Beirut, Sharaas Forderung komme zu spät. "Außerdem können wir nicht akzeptieren, dass Leute, die das syrische Volk töten, an der Macht bleiben", fügte er hinzu.

Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte derweil dem Radiosender RFI, das Ende der Regierung Assad sei nahe. Frankreich ist einer der schärfsten Assad-Kritiker und hatte als erstes westliches Land die oppositionelle Nationalkoalition als legitime Vertretung Syriens anerkannt.

Die Rebellen verzeichneten in jüngster Zeit deutliche Geländegewinne im Bürgerkriegsland. Die international weitgehend isolierte Führung in Damaskus versucht mit dem Einsatz der Luftwaffe, einen Sturz zu verhindern. Im Zuge eines Luftschlags auf das palästinensische Flüchtlingslager Yarmouk im Süden von Damaskus kamen am vergangenen Sonntag mindestens 25 Menschen ums Leben, zahlreiche weitere wurden verletzt (siehe Infobox).

UNO: "Auf Zivilisten zu zielen, ist ein Kriegsverbrechen"
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich über die eskalierende Gewalt zutiefst besorgt. Ban appellierte an alle Seiten, die Menschenrechte zu wahren und die Zivilbevölkerung zu schützen. "Auf Zivilisten zu zielen oder Militäraktionen in dicht besiedelten Gebieten vorzunehmen in einer diskriminierenden oder unverhältnismäßigen Art, ist ein Kriegsverbrechen." Insbesondere verwies er auf einen Angriff auf die Minderheit der Alawiten, dem bis zu 200 Menschen zum Opfer fielen. Präsident Assad gehört dieser Bevölkerungsgruppe an. Aktivisten machten die Regierungsarmee verantwortlich.

In dem seit März 2011 anhaltenden Konflikt sind bisher schätzungsweise 40.000 Menschen getötet worden. Die Zahl der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern werde laut UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bald 1,1 Millionen erreichen. Pessimistischere Prognosen gehen sogar von einem Anstieg auf bis zu 1,8 Millionen in den kommenden sechs Monaten aus, sagte der deutsche UNHCR-Sprecher Stefan Telöken am Montag im Sender SWR. Jeden Tag werden in der Türkei, im Libanon und in Jordanien Tausende Menschen als Flüchtlinge registriert.

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