Haftprüfungstermin

Kapitän Schettino: “Bin unglücklich in Boot gestürzt”

Ausland
18.01.2012 19:26
Francesco Schettino, Kapitän des Unglückskreuzers "Costa Concordia", ist am Mittwoch aus der U-Haft entlassen und wegen Fluchtgefahr unter Hausarrest gestellt worden. Bei der Haftprüfung erklärte der 52-Jährige, dass er zur Zeit des Unfalls das Kommando gehabt habe. Bei einem Manöver, das "Die Verneigung" genannt wird, habe er schwere Fehler gemacht, die schließlich zu dem Unglück führten. Eine Flucht vom Schiff bestritt er. Vielmehr sei er bei der Evakuierung "ausgerutscht und in ein Rettungsboot gestürzt". Eine Rückkehr an Bord sei dann nicht mehr möglich gewesen.

Der Kapitän, seit 2006 im Dienst der Rederei Costa Crociere, gab zu, dass er am Freitag vor der Insel Giglio "Die Verneigung" (ein Video eines solchen Manövers aus dem August 2011 findest du hier) vollführen wollte. Bei diesem fährt das Schiff mit voller Beleuchtung und unter Einsatz von Sirenen knapp an der Küste entlang. Damit wollte Schettino einen befreundeten Kapitän grüßen, mit dem er telefonierte.

"Ich war Opfer meiner Gedanken"
"Das Manöver war schon beim Start in Civitavecchia beschlossen worden, doch ich habe einen Fehler gemacht. Ich kenne die Strecke gut und ich hatte das Manöver schon drei- oder viermal vollführt. Diesmal bin ich in zu seichtes Wasser geraten. Ich weiß nicht, warum das passiert ist. Ich war Opfer meiner Gedanken", sagte Schettino den Ermittlern bei der dreistündigen Anhörung am Dienstag.

Nach dem Aufprall sei das Verhalten des Kapitäns jedenfalls absolut korrekt gewesen, erklärte sein Anwalt, Bruno Leporatti, der Nachrichtenagentur AFP: "Der Kapitän verteidigte seinen Einsatz nach der Kollision, der seiner Meinung nach Hunderten bzw. sogar Tausenden Menschen das Leben gerettet hat." Der 52-Jährige habe nach dem Aufprall des Schiffes ein "kühles Köpfchen bewahrt" und ein "brilliantes Manöver vollzogen".

Schettino: "Ausgerutscht und ins Rettungsboot gestürzt"
Eine Flucht von Bord, wie viele Medien dem Kapitän vorgeworfen hatten, bestritt Schettino: "Die Passagiere drängten sich am Deck, um auf die Rettungsboote zu kommen. Ich hatte nicht einmal eine Schwimmweste an, weil ich sie einem Passagier gegeben hatte. Ich versuchte, die Passagiere in die Schaluppen zu bringen. Doch plötzlich hat sich das Schiff um 70 Grad geneigt, ich bin ausgerutscht und in ein Rettungsboot gestürzt", rechtfertigte sich der 52-Jährige.

Wegen der starken Neigung des Schiffes habe er dann nicht mehr auf die "Costa Concordia" zurückkehren können. Er habe jedoch die Evakuierungsaktion unweit des Schiffes koordiniert. Der Staatsanwalt hingegen bestritt die Version Schettinos, derzufolge er nicht mehr an Bord zurückkehren konnte. Andere Besatzungsmitglieder seien demnach sehr wohl wieder an Bord gegangen, um den Passagieren zu helfen.

Telefonmitschnitte belasten den Kapitän
Am Dienstag war Schettino durch aufgezeichnete Telefonate (siehe Infobox), die er während der Evakuierung mit der Hafenmeisterei geführt hatte, schwer unter Beschuss gekommen. Bei den Gesprächen wurde ihm mehrmals befohlen, wieder zurück an Bord zu gehen. Bereits am Montag hatte der Staatsanwalt erklärt, Zeugen hätten bestätigt, dass der Kapitän, von vielen Medien als "Capitano criminale" bezeichnet, während des Rettungseinsatzes nicht immer an Bord war.

Nach dem Haftprüfungstermin stellte die Richterin von Grosseto, Valeria Montesarchio, Schettino jedenfalls unter Hausarrest. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Verlängerung der U-Haft gefordert. Dem 52-Jährigen werden mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und das Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Ein Drogentest soll in den nächsten Tagen klären, ob der Kapitän bei der Kollision unter Suchtgifteinfluss stand.

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