Mopedfahrer spricht

Kampf mit Nizza-Täter: “Ich war bereit zu sterben”

Ausland
22.07.2016 14:18

Ein Mopedfahrer, der beim Anschlag in Nizza den Lastwagen aufzuhalten versuchte, hat erstmals ausführlich die dramatischen Momente auf der Uferpromenade beschrieben. "Ich habe ihn wieder und wieder mit all meiner Kraft geschlagen. Ich wollte ihn um jeden Preis stoppen und war bereit zu sterben", sagte der Mann namens Franck der Zeitung "Nice Matin" über den Kampf mit dem Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel, bei dem er einen Rippenbruch und schwere Rückenprellungen erlitt.

Ursprünglich war der Mopedfahrer mit seiner Frau auf die Uferpromenade gekommen, um das Feuerwerk zum Nationalfeiertag am 14. Juli zu sehen. Sie seien aber zu spät eingetroffen, weshalb sie kehrtmachten, um ein Eis essen zu fahren, so Franck. Dann habe es in der Menschenmenge eine Bewegung gegeben, der Lastwagen sei von hinten angekommen.

Video: So verfolgte der Mopedfahrer den Attentäter

"Sehe noch immer Körper durch die Luft fliegen"
"Er überholte auf dem Gehweg, mit Volldampf. Ich sehe noch immer die Körper durch die Luft fliegen. Ich habe sofort begriffen und beschlossen, schneller zu fahren", berichtete Franck. Daher habe er seiner Frau gesagt, sie solle absteigen.

Franck ist auf Videoaufnahmen zu sehen, wie er mit seinem Motorroller neben dem weißen Kühllastwagen fährt, bevor er stürzt. Auf den Aufnahmen scheint es, als sei er unter die Räder geraten, doch in Wirklichkeit gelang es ihm, neben dem Lastwagen herzulaufen und auf das Trittbrett der Fahrertür zu springen. Bei dem Anschlag wurden 84 Menschen getötet, bevor der Attentäter von der Polizei erschossen wurde. Mehr als 300 Personen wurden verletzt, zwölf davon befinden sich weiter in Lebensgefahr, wie die Behörden am Freitag mitteilten.

"Ich war wie in Trance - und zugleich vollkommen klarsichtig", sagte der Flughafenangestellte über die entscheidenden Momente. "Ich wusste nicht, was ich tat, doch gelang es mir, mich an die Tür zu hängen." Das Fahrerfenster stand offen, so dass er sich von Angesicht zu Angesicht dem Attentäter gegenüber fand.

Waffe des Attentäters funktionierte nicht
"Ich habe ihn mit voller Kraft mit der Linken geschlagen, obwohl ich eigentlich Rechtshänder bin." Der Attentäter habe eine Waffe in der Hand gehalten, die aber nicht funktionierte. "Ich war bereit zu sterben, um ihn aufzuhalten." Da es ihm nicht gelungen sei, die Tür zu öffnen, habe er versucht, den Attentäter aus dem Fenster zu ziehen. Der habe ihm mit der Waffe auf den Kopf geschlagen. "Das wurde genäht", so Franck.

Außer Franck versuchte in der Anschlagsnacht von Nizza auch ein Radfahrer namens Alexandre, sich an der Fahrertür des Lastwagens festzuklammern - doch ließ er wieder los, als er den Lauf der Pistole auf sich gerichtet sah.

Ermittler: Attentäter hatte Komplizen
Mittlerweile steht fest, dass der Attentäter seine Tat mithilfe von mindestens fünf Komplizen geplant hatte. Der Tunesier habe Unterstützung bei der Vorbereitung des Anschlags gehabt, sagte der Pariser Staatsanwalt Francois Molins am Donnerstag. Mindestens zwei Personen hatten Bouhlel in seinem Lkw besucht. Das beweisen Fotos aus Sozialen Netzwerken (siehe unten). Ein Bild zeigt den Attentäter neben einem Mann in einem Fußballtrikot von Paris St. Germain. Hinter ihnen steht der weiße Lastwagen. Ein anderes Selfie zeigt den Attentäter auf dem Fahrersitz des Trucks, wie er einen Mittelfinger in Richtung Windschutzscheibe hält. Auf dem Beifahrersitz reckt ein anderer Mann die Faust in die Höhe.

Bisher fünf Verdächtige in Haft
Bisher wurden fünf Personen verhaftet, darunter auch die beiden Männer auf den Fotos - der 37-jähriger Tunesier Choukri C. und der 40 Jahre alte Franko-Tunesier Mohamed Walid G. Ihnen und einem weiteren Franko-Tunesier, Ramzy A. (21), wird Beihilfe zum Mord im Zusammenhang mit einem Terrorakt vorgeworfen. Einer der drei soll dem dem Attentäter die Waffe besorgt haben, mit der er um sich geschossen hatte. Auch ein Paar aus Albanien, das bei der Beschaffung der Pistole geholfen hatte, sitzt in Haft - Artane H. (38) und Enkeledja Z. (42).

Anschlag monatelang vorbereitet
Dass der Anschlag lange vorbereitet worden war, beweisen auch Fotos auf dem Handy des Todeslenkers - von zwei Feuerwerken und einem Konzert auf der Strandpromenade von Nizza im Sommer 2015, der Fokus lag dabei stets auf der Menschenmenge. Außerdem wurde auf dem Handy eine SMS vom Verdächtigen Mohamed Walid G. gefunden, in der sich dieser im Jänner 2015 positiv über den islamistischen Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" äußerte: "Ich bin nicht Charlie... Ich bin zufrieden, sie wurden umgebracht von Allahs Soldaten, um die Arbeit zu beenden".

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