Plan für Gottesstaat

Irak: Das tödliche Netzwerk der ISIS-Islamisten

Ausland
22.06.2014 19:43
Sie träumen von einem streng gottesfürchtigen Kalifat im Nahen Osten, zwischen Mittelmeerküste und Persischem Golf - die Grenzen ziehen die Kämpfer mit zielgerichteter Brutalität. Seit eineinhalb Wochen erobert die ISIS-Miliz im Irak immer mehr Orte, darunter die Millionenstadt Mossul. Die Methoden schwanken zwischen Gräueltaten und Kuschelkurs mit der ansässigen Bevölkerung, mittlerweile gilt die ISIS als reichste Terrorgruppe der Welt.

Zuletzt brachten Kämpfer der Islamisten-Miliz mit dem unmissverständlichen Namen "Islamischer Staat im Irak und in Syrien" einen strategisch wichtigen Ort an der Grenze zu Syrien unter ihre Kontrolle. In Syrien selbst, wo die Terrorgruppe im Bürgerkrieg mitmischt, kontrolliert ISIS weite Teile im Norden und Osten des Landes.

Zwischen Gräueltaten und Kuschelkurs
In den beiden Ländern agieren die Gotteskrieger jedoch unterschiedlich: Während sich in Syrien die Gräueltaten vor allem gegen die Bürger richten - Amnesty International berichtet von Exekutionen und Auspeitschungen selbst von Kindern -, buhlt ISIS im Irak um die Sympathien der Bürger.

Denn für den Vormarsch im Irak brauchen die Extremisten die Unterstützung des Volkes. Nach Meinung des Politikwissenschaftlers Yezid Sayigh vom Carnegie Middle East Center in Beirut war die Einnahme von Mossul nur möglich, weil sich die dortige sunnitische Bevölkerung von den Kämpfern mehr erhofft als von der schiitisch dominierten Regierung in Bagdad.

Bauen auf Saddam-Anhänger
Der Politologe ist sich sicher: ISIS hätte ohne sunnitische Verbündete im Land nie so einen schnellen Vormarsch geschafft. Die Dschihadisten würden vor allem von der Nakshbandi-Miliz unterstützt, sagt er. Diese besteht aus Baathisten - Parteigängern und alten Anhängern Saddam Husseins.

Im Irak kennen sich die Extremisten bestens aus. Schließlich hat sich ISIS bereits 2003 während der US-Invasion im Land unter dem Namen "Tawhid und Dschihad" ("Einheit und Glaubenskampf") gegründet. Die Extremisten wurden wegen ihrer Nähe zum Terrornetz Al-Kaida auch Al-Kaida im Irak genannt. Sie verübten Anschläge auf US-Soldaten und Schiiten. Durch Eroberungen im syrischen Bürgerkrieg - vor allem in der Region um Deir as-Saur und Rakka im Osten sowie in Teilen der Provinz Aleppo im Norden - wurden sie aber erst stark und konnten eine Operationsbasis für die Attacken auf den Irak schaffen.

Name ist Programm: Sunnitisches Reich in Nahost
Ihren Anspruch haben die Dschihadisten mit ihrem Namen zum Programm erhoben: Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS). In dem arabischen Namen wird für Syrien der Begriff "Sham" verwendet - als Synonym für die Ostküste des Mittelmeeres. ISIS will ein sunnitisches Reich, das Syrien und den Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien vereint. Experten schätzen, dass mittlerweile rund 10.000 Kämpfer zu ISIS gehören.

Finanziert wurde ISIS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen geschaffen: Aus Syrien schmuggelt ISIS Öl aus den eroberten Raffinerien in die Nachbarländer. Laut einem Bericht der "New York Times" verkaufen die Extremisten das syrische Öl sogar zurück an das Regime von Präsident Bashar al-Assad. Von der Bevölkerung erpresst ISIS "Dschihad-Steuern". Der Angriff auf den Irak wurde aus diesen Einnahmen finanziert.

Mit "Querfinanzierung" zur reichsten Terrorgruppe der Welt
Nun fließen Devisen aus dem Irak zurück für den Kampf in Syrien. Neben hochwertigen Waffensystemen der irakischen Armee hat ISIS auch viel Geld erbeutet. Allein in der Zentralbank von Mossul soll die Terrormiliz umgerechnet knapp 318 Millionen Euro abgeräumt haben - seit dem Coup gilt die Terrorgruppe als die reichste der Welt.

Am Wochenende schlugen die Aufständischen erneut zu: In zwei westirakischen Städten seien 21 Menschen hingerichtet worden, berichteten Offiziere und Ärzte. Die Exekutionen erfolgten demnach am Samstag und Sonntag in den Städten Rawa und Ana, die von ISIS-Kämpfern gestürmt worden waren. Die irakische Armee hatte sich nach eigenen Angaben "aus taktischen Gründen" aus den beiden Städten zurückgezogen.

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