Wütende Bürger

Immer mehr Fälle von Selbstjustiz in Argentinien

Ausland
07.04.2014 11:40
In Argentinien häufen sich Fälle von Selbstjustiz, da sich die wütenden Bürger immer brutaleren Kriminellen gegenübersehen, sich aber von Polizei und Justiz im Stich gelassen fühlen. Erst kürzlich wurde ein Taschendieb zu Tode geprügelt, zudem erwischt es auch immer wieder Unschuldige.

Dutzende Fälle von Selbstjustiz habe es in jüngster Zeit gegeben, berichtet die "FAZ". So sei etwa ein 18-jähriger Handtaschendieb in der argentinischen Stadt Rosario derart verprügelt worden, dass er nach zwei Tagen seinen Verletzungen erlegen sei.

In Buenos Aires sei ebenfalls ein Taschendieb vom Mob erwischt worden - noch auf dem Boden sei er mit Fußtritten gegen den Kopf gequält worden. "Bringt ihn um, dann macht er keinen Scheiß mehr", habe ein Passant gerufen, heißt es. Die Beteiligten hätten sich sogar beratschlagt, ob sie den Dieb einzeln oder gemeinsam treten sollten. Und auch Unschuldige werden immer wieder zu Opfern - etwa zwei junge Männer, die in Rosario wegen eines Missverständnisses um ihre Motorräder von Taxifahrern zusammengeschlagen worden seien.

Polizei und Gerichte zu oft tatenlos
Die jüngsten Gewaltausbrüche haben bereits die Politik auf den Plan gerufen. Die Opposition sieht ein Versagen des Staates als Grund für die Selbstjustiz: Die Bevölkerung sei mit wachsender Kriminalität konfrontiert, während Polizei und Justiz häufig tatenlos blieben - viel zu oft sei Verbrechen straffrei. Zudem gilt die argentinische Polizei als korrupt und die Gerichte kommen mit der Strafverfolgung kaum hinterher.

Die Regierung von Präsidentin Cristina Fernandes de Kirchner hingegen schiebt den Medien die Schuld in die Schuhe, da diese über die Selbstjustiz berichten. Doch viele Argentinier haben laut "FAZ" die Regierung im Visier. Um Korruptionsverfahren im Umfeld der Präsidentin zu vermeiden, nehme die Politik immer mehr Einfluss auf die Justiz, laute der Verdacht. So verhandle etwa der prominente Richter Norberto Oyarbide wie zufällig besonders viele Verfahren gegen Regierungsmitglieder - die entweder rasch eingestellt oder hinausgezögert würden. Immer wieder kommt es zu Protesten gegen die politische Einmischung bei der Justiz (Bild).

Glaube an Justiz verloren
Auch die Polizei wird von vielen Argentiniern kritisch beäugt. Im November kam es etwa in einem Armenviertel von Buenos Aires zu gewalttätigen Protesten, da die Einwohner die Polizei beschuldigten, einen ortsansässigen Drogenring zu schützen. So scheint die Bevölkerung den Glauben an die Justiz vielerorts verloren zu haben. Mit einer Beruhigung der Lage ist daher trotz Beschwichtigungsaufrufen der Präsidentin, man brauche "Augen und Stimmen, die Ruhe bringen, keine Stimmen der Rachsucht, der Konfrontation und des Hasses", nicht zu rechnen.

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