Stark im Aufwind

I: “Rattenfänger” Berlusconi erneut vor Wahlsieg?

Ausland
06.02.2013 11:40
Zweieinhalb Wochen vor den Parlamentswahlen in Italien spürt Silvio Berlusconi starken Rückenwind. Sein Versprechen, die verhasste Immobiliensteuer abzuschaffen und zurückzuerstatten sowie eine generelle Steueramnestie durchzusetzen, hat dem Wahlkampf eine unerwartete Wende verliehen. Berlusconis Rivalen um das Amt des Premiers können ihre Diskussion über Wirtschaftspakete und politische Reformen vergessen. Denn jetzt kreist alles nur noch um die - für viele Italiener nahezu fantastisch anmutenden - Vorschläge des Medienzaren.

Der 76-Jährige hat ein unbestreitbares Gefühl für die Stimmung der Wähler. Die von der Regierung des Wirtschaftsprofessors Mario Monti eingeführte neue Grundsteuer auf Eigentumswohnungen gehörte im vergangenen Jahr für zahlreiche Italiener zu den besonders verhassten Abgaben – zumal in dem Land vier von fünf Personen in den eigenen vier Wänden wohnen. Die Abgabe in zwei Raten musste Mitte Dezember entrichtet werden. Dies drückte zur Bestürzung des Handels den ohnehin schon flauen Konsum in der Weihnachtszeit.

Rückerstattung der Immobiliensteuer
Kein Wunder, dass Berlusconis Versprechen der Abschaffung und nun sogar der Rückerstattung der Immobiliensteuer die Wähler begeistert. Insgesamt kamen durch die Maßnahme von Montis Kabinett vier Milliarden Euro für den ersten Wohnsitz und 19 Milliarden Euro für Zweitwohnungen und Gewerbeimmobilien in die Staatskasse. Nun will Berlusconi so schnell wie möglich mit der Schweiz ein Steuerabkommen schließen und die dadurch erhaltenen Mittel für die Rückzahlung von vier Milliarden Euro für 2012 und den Steuerausfall von weiteren vier Milliarden Euro im Jahr 2013 verwenden.

Generalamnestie für alle Steuersünden
Doch nicht nur das: Nun trieb der Milliardär seine Wahlversprechen noch viel weiter. "Wenn ich die Mehrheit habe, werde ich die Komplettamnestie durchsetzen", lockte er die Wähler. Sämtliche Steuerhinterziehungen wären damit vergeben und vergessen, was einer Art Generalamnestie für alle Steuersünden der Vergangenheit gleichkäme. Auch dieser Vorschlag stößt in einem Land, in dem die Schattenwirtschaft auf bis zu ein Drittel des Bruttoinlandprodukts geschätzt wird, auf große Zustimmung.

"Pure Demagogie" eines "Rattenfängers"
Berlusconis neue Wahlversprechen stimmen seine Rivalen mittlerweile äußerst nervös. Der Premierkandidat der Linken, Pier Luigi Bersani, warf dem 76-Jährigen "pure Demagogie" vor. Monti vom Zentrumsblock bezeichnete seinen Vorgänger als "Rattenfänger", der schon früher nur leere Versprechen gemacht habe und die Wähler, die zur Vermeidung eines finanziellen Kollapses des Landes große Opfer erbracht hätten, mit ihrem eigenen Geld zu bestechen versuche. Er beschuldigte den Medienzaren des "Stimmenkaufs", Berlusconis Wahlversprechen würden einem "Korruptionsversuch" ähneln.

"Ich spüre, dass wir es schaffen werden"
Ungeachtet der Debatte rund um seine Wahlversprechen versprüht Berlusconi Optimismus. Dank seines unermüdlichen TV-Marathons hat er in den letzten Wochen kontinuierlich aufholen können. Laut jüngsten Umfragen sank der Unterschied zwischen Bersanis noch führender Mitte-links-Allianz und Berlusconis Mitte-rechts-Koalition auf nur mehr rund sechs Prozentpunkte, Montis Zentrumblock liegt mittlerweile gar rund 15 Prozentpunkte hinter Berlusconis Bündnis. Dementsprechend jovial gab sich der Milliardär am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Rom: "Ich spüre, dass wir es schaffen werden."

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