Londoner Polit-Beben

Cameron schafft Absolute, Gegner streichen Segel

Ausland
08.05.2015 17:10
Am Tag nach dem Polit-Beben, das die Parlamentswahl am Donnerstag in Großbritannien gebracht hat, bleibt kein Stein auf dem anderen. Premierminister David Camerons konservative Torys erreichten völlig überraschend die absolute Mehrheit, am Freitag gaben seine Hauptgegner nahezu im Minutentakt auf: Labour-Chef Ed Miliband trat am frühen Nachmittag zurück, kurz zuvor hatten die Parteichefs Nigel Farage (UKIP) und Nick Clegg (Liberaldemokraten) die Segel gestrichen.

Nach Auszählung aller Wahlkreise erzielten Camerons Torys 331 Sitze im Westminster-Parlament. Nach massiven Zugewinnen in Wales konnten sie sich somit die absolute Mehrheit der 650 Mandate im Unterhaus sichern. Die oppositionelle Labour-Partei kam lediglich auf 232 Sitze, EU-Gegner Nigel Farage verlor seinen Sitz im Parlament. Meinungsforscher hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Cameron und Herausforderer Miliband vorausgesagt, davon konnte keine Rede sein.

Cameron sprach in einer ersten Reaktion von einer "sehr starken Nacht" für die Konservativen. Zu Mittag traf er Königin Elizabeth II. im Buckingham-Palast, wo er sie offiziell um den Auftrag zur Regierungsbildung bat.

Hinter der Labour-Partei mit ihren 232 Sitzen kommen die schottischen Nationalisten als drittstärkste Kraft auf 56 Mandate. Die bisher mitregierenden Liberaldemokraten wurden abgestraft und kamen auf acht Sitze. Die euroskeptische UK Independence Party (UKIP) kann wie die Grünen mit einem Sitz rechnen, die walisische Partei Plaid Cymru mit drei Sitzen.

Labour-Chef Miliband gibt auf
Noch in der Nacht wurden Spekulationen über einen baldigen Rücktritt von Labour-Chef Miliband laut. Am Freitagvormittag räumte der Oppositionsführer seine Niederlage ein, hinter seiner Partei liege eine "enttäuschende Nacht". "Wir haben nicht die Gewinne in England und Wales erreicht, die wir erhofft hatten", so Miliband. Und in Schottland habe es einen deutlichen Anstieg nationalistischer Interessen gegeben. Die nächste Regierung habe eine große Verantwortung, alle Teile des Königreiches zusammenzuhalten.

Am Freitagnachmittag vollzog Miliband schließlich den Rückzug. Er übernehme die Verantwortung für die Wahlniederlage, sagte er, und gratulierte Cameron zum Sieg. Miliband war mit dem Ziel angetreten, die Regierung von Cameron abzulösen. Er war seit 2010 Labour-Chef, nachdem er seinen Bruder David bei einem Parteitag im Rennen um den Vorsitz knapp überflügelt hatte. Nun erzielte er ein deutlich schlechteres Ergebnis als sein Vorgänger Gordon Brown im Jahr 2010, Labour hatte damals 258 Mandate geholt.

Liberale große Wahlverlierer, Clegg tritt ab
Der Parteichef der Liberaldemokraten, Vizepremier Nick Clegg, nahm nach der verheerenden Schlappe seiner Partei den Hut. "Dies war eine grausame Nacht für die Liberaldemokraten und eine Abstrafung", sagte er am Freitag. Die Wahlergebnisse seien "vernichtend". Kurz darauf verkündete er seinen Rücktritt als Parteichef, seinen Parlamentssitz konnte Clegg jedoch verteidigen.

UKIP-Boss und EU-Gegner Farage verliert Sitz
Auch die rechtspopulistische und europakritische UKIP unter Nigel Farage musste eine herbe Niederlage einstecken und konnte nur einen Sitz erringen. Farage trat noch am Freitag als Parteichef zurück. Ihm war es nicht gelungen, sein Direktmandat in seinem Wahlkreis zu verteidigen. Er musste sich dem Konservativen Craig Mackinlay geschlagen geben und verliert damit seinen Sitz im Parlament. Farage fügte bei der Verkündung seines Rücktritts allerdings hinzu, es werde im September eine Wahl der Parteiführung geben und er werde sich über den Sommer überlegen, ob er noch einmal antrete.

Schottische Nationalpartei triumphiert im Norden
Die zweiten großen Sieger neben den Torys sind im Norden des Königreiches zu finden: Der schottischen Nationalpartei SNP unter dem Polit-Shootingstar Nicola Sturgeon gelang der Gewinn von 56 der 59 in Schottland zu vergebenden Sitze. Vor allem der Labour-Partei nahmen die Nationalisten in deren früherer Hochburg Schottland zahlreiche Direktmandate ab.

Wahlberechtigt waren mehr als 45 Millionen Briten in 650 Wahlkreisen. Der Wahlkampf war vor allem von innenpolitischen Themen sowie der Einwanderungspolitik geprägt. Cameron kündigte außerdem an, die Briten bei einem Amtsverbleib im Jahr 2017 in einem Referendum über die Mitgliedschaft in der EU abstimmen zu lassen.

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