Am Montag

Griechenland schiebt 500 Flüchtlinge in Türkei ab

Ausland
31.03.2016 13:19

Die Umsetzung des EU-Flüchtlingspaktes mit der Türkei soll wie geplant am kommenden Montag starten: Griechenland bereite für den 4. April die Abschiebung der ersten 500 Flüchtlinge von den Ägäis-Inseln in die Türkei vor, hieß es am Donnerstag aus Kreisen der EU-Kommission. Doch die türkischen Küstenregionen gaben bekannt, noch nicht ausreichend auf den Flüchtlingsstrom vorbereitet zu sein. Unterdessen kam es in einem Flüchtlingscamp in Piräus zu Zusammenstößen unter Migranten.

Das am 18. März geschlossene Abkommen mit Ankara sieht vor, dass alle Flüchtlinge, die seit dem 20. März in Griechenland angekommen sind, in die Türkei zurückgeschickt werden. Vorher haben die Menschen jedoch das Recht auf eine Einzelfallprüfung in Griechenland. Im Gegenzug sollen die EU-Länder für jeden zurückgeschickten Syrer einen Syrer aus den Flüchtlingslagern in der Türkei auf legalem Wege aufnehmen.

"Infrastruktur nicht darauf ausgelegt"
Türkischen Beamten zufolge sollen die ersten Rückkehrer am MOntag per Schiff in die türkische Küstenstadt Dikili gebracht werden. Deren Bürgermeister Mustafa Tosun ist besorgt, weil er nur wenige offizielle Auskünfte erhalten hat. "Wir bekommen keine Informationen von den Behörden und hören nur Gerüchte." Er befürchtet außerdem, dass nicht nur Dikili unzureichend vorbereitet ist. "Die Infrastruktur der gesamten Region ist nicht darauf ausgelegt, dass die Flüchtlinge hier bleiben." Das betreffe etwa die medizinische oder die schulische Versorgung. "Wir haben diese Sorgen übermittelt."

Was passiert mit Flüchtlingen in der Türkei?
Die Flüchtlinge dürften sich in der Türkei nach ihrer Rückkehr frei bewegen, und es stehe ihnen frei, wo sie leben wollten, erklärte die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad. Schließlich könne man Flüchtlinge nicht in Unterkünften einsperren. "Sie können in Flüchtlingscamps gehen, wenn sie das wollen, aber sie dürfen auch zu Verwandten ziehen. Wir können sie zu nichts zwingen", sagte ein Sprecher.

Flüchtlinge, die nicht aus Syrien stammen und keine Chance auf Asyl haben, sollen in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Die türkische Regierung hat solche Abkommen mit einigen Ländern bereits geschlossen und verhandelt nach Angaben aus dem Außenministerium mit 14 weiteren Staaten, unter ihnen Afghanistan, Bangladesch, Eritrea und Somalia.

Krawalle in Flüchtlingscamp in Piräus
In einem überfüllten Flüchtlingscamp im Hafen der Stadt Piräus kam es unterdessen in der Nacht auf Donnerstag zu Zusammenstößen zwischen Migranten aus Syrien und Afghanistan. Einem Bericht des griechischen Staatsfernsehens zufolge wurden acht Menschen verletzt. Die Auseinandersetzung sei ausgebrochen, nachdem ein Flüchtling die Frau eines anderen belästigt habe.

Die griechische Regierung will das Camp, in dem derzeit knapp 6000 Menschen in Wartehallen und Zelten ausharren, nun schrittweise räumen. Zunächst sollten rund 300 aus Syrien stammende Flüchtlinge in ein Aufnahmelager im Westen der Halbinsel Peloponnes gebracht werden. Rund 700 Afghanen sollten in einem Lager in Athen untergebracht werden.

2000 Migranten protestierten gegen "rassistischen Pakt"
Am Mittwoch protestierten mehr als 2000 Migranten im Zentrum Athens gegen den "rassistischen Pakt", wie sie das EU-Abkommen mit der Türkei nennen. Auch Migranten auf den Inseln Lesbos und Chios demontrierten gegen "Deportationen" in die Türkei. Menschenrechtsgruppen begleiten den EU-Türkei-Deal weiter mit Kritik und haben ihre Zusammenarbeit mit Athen eingeschränkt - insbesondere, weil alle seit dem 20. März eingetroffenen Flüchtlinge gegen ihren Willen bis zu ihrer Abschiebung auf den Inseln festgehalten werden.

Der Pakt soll in erster Linie dem Geschäft von Schlepperbanden den Boden entziehen. In Lesbos und Chios trafen bereits in der Vorwoche türkische Verbindungsoffiziere ein, die Griechenland bei der Erfassung und Abschiebung der Flüchtlinge helfen sollen. Auch Deutschland und Frankreich wollen gemeinsam bis zu 600 Polizeibeamte und Asylexperten für die EU-Grenzschutzagentur Frontex und die europäische Asylbehörde Easo zur Verfügung stellen, um Griechenland helfend zur Seite stehen. Auf Lesbos soll zudem der "Hotspot" nach Angaben des UNHCR in ein geschlossenes Flüchtlingslager umgewandelt werden.

Flüchtlingszustrom nimmt ab
Der Flüchtlingszustrom über die Ägäis hat indes abgenommen. Insgesamt setzten am Donnerstag knapp 400 Migranten aus der Türkei zu den griechischen Inseln über. Dies teilte der griechische Stab für die Flüchtlingskrise mit. Am Mittwoch waren 766 Menschen gekommen. Am Dienstag und Montag waren es jeweils 192 und 232.

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