"Fatales Signal"

Griechen: Größte Privatbank flieht aus Staatsanleihen

Ausland
16.06.2011 11:22
An der Frage der Beteiligung europäischer Banken spießt sich derzeit die Entscheidung für ein erneutes Hilfspaket für Griechenland. Private Gläubiger sollen einen Teil der Schuldenlast tragen, fordern die Regierungschefs der Euroländer. Konkret sollen griechische Staatsanleihen gekauft bzw. länger behalten werden, um Athen mehr Zeit zur Sanierung zu geben. Doch offenbar sind nicht einmal griechische Banken dazu bereit: Die größte Privatbank hat ihre Anleihen von 16 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 13 Milliarden heruntergefahren und will den Bestand weiter verringern.

Von einem "fatalen Signal" schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin "Spiegel". Laut dem Bericht hat die größte griechische Privatbank NBG ("National Bank Of Greece", nicht zu verwechseln mit der Zentralbank "Bank of Greece") eine regelrechte Flucht aus den Staatsanleihen geplant bzw. schon teilweise durchgezogen. Gemäß dem Vorhaben würde das Volumen von 2009 bis 2014 von 16 auf rund acht Milliarden Euro halbiert.

Den europäischen Banken, die die Politik zur Beteiligung verpflichten will, werden damit die Gegenargumente auf dem Silbertablett serviert, etwa: "Warum sollen wir Schuldenlasten tragen, wenn nicht einmal Griechenlands eigene Banken es tun?" Tatsächlich bereiten sich laut "Spiegel" auch deutsche Banken auf alle Eventualitäten vor und reduzieren ihre Bestände an griechischen Staatsanleihen. Die Institute im Nachbarland haben ihre Griechen-Bonds seit April 2010 um mehr als ein Drittel reduziert, von 16 auf 10 Milliarden Euro.

Griechenland ist Staat mit schlechtester Kreditwürdigkeit
Dank der Ratingagentur "Standard and Poor's" werden Griechenland-Bonds seit Anfang der Woche schlechter bewertet als Staatsanleihen von Ländern wie Ecuador, Ägypten, Venezuela, Pakistan, Jamaika, Ecuador und dem bettelarmen Burkina Faso, das im Ranking der höchstentwickeltsten Länder ("Human Development Index 2010") Platz 161 von 169 belegt. Griechenland ist somit aus Sicht der amerikanischen Ratingagentur weltweit jener souveräne Staat, der über die schlechteste Kreditwürdigkeit verfügt.

Die Staatsanleihen sind seit Montag nur noch vier Stufen von einer "D"-Bewertung entfernt, der schlechtestmöglichen Beurteilung. Eine solche Einstufung käme einem festgestellten Zahlungsausfall und somit einer Pleite des Landes gleich. Generell gilt: Je schlechter die Ratingagenturen die Bonität eines Schuldners beurteilen, desto teurer und schwieriger wird es für ihn, sich am Kapitalmarkt Geld zu besorgen. Kritiker bemängeln allerdings, es bleibe oft unklar, welcher Anteil der Bonitätseinstufungen auf Fakten und Berechnungen beruht und was die private Meinung der Analysten ist.

Der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte am Mittwoch erneut die Gründung einer europäischen Ratingagentur, für "Standard and Poor's" gab es Kritik: "Das selbstbewusste Heben oder Senken des Daumens ist schon bemerkenswert." Die Bewertung der Zahlungsfähigkeit von Staaten und Unternehmen werde von nur drei US-Ratingagenturen beherrscht, meint Brüderle. "Die Etablierung einer Europäischen Ratingagentur wäre Schweiß und Hirnschmalz wert, denn ein europäischer Wettbewerber würde dieses enge Oligopol aufbrechen."

Euro-Finanzminister werden sich nicht einig
Momentan stehen die Mühlen in Sachen Griechenland aber still: Das neue Rettungspaket für Athen könne wegen des Streits über den Beitrag der privaten Gläubiger frühestens Mitte Juli geschnürt werden, hieß es am Mittwochabend nach einer weiteren ergebnislosen Sitzung der Euro-Finanzminister. Deutschland besteht auf eine "substanzielle, verlässliche" Beteiligung des Privatsektors, wie der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch in Berlin bekräftigte. Viele Euro-Länder betrachteten den deutschen Vorschlag aber als zu riskant, heißt es in EU-Kreisen. Es laufe auf ein Modell mit einer nicht verpflichtenden Zusage der Investoren hinaus, Griechen-Bonds zu halten oder zu kaufen.

Bei den Banken wird dafür aber noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten sein. Angefangen bei der "National Bank of Greece"...

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele