Nach Steuerflucht

Gerard Depardieu gibt französischen Pass zurück

Adabei
17.12.2012 11:07
Gerard Depardieu will wegen der heftigen Kritik an seiner Steuerflucht ins belgische Nechin den französischen Pass abgeben. Niemand sonst sei nach Verlassen des Landes so beleidigt worden wie er, schrieb der 63-Jährige in einem offenen Brief an Premierminister Jean-Marc Ayrault. Er verlange keine Zustimmung, aber Respekt seiner Person gegenüber.

Ayrault hatte Depardieus Umzug zuvor in einem Fernsehinterview als "unpatriotisch" und "ziemlich erbärmlich" bezeichnet. Der Schauspieler erwiderte in seinem Brief, er verlasse Frankreich, weil die Regierung der Ansicht sei, Erfolg und Talent müssten bestraft werden. "Wer sind Sie, dass Sie glauben, so über mich urteilen zu können, frage ich Sie, Herr Ayrault?", empörte sich Depardieu in dem von der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" veröffentlichten Brief. Er habe sich nie vor dem Steuerzahlen gedrückt und in 45 Jahren 145 Millionen Euro überwiesen.

"Ich gebe Ihnen hiermit meinen Pass und meine Sozialversicherungsnummer - die ich nie benutzt habe - zurück. Wir haben nicht länger dasselbe Heimatland, ich bin ein echter Europäer, ein Weltbürger, so wie es mir mein Vater stets eingeimpft hat", schrieb der Schauspieler.

Depardieu muss Belgier werden
Für einen belgischen Pass muss der Depardieu übrigens erst Belgier werden. Dies sagte die Vorsitzende des für Einbürgerungen zuständigen Ausschusses des belgischen Parlaments, Karine Lalieux. Depardieu hat sich beim Bürgermeister seines neuen Wohnortes Nechin, Daniel Senesael, bereits erkundigt, wie er an einen belgischen Pass komme. Lalieux verwies darauf, dass am 1. Jänner in Belgien ein Gesetz in Kraft tritt, das die Einbürgerung bestimmter Personen beschleunige. Es sehe vor, dass Sportler oder Künstler, die möglicherweise das Ansehen Belgiens mehren, schon nach sechsmonatigem Aufenthalt die belgische Staatsbürgerschaft beantragen können. Normalerweise ist dies frühestens nach drei Jahren möglich.

Zahlreiche Reaktionen auf Depardieus Steuerflucht
Depardieus Ankündigung, er werde aus Steuergründen nach Belgien ziehen, hat indes zu zahlreichen Zeitungskommentaren geführt. "Er hat weder betrogen noch geschummelt. Er profitiert ganz einfach auf zynische Weise von den Lücken des europäischen Systems", schreibt die Straßburger Zeitung "Dernières Nouvelles d'Alsace". "Der Fall Depardieu ist interessant, weil er auf perfekte Weise die Versäumnisse der EU-Steuerpolitik mit ihren 27 unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufzeigt. Er zeigt, dass in einem einheitlichen geografischen Wirtschaftsraum eine Steuerharmonisierung unabdinglich ist."

Die rechtsliberale spanische Zeitung "El Mundo" kommentiert: "Gerard Depardieu ist das Gesicht, das in aller Welt mit Frankreich identifiziert wird. Er hat mit seinem Protest gegen die Steuerpolitik der französischen Regierung durchaus recht. Denn die Steuersätze, die auf die Einkommen einiger Franzosen erhoben werden, grenzen an eine Beschlagnahme."

Die Zeitung "Le Midi Libre" aus dem südfranzösischen Montpellier schreibt: "Schuld sind seine hohen Einkünfte, die von Finanzministerium kräftig zurückgestutzt werden. Schuld ist aber auch der französische Staat, der - ob von Linken oder von Konservativen regiert - unfähig ist, das öffentliche Geld zu verwalten. Schuld ist schließlich die EU, die angesichts der Unterschiede bei der Besteuerung und der Steuerparadiese hilflos ist."

In Frankreich werden Einkommen, die höher als eine Million Euro jährlich sind, von 2013 an mit 75 Prozent besteuert.

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(Bild: kmm)



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