Nicht der erste Tote

Geheimnisvoller Tod im Exil: Russischer Zeuge ermordet?

Ausland
29.11.2012 12:58
Vor drei Jahren hat Alexander Perepelitschny in Großbritannien um Asyl angesucht. Der russische Finanzhändler galt als wichtigster Zeuge in einem seit Jahren anhaltenden Skandal um Geldwäsche und die Veruntreuung von russischen Staatsgeldern in Millionenhöhe. Vor zwei Wochen ist Perepelitschny nun plötzlich vor seinem Haus verstorben, die Todesursache ist noch immer unklar. Fest steht, dass Perepelitschny nicht der erste Tote in dem geheimnisvollen Fall ist, an dessen Aufklärung bei Russlands Justiz und Politik offenbar kein großes Interesse herrscht.

Ans Tageslicht brachte den millionenschweren Skandal vor vier Jahren der russische Jurist Sergej Magnitski, der beim britischen Investmentfonds Hermitage Capital tätig war. Magnitski entdeckte ein groß angelegtes Verbrechen: Der Drahtzieher Dmitri Kljuew soll einen Plan ausgearbeitet haben, um Hermitage Capital zu bestehlen. Er stiftete laut "Welt Online" korrupte Mitarbeiter des russischen Innenministeriums dazu an, eine Hausdurchsuchung bei der Firma durchzuführen und dabei unter anderem Besitzurkunden von Tochterfirmen mitzunehmen.

Korrupte Beamte halfen kräftig mit
Diese seien anschließend widerrechtlich auf einen Strohmann umgeschrieben worden, der daraufhin - mithilfe gefälschter Dokumente und konstruierter Gerichtsprozesse - eine Steuerrückzahlung in Höhe von 230 Millionen Dollar bei den Behörden in Moskau beantragt haben soll. Zwei korrupte Mitarbeiterinnen der Steuerbehörde sollen diese Steuerrückzahlung genehmigt haben und auf ein Konto von Kljuew überwiesen haben.

Insgesamt bis zu eine Milliarde Dollar veruntreut
Neben Betrug und Diebstahl soll die Gruppe Entführungen und Erpressungen vorgenommen haben, ihre Vernetzung habe bis in die oberen Etagen des russischen Staates gereicht, mutmaßt die "Welt Online". Bei dem von Magnitski aufgedeckten Fall habe es sich nur um einen von vielen gehandelt, die Verbrecher hätten sich systematisch aus der russsichen Staatskasse bedient und so bis zu eine Milliarde Dollar (770 Millionen Euro) veruntreut.

Aufdecker qualvoll im Gefängnis gestorben
Anwalt Magnitski, der die Vorgänge ans Tageslicht brachte, hat für seine Erkenntnisse bitter bezahlt: Er wurde festgenommen und ins Gefängnis gebracht, wo er laut "Welt Online" gefoltert wurde. Nach einem Jahr starb Magnitski - es gibt Anzeichen für Mord, kurz vor seinem Tod soll er mit einem Gummiknüppel verprügelt worden sein. Die Hintergründe sind bis heute nicht aufgeklärt, weder die russische Justiz noch die Politik scheinen Interesse an echten Ermittlungen zu haben.

Toter Finanzhändler über Umwege verwickelt
Nun ist mit Perepelitschny der nächste Zeuge eines mysteriösen Todes gestorben. Die Todesursache ist laut Polizei in seinem britischen Wohnort Weybridge auch nach zwei Wochen ungeklärt, berichtet die "Welt". Perepelitschny war über eine der korrupten Mitarbeiterinnen der Steuerbehörde, Olga Stepanowa, in den Fall verwickelt. Deren Mann Wladlen Stepanow schrieb im Mai 2011 in seinem Blog, dass die Schweizer Staatsanwaltschaft eines seiner Konten bei einer Schweizer Bank habe sperren lassen. "Nur ein Mensch konnte die Informationsquelle sein – Alexander Perepelitschny. Dieser Mensch schuldet mir viel Geld", verkündete Stepanow wütend.

Kostete Tätigkeit als Informant Perepelitschny das Leben?
Perepelitschny habe seit 1995 sein Vermögen verwaltet, verstecke sich aber seit der Finanzkrise 2009 in London, so Stepanow weiter. Der wahre Grund für Perepelitschnys Asylantrag auf der Insel könnte aber ein anderer sein: Laut eines Vertreters von Hermitage Capital habe sich das Unternehmen 2010 an Perepelitschny gewandt und von ihm Beweise zu jenen Beamten der russischen Steuerbehörde erhalten, die sich bei dem von Magnitski aufgedeckten Verbrechen bereicherten. Diese Beweise seien anschließend an die Schweizer Staatsanwaltschaft weitergegeben worden, die daraufhin die Ermittlungen gegen Stepanow aufnahm.

Wie es mit den Ermittlungen im Fall Hermitage Capital nun weitergeht, wo der nächste Zeuge gestorben ist, ist unklar. Ein Vertreter des Unternehmens bekräftigte gegenüber der "Welt" jedenfalls die Notwendigkeit, dass die Umstände des Todes von Perepelitschny sorgfältig untersucht werden müssten.

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