"Geburt in Ketten"

Freigelassene Christin schildert Tortur in Haft

Ausland
02.07.2014 10:53
Die im Sudan wegen "Abfalls vom islamischen Glauben" zum Tode verurteilte und erst in der Vorwoche freigelassene junge Christin Mariam Yahia Ibrahim Ishag hat nun das erste Mal in der Öffentlichkeit über ihre Tortur hinter Gittern gesprochen. "Ich musste angekettet meine Tochter zur Welt bringen und habe Angst, dass sie bleibende Schäden davongetragen hat", meinte sie in einem Telefoninterview mit dem US-Nachrichtensender CNN. Zwar sei sie derzeit in Freiheit, doch aufgrund neuer Vorwürfe muss sie weiterhin um ihre Zukunft bangen.

"Während der Zeit im Gefängnis habe ich nur an meine Kinder gedacht und mich gefragt, wie ich die Geburt überstehen kann", erklärte die 27-Jährige, wie sie mit dem Umstand umging, dass ihr sogar ein Spitalsaufenthalt kurz vor der Geburt ihrer Tochter verwehrt worden war. Bei der Niederkunft selbst war Ishag in Ketten gelegt. "Ich konnte meine Beine nicht richtig bewegen und eine Frau musste mir vom Tisch wieder aufhelfen. Ich weiß nicht, ob nun meine Tochter in Zukunft Hilfe beim Gehen benötigen wird."

"Wir sind derzeit in Sicherheit"
"Meine Familie und ich sind derzeit in Sicherheit", zeigte sich die 27-Jährige nach dem mehrmonatigen Gefängnisaufenthalt dennoch ein wenig erleichtert - auch wenn ihre geplante Reise in die Vereinigten Staaten vorerst gescheitert ist. In der Vorwoche wurden Ishag und ihr Ehemann, der US-Bürger ist, mitsamt den Kindern beim Versuch, aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum abzufliegen, aufgehalten und mehrere Stunden lang befragt. Dem Paar wird vorgeworfen, gefälschte Dokumente bei sich gehabt zu haben (siehe Infobox).

"Ich habe niemals irgendwelche Dokumente gefälscht. Wie können meine Papiere nicht stimmen? Ich habe einen südsudanesischen Pass, weil mein Ehemann auch südsudanesischer Staatsbürger ist." Außerdem sei ihr bereits ein US-Visum bewilligt worden, versteht Ishag die neuen Vorwürfe nicht. Der Terror gegen sie geht offenbar weiter. "Wir hatten Angst und wunderten uns, was los ist. Die Beamten sperrten uns stundenlang in einen Raum und befragten uns", schilderte die junge Frau. "Jeden Tag gibt es ein neues Problem."

"Ich war immer eine Christin"
Angesprochen auf die Anklagepunkte Ehebruch und Abfall vom Glauben wiederholte die 27-Jährige ihre bereits vor dem Gericht in Khartum geäußerte Verteidigungslinie: "Ich war immer eine Christin. Ich kann keine Muslimin sein bei all den Dingen, die sie zu mir gesagt haben und wie sie mich behandelt haben."

Laut der sudanesischen Auslegung des islamischen Rechts der Scharia darf eine Muslimin keinen Christen heiraten. Tut sie es dennoch, wird dies als Ehebruch gewertet. Ishag wurde von ihrer äthiopischen Mutter in deren christlich-orthodoxen Glauben erzogen, nachdem ihr muslimischer Vater die Familie verlassen hatte, als sie fünf Jahre alt war. Im Sudan gelten Kinder eines muslimischen Vaters jedoch automatisch als Muslime, der Übertritt zu einem anderen Glauben ist verboten.

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