Elf EU-Länder dabei

Finanztransaktions-Steuer: Grünes Licht der Finanzminister

Wirtschaft
22.01.2013 19:10
Österreich, Deutschland und neun weitere EU-Staaten dürfen eine neue Steuer auf Finanztransaktionen einführen. Das haben die EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel beschlossen. Der zuständige EU-Kommissar Algirdas Semeta sprach von einem "Meilenstein in der weltweiten Steuergeschichte".

Die elf Länder wollen die Abgabe im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" einführen. Die Möglichkeit, bei einzelnen Vorhaben in einer Gruppe von Mitgliedstaaten voranzugehen, ist ausdrücklich im EU-Vertrag verankert. Mit der neuen Steuer wollen die Staaten die Märkte an den Folgekosten der Finanzkrise beteiligen. "Dies ist ein Meilenstein in der weltweiten Steuergeschichte", bilanzierte der für Steuern zuständige EU-Kommissar Algirdas Semeta aus Litauen. Er betonte die globale Vorreiterrolle Europas.

Nun ist EU-Kommission am Zug
Wie die Finanzsteuer "im kleinen Kreis" genau gestaltet werden soll, ist noch offen. Die EU-Kommission muss nun einen Vorschlag machen. Nach einem älteren Entwurf der Kommission könnte der Aktien- und Anleihenhandel mit 0,1 Prozent pro Transaktion besteuert werden, Derivate mit 0,01 Prozent. Auf diesem Weg könnten theoretisch rund 57 Milliarden Euro pro Jahr zusammenkommen, wenn alle 27 EU-Staaten mitmachen würden. Eine solche Einigung hatte sich nach langen Debatten als unmöglich erwiesen - insbesondere Großbritannien war auf der Bremse gestanden. Wie hoch der Steuerertrag der Elfergruppe sein wird, ist unklar.

Fekter hofft auf Entwurf bis Sommer
Finanzministerin Maria Fekter zeigte sich nach dem Beschluss erfreut. Sie sprach in Brüssel von einem "Paradigmenwechsel". Mit dem Lissabon-Vertrag habe man ein Instrument, das eine verstärkte Zusammenarbeit von zunächst elf Ländern ermögliche. Die nicht beteiligten Staaten würden durch die Steuer nicht negativ beeinflusst. Sie hoffe, dass die Kommission bis Sommer ein Modell zur Steuer vorlegt, so die Finanzministerin.

Die Abstimmung am Dienstag sei laut Fekter "spannend" gewesen. Neben Österreich, Deutschland und Frankreich zählen auch Belgien, Spanien, Estland, Griechenland, Italien, Portugal, die Slowakei und Slowenien zu der Elfergruppe. Möglicherweise kommen weitere Länder dazu. Entsprechende Signale kamen zum Beispiel aus den Niederlanden. Großbritannien und Luxemburg hätten sich enthalten und ihre Bedenken auch schriftlich vorgebracht.

Ebenfalls enthalten hätten sich Tschechien und Malta. "Schweden, Dänemark, Polen, Rumänien und Bulgarien sowie Ungarn, die sich an und für sich kritisch geäußert haben, gaben eine Erklärung ab, dass sie der Ermächtigung zur verstärkten Zusammenarbeit zustimmen", erklärte Fekter.

Faymann: "Großer Erfolg"
Für Bundeskanzler Werner Faymann ist die im österreichischen Budget bereits eingeplante Steuer ein "großer Erfolg", wie er am Dienstag nach dem Ministerrat sagte. Die Maßnahme könne rechtzeitig mit 1. Jänner 2014 wirksam werden. Österreich bleibe somit im Zeitplan seines Finanzrahmens. Die neue Steuer soll jährlich rund 500 Millionen Euro einbringen. Zuversichtlich ist Faymann auch, dass Anfang Februar eine Einigung über das EU-Budget für die Jahre 2014 bis 2020 gelingen kann.

Frankreich und Deutschland als Motoren
Treibende Kräfte hinter der Finanztransaktionssteuer sind Deutschland und Frankreich. In Frankreich existiert bereits seit August 2012 eine Steuer, die beim Kauf von Anteilen an großen französischen Unternehmen eingehoben wird. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble begrüßte den Schritt nach vorn. Berlin und Paris hätten den Weg geebnet. "Ich freue mich, dass wir schon jetzt neun Mitstreiter in der EU haben. Der Finanzsektor soll an den Kosten der Finanzkrise angemessen beteiligt werden. Diesem Ziel sind wir ein gutes Stück nähergekommen", sagte Schäuble.

In Deutschland war die Debatte maßgeblich von der SPD vorangetrieben worden, die die Finanztransaktionssteuer zur Bedingung für ihre Zustimmung zum EU-Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin gemacht hatte. Schäuble ließ auch erste Grundzüge erkennen: So solle die Steuer möglichst alle Finanzinstrumente mit einem niedrigen Steuersatz erfassen. Außerdem solle sie nicht nur bei Geschäften an Börsen und anderen regulierten Handelsplattformen anfallen, sondern auch den außerbörslichen Handel - etwa von Bank zu Bank - erfassen. Damit sollen Ausweichreaktionen hintangestellt werden.

In Großbritannien gibt es bereits eine "Stamp Tax", die dem Land jährlich fast 3 Milliarden Pfund (3,58 Milliarden Euro) einbringt. Weitere Belastungen hatte die britische Regierung abgelehnt. Sie fürchtet eine Abkehr der internationalen Anleger vom Finanzplatz London.

Wie werden die Mittel verteilt?
Obwohl noch nicht feststeht, wie viel Geld die Abgabe einbringen soll, hat der Streit um die Verwendung der Mittel bereits begonnen. Frankreichs Präsident Francois Hollande plädierte dafür, einen Teil für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit einzusetzen. Die EU-Kommission hatte in ihrem ersten Entwurf vorgeschlagen, ihr die Einnahmen zu überlassen. Zeitweise war auch diskutiert worden, der Euro-Zone mit der Steuer eine eigene finanzielle Basis zu verschaffen.

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