Milliardengrab?

Finanzexperte Sinn: “Griechen-Hilfe nützt nur Banken”

Ausland
20.02.2012 12:06
130 Milliarden Euro wollen die Euro-Finanzminister demnächst nach Griechenland schicken - das Doppelte der jährlichen österreichischen Staatseinnahmen. Bereits das erste Hilfspaket umfasste 110 Milliarden Euro. Doch nützt das Geld Griechenland eigentlich? "Nein", sagt Hans-Werner Sinn, Chef des renommierten deutschen Ifo-Wirtschaftsinstituts. In seinen Augen kommen die Milliarden einzig den Banken zugute. Den Griechen hingegen würde nur der Austritt aus der Euro-Zone helfen.

In dem Interview mit "Spiegel Online" spart Sinn nicht mit deutlichen Worten: "Die Griechen werden von den Banken und Finanzinstituten von der Wall Street, aus London und in Paris als Geisel genommen, damit das Geld aus den Rettungspaketen weiter fließt – nicht nach Griechenland, sondern in ihre eigenen Taschen."

Doch besteht bei einem Ende des Geldflusses nicht die Gefahr der "Ansteckung", also dramatischer Bankenpleiten in Folge der Griechen-Krise, die dann wiederum andere Staaten in den Abgrund reißen? Dieses Argument lässt der Präsident des Ifo-Instituts nicht gelten: "Es heißt immer 'Die Welt geht unter, wenn die Deutschen nicht zahlen'. In Wahrheit gehen nur die Vermögensportfolios einiger Investoren unter." Die Banken, so gibt Sinn zu verstehen, seien an ihrer Misere übrigens selber schuld. Sie hätten aus Gier nach hohen Zinsen das Geld einst gerne nach Griechenland verliehen: "Wer am Risiko verdienen will, muss es auch tragen."

"Griechen müssen raus aus dem Euro"
Letztendlich könne die Krise nur durch einen radikalen Schnitt gelöst werden: Die Griechen müssen laut Sinn raus aus dem Euro, dann wäre auch Schluss mit der dauerhaften Alimentierung durch die EU. Die aktuelle Finanzspritze sollte die letzte sein, quasi eine Art Abfindung. "Die EU-Finanzminister sollten den Griechen das Geld geben, um ihnen den Austritt aus der Währungsunion zu erleichtern. Der griechische Staat könnte mit dem Geld die Banken des Landes verstaatlichen und den Staat vor dem Kollaps bewahren", so Sinn.

Das durch einen Austritt entstehende Chaos würde das Volk zwar hart treffen, da dürfe man "sich nichts vormachen. Aber die Turbulenzen wären nur temporär, sie würden nur ein bis zwei Jahre dauern. Nach einem kurzen Gewitter scheint wieder die Sonne". Das Geld der EU könnte den Griechen dabei helfen, diese finstere Zeit zu überbrücken.

Neue Drachme müsste um 30 Prozent abgewertet werden
Durch den Austritt aus der Euro-Zone würde das Land wieder wettbewerbsfähig, meint Sinn. Die neu eingeführte Drachme müsste schlagartig um 30 Prozent abgewertet werden. Dadurch würde die Binnennachfrage angekurbelt, das Kapital flösse zurück ins Land, und auch für Touristen wäre Griechenland wegen der niedrigen Preise wieder interessant.

Um das bereits beschlossene Sparpaket käme Griechenland aber so oder so nicht herum, wobei Sinn die Wortwahl heikel findet: "Was man Sparen nennt, ist in Wahrheit nur eine Verringerung des Schuldenzuwachses. Der Ökonom spricht erst dann von Sparen, wenn man Schulden tilgt. Davon kann in Griechenland noch lange nicht die Rede sein."

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